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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Abalos
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Weynelles Gesichtsausdruck beim Erklingen seines Namens veränderte. Aber die junge Frau blieb von den Stimmen der Herolde und all dem Lärm ungerührt und hielt den Blick immerfort auf den noch leeren Kampfplatz gerichtet.
    Als die Trompetenstöße erschollen, nahmen Salietti und der unbekannte Ritter einander gegenüber Aufstellung und brachten ihre Pferde zum Wiehern. Dann gaben sie ihnen die Sporen und schossen im Galopp nach vorn, die kampfbereite Stechlanze im Anschlag, den Blick von den Helmvisieren verdeckt. Kurz darauf trafen die Lanzenspitzen mit dem Geräusch eines Gongs auf den Schild des Gegners und zerbarsten in tausend Teile. Sie flogen durch die Luft, ohne dass einer der beiden Herausforderer aus dem Sattel gestürzt wäre. Ein gedehnter Aufschrei entfuhr den Kehlen der Zuschauer, während die beiden Gegner mit ihren Pferden zum Ausgangspunkt zurückkehrten.
    Nachdem Grimpow Salietti eine zweite Stechlanze gereicht hatte, bemerkte er, dass Weynelles Antlitz die Farbe wechselte und ihre Augen am Abbild von Sonne und Mond auf Saliettis Wappen hängen blieben. Es sah aus, als verstehe sie deren Bedeutung und erblicke darin ihren einzigen Hoffnungsschimmer. Salietti zog an den Zügeln, bis sein Pferd stieg und mit den Hufen in die Luft schlug, dann stach er ein zweites Mal mit der Lanze zu, diesmal für den unbekannten Ritter weniger glücklich. Denn Salietti traf ihn so fest am Kopf, dass nicht viel gefehlt hätte und er hätte den Mann enthauptet, bevor er zu Boden sank. Grimpow vollführte eine Reihe von Freudensprüngen, und die bildschöne Weynelle spürte erneut das Blut in ihren Adern strömen, als sie den Sieger des Zweikampfs auf die Tribüne zukommen sah. Er öffnete seinen Helm und bat sie, die Spitze seiner Stechlanze mit ihrem Schleier zu schmücken.
    Da der Besiegte immer noch am Boden lag, ohne dass ihm ein Knappe zu Hilfe geeilt wäre, lief Grimpow zu ihm und stellte sicher, dass er nicht unter dem Helm erstickte. Er befreite den Kopf des Mannes und stellte erstaunt fest, dass er den jungen Pelin de Langfort, den flüchtigen Novizen aus der Abtei Brinkum, vor sich hatte.
    »Bist du verwundet?«, fragte er ihn.
    Aber Pelin de Langfort sah ihn nur an, als wäre er nach dem harten Schlag auf den Kopf nicht ganz bei Sinnen, und fiel, kaum dass er die Augen geöffnet hatte, in Grimpows Armen in Ohnmacht.
    Am Nachmittag nahm es Salietti mit einem weiteren Herausforderer auf und besiegte auch diesen, obwohl er um Haaresbreite vom Pferd gestürzt wäre, das genau in dem Moment strauchelte, als die beiden Stechlanzen mit voller Wucht gegen die Schilde prallten. Aber es war ihm gelungen, im Sattel zu bleiben, womit er sich die Teilnahme an der Endausscheidung sicherte, aus der am folgenden Tag der Gesamtsieger hervorgehen würde.

Die Turnierkönigin

    N ach dem nachmittäglichen Turnier fand im großen Waffensaal der Festung ein Bankett statt. Baron Fenio de Vokko zeigte offen seine Begeisterung darüber, dass ihn die bezaubernde junge Weynelle begleitete, während er sich mit Valdigor de Rovol und Burumar de Gostelle angeregt über die glanzvollen Kämpfe und die anstehenden Kriegsvorbereitungen austauschte. Salietti schlich indessen um den Baron herum und lauerte auf einen günstigen Moment, um ein Wort mit der Tochter von Gandalf Labox zu wechseln, um ihr zu sagen, dass er sie sehr bald aus ihrer Gefangenschaft befreien werde.
    Derweil verbrachte Grimpow seine Zeit mit Guival bei den Gehegen, wo die Jagdvögel des Barons mit ledernen Kappen über den Köpfen vor sich hin dämmerten. Die majestätischen Falken, die Königsadler und Habichte, die der Vater des Dieners abrichtete, beeindruckten ihn. Dann streifte Guival zu seiner Verwunderung einen dicken schwarzen Lederhandschuh über die linke Hand und holte einen prachtvollen Wanderfalken aus dem Käfig. Er zog dem Tier die Kapuze vom Kopf und der Vogel fixierte Grimpow mit seinen lebhaften honigfarbenen Augen.
    »Das ist mein Liebling«, vertraute er seinem neuen Freund an und streichelte das weiche Gefieder. »Wenn das Turnier vorbei ist, lassen wir ihn vom Turm fliegen«, fügte er hinzu.
    Der Falke reckte misstrauisch den Hals, ließ aber zu, dass Grimpow ihm den Kopf kraulte, dann den großen Schnabel, die kräftigen Klauen und die langen, spitzen Schwingen befühlte. Schon immer hatte Grimpow davon geträumt, einen Raubvogel wie diesen zu besitzen, und er fühlte sich in Guivals Gesellschaft pudelwohl. Zum ersten Mal seit langer Zeit war

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