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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Abalos
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grünlichen Likör erhielt, der so gesund und wohlschmeckend ist, dass Bruder Brasco ihn für das wahre Lebenselixier hält.«
    Da fiel Grimpow wieder ein, was sein Meister ihm über Bruder Brascos Vorliebe für Likör erzählt hatte, dessen Schwäche für Schnaps, Wein und Bier er nur zu gut kannte.
    Unterdessen nahm der Kräutermönch einen bauchigen Destillierkolben von einer Bank in der Nähe des Tischs und stellte ihn auf einen anderen beheizten Ofen. Dann goss er eine Flasche Essig in den Destillierkolben und fügte, als der Essig zu sieden begann, nach und nach einige Stücke Kalk sowie Schwefelkristalle hinzu. Er vermischte das Ganze mit Zitronenschalen, Bienenhonig, scharfem Pfeffer Muskatnuss und Sandelholz, bis ein köstlicher, einschläfernder Duft nach Zitrusfrüchten das Laboratorium erfüllte.
    Während sie darauf warteten, dass das göttliche Wasser die notwendigen Eigenschaften annahm, um das Wunder der endgültigen Umwandlung des Silbers in Gold durch Destillation zu bewerkstelligen, unterhielten sie sich. Bruder Arben erzählte Grimpow, dass einer der alten Alchimistenmeister namens Zosimus das göttliche Wasser durch Destillation von Hühnereiern erhalten habe. Natürlich habe er dieses Experiment ebenfalls durchgeführt, bei ihm seien die Eier aber nur so hart geworden wie im Wasserbad in Bruder Brascos Küche. Diese Methode ging auf die Jüdin Maria zurück, eine Alchimistin, der man große Weisheit nachsagte und die Erfindung des Destillierkolbens zuschrieb, mit dem ihr vor über siebenhundert Jahren angeblich die Herstellung des Steins der Weisen gelungen war.
    »Inzwischen bin ich mir sicher, dass die Eier, von denen Zosimus in seinen Werken schreibt, nur Sinnbilder sind und niemand außer ihm und seinen Schülern deren wahre Bedeutung kannte«, fügte der Mönch hinzu.
    Das wusste Grimpow bereits, denn in den Handschriften, die er in der Bibliothek gelesen hatte, wimmelte es von Hinweisen auf die unterschiedlichsten Sinnbilder für den alchimistischen Prozess: die Sonne, der Mond, die Planeten, die Liebenden, der Drache oder die Schlange. Letztere hatten die Alchimisten zu ihrem Symbol erkoren und Ouroboros genannt, und sie entsprach genau dem Zeichen auf dem Rücken des Pferdes des angeblichen Templers, ebenso wie jenem auf dem goldenen Petschaft, das der Mann mit sich geführt hatte.
    Nachdem sich das göttliche Wasser geklärt hatte, kippte der kleine Kräutermönch die Wunderflüssigkeit aus dem Destillierkolben in ein größeres Gefäß und ließ den Silberklumpen mit einem erwartungsfrohen Zeremoniell hineingleiten.
    Sie geduldeten sich eine Weile, und zwar so lange, bis Bruder Arben eine Sanduhr, die er neben das Gefäß gestellt hatte, viermal umgedreht hatte. Inzwischen hatte der falsche Silberklumpen einen gelblichen Ton angenommen.
    »Das soll das Gold der Alchimisten sein?«, fragte Grimpow ungläubig.
    »Dieses falsche, gelblich gefärbte Silber so zu nennen, hieße, ihm eine Eigenschaft zuzuschreiben, die es bedauerlicherweise nicht besitzt«, antwortete der Kräutermönch betrübt.
    In diesem Moment läuteten die Turmglocken zur Vesper, und Bruder Arben brach zur Kirche auf, um seinen Platz im Chor einzunehmen. Den Silberklumpen ließ er einfach in dem Gefäß liegen.
    Grimpow blieb allein im Laboratorium zurück und räumte zunächst die auf Bänken und Tisch verteilten Behältnisse und Gerätschaften auf. Sodann nutzte er die Gelegenheit, um das Experiment unbeobachtet zu überprüfen. Er holte den Stein aus dem Leinensäckchen an seinem Hals und ließ ihn in das götdiche Wasser gleiten, das der Kräutermönch so sorgfältig zubereitet hatte. Sofort glühte der Stein auf, einem aktiven Vulkan gleich, das göttliche Wasser begann erneut zu sieden wie in einem Hexenkessel, und der gelbliche Silberklumpen nahm einen wunderschönen Goldton an, heller als die Strahlen der Sonne am Himmel.
    Mit der Zeit hatte sich Grimpow an Durlibs Abwesenheit gewöhnt. Es verging zwar kein Tag, ohne dass er sich an seinen Freund erinnerte, doch er tröstete sich mit dem Gedanken, dass er sonst niemals all das gelernt hätte, was er nun wusste. Wenn Durlib beschlossen hatte, dass sich ihre Wege trennen sollten, dann genau aus diesem Grund, überlegte Grimpow. Er sollte sich unter Bruder Rinaldos Anleitung dem Studium widmen können. Aber etwas in ihm, das stärker war als die Kraft der Vernunft, trieb ihn an, der Abtei Brinkum den Rücken zu kehren, um so bald wie möglich das Geheimnis der

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