Grimpow Das Geheimnis der Weisen
helfen versuche.«
»Wie gedenkt Ihr, es zu tun? Der Baron weicht keinen Augenblick von meiner Seite, und des Nachts bewacht einer seiner Soldaten die Tür des Turmzimmers, als gelte es einen Schatz zu hüten.«
»Verwundert Euch das? Ihr seid das kostbarste Juwel, von dem ein Ritter nur träumen kann«, erwiderte Salietti lächelnd. Er war außerstande zu verbergen, wie viel Liebe sich in seinem Herzen für die junge Frau zu regen begann.
»Ich ziehe es tausendmal vor zu sterben, als weiter in dieser Festung gefangen zu sitzen«, murmelte Weynelle. Als sie merkte, dass Fenio de Vokko und der Inquisitor sie beobachteten, verstummte sie rasch.
»Ihr müsst nur so tun, als wäre Euch die Gesellschaft des Barons nicht zuwider, und ihn bitten, dass er Euch gestattet, ihn morgen zum Turnier und zu den anschließenden Feierlichkeiten zu begleiten. Alles andere überlasst getrost mir«, schloss der Ritter, von sich überzeugt.
»Seht Euch vor, wer Ihr auch sein mögt«, wisperte Weynelle ihm ins Ohr und unterstrich das Ende des Musikstücks mit einem angedeuteten Knicks.
Salietti hatte es eilig, sich von ihr zu lösen, doch bevor er sich von der jungen Frau entfernen konnte, waren die beiden Beobachter schon zur Stelle.
»Gestattet, dass ich Euch den Abgesandten des Papstes und Inquisitor von Lyon, Burumar de Gostelle, vorstelle, der uns während des Turniers mit seiner Anwesenheit beehrt«, stellte Fenio de Vokko seinen Begleiter vor.
Der Ritter verbeugte sich ehrerbietig, woraufhin ihm der Dominikaner seine Hand mit dem Prunkring zum Kuss hinhielt.
»Der Baron hat mir wahre Wunder von Euch erzählt und mir berichtet, dass Ihr Euch unserem Heer im heiligen Kreuzzug gegen die widerständischen Tempelritter anzuschließen gedenkt, die sich wie Ratten verkrochen haben«, sagte er mit tiefer Stimme.
»Ich für meinen Teil habe von Euren Großtaten als Inquisitor reden hören und freue mich, dass Ihr unerbittlich gegen die Ketzereien in der Welt vorgeht«, log Salietti wie gedruckt. Er spürte den Vorwurf in Weynelles Miene, als sich ihre Blicke kreuzten. »Wenn Ihr mich jetzt bitte entschuldigen wollt, ich möchte mich zurückziehen. Morgen wartet eine harte Prüfung auf mich, und ich will mir nicht die Gelegenheit entgehen lassen, die Turnierkönigin zu wählen«, fügte er hinzu und schickte sich zum Gehen an.
»Wartet noch!«, sagte der Baron, ergriff warmherzig den Arm des Ritters und zog ihn beiseite.
»Womit kann ich Euch dienen?«, fragte Salietti und spürte eine düstere Beklemmung, als er sah, dass Weynelle mit dem Inquisitor alleine stehen blieb.
»Habt Ihr mit der Dame über mich gesprochen?«, wollte Fenio de Vokko wissen.
»Ohne Zweifel. Ich habe ihr zu Freundlichkeit und Fügsamkeit gegen ihren einzigen Beschützer geraten«, sagte Salietti.
»Glaubt Ihr im Ernst, dass sie mich lieben wird, wie Eure wundersamen Karten es mir vorhergesagt haben?«, forschte der Edelmann bange.
»Lasst ihr Zeit. Ihr Herz ist noch schwer vom Tod ihres Vaters. Doch sie wird sich schon sehr bald von ihrer Trauer erholt haben und ihre große Liebe zu Euch entdecken. Ihr solltet ihr ein wenig Ablenkung verschaffen und sie dazu überreden, morgen der Endausscheidung des Turniers beizuwohnen. Das wird sie auf andere Gedanken bringen und ihre Lebensgeister wieder wecken«, riet Salietti ihm und war sich seines Doppelspiels durchaus bewusst.
Der Inquisitor erfuhr vom Inhalt dieser Unterredung nichts, dennoch war er sich nicht sicher, ob der italienische Ritter tatsächlich der war, für den er sich ausgab.
Tags darauf strömten die Zuschauer noch zahlreicher zur Festung, da sie sich die Endausscheidung des Turniers nicht entgehen lassen wollten. Es war Sonntag, und die Bürger und Bauern der umliegenden Dörfer ließen die Arbeit ruhen, um in hellen Scharen herbeizuströmen und jeden freien Platz mit Blick auf das Turnierfeld zu belegen. Auf den Stufen und Hängen der Burganlage drängten sich Männer, Frauen, Kinder und Alte dicht an dicht, während sich zahllose Seiltänzer, Gaukler, Akrobaten, Komödianten, Spaßmacher und Spielleute unter die Zuschauer mischten und Edle wie Gemeine mit ihren Nummern unterhielten. Die meisten aßen und tranken, lachten oder sangen im Chor, während die Soldaten ein paar Krüppel und Landstreicher vertrieben, die um Almosen baten.
Nach jedem Zweikampf feierten die Zuschauer den Sieger für seine Stärke oder Geschicklichkeit mit Beifall und Hochrufen, während der Unterlegene das Feld
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