Grippe
verleihen oder der Unterhaltung Einhalt zu gebieten, noch ehe sie begonnen hatte.
»Hier und wo?«, hakte Lark süffisant grinsend nach. Das Bier ballerte ordentlich rein. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er sich locker genug, um einen zu heben – tatsächlich zum ersten Mal, seitdem er seinem letzten Cop begegnet war. Das endgültige Urteil über diesen hier stand noch aus, woran sich vorerst wohl auch nichts ändern würde; Unterschiede zwischen den Bullen ließen sich beim besten Willen nicht ausmachen, vor allem nicht, wenn sie diese verdammten, gelben Anzüge trugen.
Lark stach jedoch der Hafer wie immer nach der vierten Runde. Er schreckte vor nichts zurück, auch und gerade im Angesicht der Cops.
»Wie gesagt, wir waren viel unterwegs«, sagte Norman etwas entschiedener.
» Hey, habt ihr noch eins für mich?«, warf McFall ein und quittierte die zunehmende Spannung mit einem nervösen Wiehern. Er versuchte eindeutig, die Stimmung zu heben und das Thema zu wechseln, um zu verhindern, dass die Sicherungen durchbrannten. Genau das wollte Lark aber: Er hatte Lust auf eine Schlägerei.
»Sicher doch«, antwortete Norman, ohne Lark aus den Augen zu lassen. Der dicke Bulle war ein Zocker, kein Zweifel. Lark zuckte aber nicht mit der Wimper. Für ihn war es ein Kräftemessen: Wer zeigte sich hartnäckiger und charakterstark? Die beiden Männer – wie Hund und Katze auf der gesellschaftlichen Leiter – klopften sich gegenseitig mit Blicken auf etwaige Schwächen ab.
Lark wollte unbedingt herausfinden, was die Penner wirklich im Schilde führten. Seit jeher traute er der Polizei nicht über den Weg. Noch vor diesem Chaos hatten sie nichts Gutes verheißen, aber was heckten sie nun aus? Irgendwie wollten der hier und sein Partner nicht so recht ins Bild passen. Vielleicht lag es an ihrer übertriebenen Freundlichkeit. Sie wollten sich beliebt machen. Die halten doch mit irgendwas hinterm Berg, überlegte Lark. Gut möglich auch, dass er wie immer zu negativ dachte. Immerhin konnte man sie mittlerweile nicht wirklich mehr als Cops bezeichnen, oder? Sie waren bloß zwei bewaffnete Typen in Uniform. Alle Regeln und Vorschriften, die sie einst vertreten hatten, existierten höchstens noch auf dem Papier. Diese toten Plage, die Belfast heute überrannten, scherten sich wahrlich nicht darum, ob sie Gesetze missachteten. Die alten Bestimmungen betrafen sie nicht, übten keinen Einfluss auf sie aus.
»Wo ist denn der Rest Bier?«, fragte Lark und blinzelte endlich, um das psychologische Tauziehen zu unterbrechen.
Norman starrte weiter und grinste überlegen, da er als Sieger aus diesem Schlagabtausch hervorgegangen war. Schlussendlich hatte sich Lark bedroht gefühlt. Der Cop war groß, stark und sah fies aus, hätte Lark mit der bloßen Hand zerquetschen können. Der nun bemerkte, dass dieser Drecksbulle ohne Verordnungen oder Regelbuch, ohne Kontrollinstanzen, denen er Bericht erstatten und Rechenschaft ablegen musste, jegliche Hemmungen abgelegt hatte.
Aber ihm fiel etwas ein.
Lark erinnerte sich wieder genau daran, woher er den Cop kannte. Vielleicht hatte der Alkohol den Nebel über seinem Gedächtnis vertrieben oder ein paar Schaltkreise aktiviert, die vom Schnee bedeckt waren, wie auch immer: Er wusste mit Bestimmtheit, wo dieser Pappenheimer ihm begegnet war und mit was für einem miesen Schwanz er es tatsächlich zu tun hatte.
Es war eine jener Nächte, die Lark in seinem Dusel nicht mehr so richtig zusammenbrachte. Er und seine Kumpels hatten anständig auf den Putz gehauen, und er kam bei Chalky Charley unter, einem unsympathischen, kleinen Saftarsch, den zu kennen sich nur lohnte, weil seine Wichsgriffel Unmengen Koks beschaffen konnten. Zuvor war Lark wieder einmal aus seinem Apartment geschmissen worden, weil er seit ein paar Monaten die Miete geprellt hatte. Er war nach Hause getorkelt, doch man hatte das Türschloss ausgewechselt und seine Habe in Müllsäcken auf die Straße geworfen. Also zurück zu Charley.
Als der ihn zu seiner Wohnung führte, bemerkte Lark den wuchtigen Cop zuerst, der im vollen Staat vor der Tür wartete. Heute war er überzeugt davon, dass es sich um Norman gehandelt hatte.
»Ist schon okay«, versicherte Charley, als er Larks Unruhe bemerkte.
Dann ging er zu dem Typen hin, wie es seine Art war: Ghettomäßig, als sei er ein schwarzer Zweimeter-Schrank und kein mickriger Wicht. Darin bestand häufig das Problem bei Dealern – sie hatten aufgeblasene Egos.
Charley
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