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Grippe

Grippe

Titel: Grippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wayne Simmons.original
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Kommentar wurde ihm allmählich verhasst. Andererseits war er fasziniert von den Toten, wollte sie verstehen lernen und jede ihrer Bewegungen analysieren. Er würde begreifen, weshalb sie herumliefen wie verirrte Kinder und andererseits nach den Lebenden lechzten, um sie wie besorgte Eltern zu umarmen. Sie veränderten sich mit der Zeit, schienen sich weiterzuentwickeln. Zuerst blieben sie lethargisch und griffen Menschen nur an, wenn diese so töricht waren, sie zu bedrängen. Irgendwann aber gingen sie aktiv auf die Jagd. Das hatte Jackson in Aldergrove bemerkt. Sie hatten gegen die Türen gehämmert, als seien sie zunehmend stärker geworden und von einer Art Hunger oder Verzweiflung getrieben. Ihre langen Gesichter hingegen wirkten stets übermüdet oder gar frustriert, als wüssten sie, dass dieser Hunger niemals gestillt werden konnte, wie weit sie sich der Menschheit auch näherten.
    Der Colonel wälzte sich plötzlich auf dem Boden. Er sah genauso wütend und enttäuscht aus, wie er es kurz vor dem Tod gewesen war. Teilweise freute sich Jackson über das Schicksal des alten Nörglers, dann schämte er sich dafür. Dieser Mann war einmal ein Mensch, rief er sich ins Gedächtnis, ein Mensch wie er selbst, wie seine Tochter und die Enkel. Er verfolgte mit, wie Gallagher seine Untersuchung an dem Colonel fortsetzte. Er blickte schulmeisterlich drein und gänzlich ohne Emotionen, als hätte er seinen Vorgesetzten nie gekannt. Dass er sich infizieren konnte, indem er so dicht am Objekt arbeitete, schien ihn nicht zu bekümmern. Der Major kam nicht umhin, die Zweckmäßigkeit dieser Studie zu hinterfragen. Was brachte ihnen das alles hier unten in der Kammer? Hoben sie sich großartig von Möchtegern-Experten ab, die vierundzwanzig Stunden am Tag die ganze Woche lang im Fernsehen die Werbetrommel für ihre Ideen rührten, als handle es sich um eine neue Religion? Sie formulierten Theorien, obwohl hinter ihrem selbstgefälligen Sabbeln kaum mehr steckte als Pseudowissen. In Wirklichkeit tappten sie im Dunkeln.
    Plötzlich riss der Colonel die Augen auf, schmerzhaft weit unter dem grellen Licht. Er sah traurig aus beziehungsweise regelrecht schwermütig, als verstünde ein Teil von ihm das Los, das ihn ereilt hatte. Sein Leib bebte vehement, als er versuchte, die Fesseln abzustreifen. Gallagher näherte sich mit aufmerksamem, enthusiastischen Blick wie eine Amme, die ein Neugeborenes entband. »Sie sind wach«, sprach er grinsend. »Machen wir uns an die Arbeit …«

    Lark schloss die Terrassentür auf und streckte den Kopf hinaus. Geri saß so da, wie er sie zurückgelassen hatte – auf dem Stuhl vor dem Tisch und mit dem gleichen, verwirrt betrübten Blick. Er hielt Abstand und bedeutete ihr, sie solle aufstehen.
    »Okay, du kannst reinkommen«, sagte er. »Quarantäne ist vorbei.«
    Geri starrte ihn schweigend an und erhob sich. Dabei trat sie ihre Nottoilette um. Der Teller, der als Deckel fungierte, rollte weg, und der Inhalt ergoss sich über die Fliesen. Dann ging sie durch die Tür in eine fragwürdige Freiheit.
    »Wir mussten sichergehen, dass du nicht krank bist!«, entschuldigte Lark, indem er die Hände hochhielt. »War nicht persönlich gemeint, klar?«
    »Nicht persönlich?!«, bellte Geri verärgert. »Genauso, wie es nicht persönlich gemeint war, als dein strohköpfiger Kumpel da« – sie zeigte auf McFall neben ihm – »mich draußen auf der Straße verdammt nochmal fast umgebracht hat?!«
    McFall zuckte mit den Achseln, sagte aber nichts. Er saß am Küchentisch und leerte seelenruhig die Trommel des Revolvers, ehe er die Waffe hinlegte, aufstand und sich Tee aufgoss.
    »Wir haben einfach Schiss, mehr nicht, versteh doch –«
    »Jeder hat Schiss, Mann!«, unterbrach Geri und hob mahnend den Zeigefinger. »Das heißt aber nicht, dass ihr euch wie die letzten Wichser aufführen müsst, oder?«
    »Na ja, was passiert ist, ist passiert«, wiegelte Lark ab, »und außerdem war es nicht so, dass wir dich in eine Zelle gesteckt haben. Ist doch recht lauschig hinterm Haus.«
    »Lauschig?!« Sie spie das Wort aus, als habe sie die Bedeutung nie erfahren. »Lauschig?!« Sie steigerte sich in ihre Wut hinein, während sie in der Küche wie ein Tiger im Käfig auf- und abging. Lark wünschte sich, den Mund gehalten zu haben. »Bedeutet ›lauschig ‹ , in einem scheißkalten, nassen Verschlag abzuhängen und wie ein Hund auf einem armseligen Teppich zu pennen?! Sag schon!«
    Die beiden Männer schauten

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