Grimpow Das Geheimnis der Weisen
Grimpow schlicht und empfand mit einem Mal Wehmut bei der Erinnerung an seinen Aufenthalt bei den Mönchen.
Als sie sich dem Eingangstor zum Hauptturm näherten, wo das Bankett der Edelleute stattfand, machte Ritter Pelin Anstalten, sich zu verabschieden.
Doch dann fiel ihm noch etwas ein und er sagte: »Übrigens, erinnerst du dich noch an den Dominikanermönch Burumar de Gostelle?«
»Ja, und ich meine, ich hätte ihn während des Turniers neben dem Baron auf der Tribüne sitzen sehen«, flüsterte Grimpow mit erstickender Stimme.
»Ich hatte schon Gelegenheit, mit ihm einige Worte zu wechseln. Als ich ihm erzählt habe, dass ich in der Abtei Brinkum Novize war, war er überaus erfreut, mich kennenzulernen, und hat mich regelrecht nach den Mönchen und ihren Gepflogenheiten ausgefragt, besonders nach dem Bibliothekar Rinaldo von Metz. Den hat er als einen verdammten Ketzer bezeichnet und gesagt, er wolle ihn eines Tages auf dem Scheiterhaufen brennen sehen, falls er nicht zuvor an Altersschwäche stirbt.«
»Eine solche Beleidigung hat Bruder Rinaldo ganz und gar nicht verdient«, ereiferte sich Grimpow.
Der junge Ritter wunderte sich über die Heftigkeit von Grimpows Äußerung. »Ich habe nie verstanden, wieso du dem alten Mönch derart zugetan warst. Aber ich werde dem Inquisitor auf jeden Fall erzählen, dass du auch hier bist. Ich bin nämlich sicher, dass er sich mit dir genauso gerne unterhalten möchte«, sagte er.
Als Grimpow hörte, was Pelin de Langfort vorhatte, kamen ihm Bedenken. »Tu das lieber nicht. Auch ich bin ohne die Erlaubnis der Mönche aus der Abtei geflohen und will nicht, dass Burumar de Gostelle mich zwingt, nach Brinkum zurückzukehren«, brachte er als Erklärung vor.
»Das ist verständlich. Er würde es dir bestimmt befehlen, damit er dich dort als Späher einsetzen kann«, mutmaßte Pelin. »Jetzt muss ich aber los. Ich hoffe, wir sehen uns bald mal wieder.«
Der Ritter machte auf dem Absatz kehrt und wandte sich dem Eingang des Turms zu, wo ihn zwei kichernde junge Damen erwarteten, die so schön waren wie die Sirenen, die Grimpow einmal in einem der verbotenen Bücher in der Abtei Brinkum gesehen hatte.
Unterdessen hatte sich im großen Waffensaal eine Gruppe fahrender Spielleute mit bunten Hüten und langen aufgesteckten Federn eingefunden. Sie ließen auf ihren Lauten, Drehleiern, Zimbeln und Flöten liebliche Romanzen erklingen, während die edlen Herren und Damen zur Freude der Ritter vor ihnen tanzten.
Salietti drückte sich den ganzen Abend unbemerkt um die bezaubernde Weynelle und Fenio de Vokko herum, bis die Tochter des ermordeten Gandalf Labox endlich für einen Moment allein blieb, sodass er sie ansprach.
»In den Sternen liegt Magie«, sagte er nur, hielt ihr mit leicht schief gelegtem Kopf die Hand hin und bat sie somit um den nächsten Tanz.
»Und Vollmondnächte üben Zauber aus«, erwiderte Weynelle, während ihr die Röte in die Wangen stieg. Das plötzliche Auftauchen des unbekannten Ritters überraschte sie, und sie dachte, es müsse zweifellos derselbe sein, der ihr die Botschaft im Wasserkrug hatte zukommen lassen.
Die junge Frau trug das Haar im Nacken zusammengebunden, und über ihrer Stirn hatten sich ein paar Strähnen gelöst, die ihren zärdichen Blick umrahmten. Sie hatte smaragdgrüne Augen, und ihre kösdichen Lippen verhießen dem, der sie küsste, den erlesensten Kirschgeschmack. Ihre Stimme war so warm wie eine Sommerbrise und ihr Stolz schien so unbeugsam wie eine Festung. Von diesem verzauberten Augenblick an träumte Salietti von Troubadourküssen, bunten Schmetterlingen, zwinkernden Monden und leuchtenden Glühwürmchen.
»Schon morgen werde ich Euch aus Eurem Gefängnis befreien«, raunte er, während sie ihre Körper dem Rhythmus der Melodie überließen wie zwei behutsam turtelnde Tauben.
»Wer seid Ihr?«, fragte die junge Frau und ihre Lippen öffneten sich zu einem freundlichen Lächeln, hinter dem sie ihre Verwirrung verbarg.
»Betrachtet mich als einen guten Freund, der vom Tod Eures Vaters genauso betroffen ist wie Ihr«, sagte Salietti gefühlvoll. Dabei spürte er Weynelles Haut unter der vorsichtigen Berührung seiner Hand.
»Wie heißt Ihr?«
»Salietti de Estaglia.«
Die Augen der jungen Frau füllten sich mit Tränen und glitzerten, als würden alle Sterne des Firmaments darin erglänzen.
»Haltet Eure Tränen zurück, ich flehe Euch an«, bat der Ritter. »Niemand darf Verdacht schöpfen, dass ich Euch zu
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