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Grisham, John

Grisham, John

Titel: Grisham, John Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Anw
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reden. Auf dem Gebiet sind wir ständig aktiv, und
wir machen unsere Sache sehr gut."
    "Dann
erpressen Sie einen anderen."
     "Nein,
wir wollen Sie. Denken Sie nach. Sie nehmen den Job an, den Sie sowieso immer
haben wollten, bekommen ein obszön hohes Gehalt und leben das schnelle Leben
der Großstadt. Für ein paar Jahre werden Sie sich zu Tode schuften, aber man
wird Sie belohnen. Mit dreißig sind Sie die Karriereleiter für angestellte
Anwälte emporgeklettert und machen vierhundert Riesen im Jahr. Eine hübsche
Wohnung in Soho. Ein Anteil an einem Wochenendhaus in den Hamptons. Ein
Porsche. Ein Freundeskreis, in dem jeder intelligent und reich ist und die
Karriereleiter genauso schnell erklimmt wie Sie. Dann, eines Tages, ist unser
Prozess beendet. Wir verschwinden. In Pittsburgh ist die Verjährungsfrist
abgelaufen. Das Video ist endgültig vergessen, und Sie werden mit
zweiunddreißig oder dreiunddreißig gefragt, ob Sie nicht Partner bei Scully
& Pershing werden wollen. Eine oder zwei Millionen pro Jahr. Der Gipfel des
Erfolgs. Beste Zukunftsaussichten. Ihr Leben ist ein Traum. Und niemand wird je
von der Informationsübermittlung erfahren."
      
Der Kopfschmerz, der sich seit einer Stunde ankündigte, war jetzt da, direkt
hinter der Stirn. Kyle streckte sich auf dem Bett aus und massierte sich die
Schläfen. Er schloss die Augen und sprach in die Dunkelheit. "Hören Sie,
mir ist klar, dass Ihnen Moral und Standesethik und solche Dinge egal sind,
aber bei mir ist das anders. Wie soll ich damit leben, dass ich das Vertrauen
meiner Kanzlei und Mandanten missbrauche? Vertrauenswürdigkeit ist das
wichtigste Kapital eines Anwalts. Das habe ich schon als Teenager von meinem
Vater gelernt."
     "Uns
interessiert nur, wie wir an die Informationen herankommen. Wir verbringen
nicht besonders viel Zeit damit, über moralische Fragen zu grübeln."
    "Hatte
ich mir gedacht."
    "Ich
brauche eine Zusage. Ihr Wort."
    "Haben
Sie eine Schmerztablette?"
    "Nein.
Haben wir ein Abkommen?"
    "Sie
haben nichts gegen Kopfschmerzen?"
    "Nein."
    "Haben
Sie eine Pistole?"
    "In
meinem Jackett."
    "Geben
Sie sie mir."
      
Eine Minute verstrich, ohne dass jemand etwas sagte. Wright wandte den Blick
nicht eine Sekunde von Kyle ab, der reglos dalag und nur die Finger bewegte,
mit denen er seine Schläfen massierte. Dann setzte er sich langsam auf.
"Wie lange wollen Sie noch hierbleiben?", fragte er leise.
    "Oh,
ich habe eine Menge Fragen."
    "Das
hatte ich befürchtet. Ich kann nicht mehr. Mein Schädel platzt."
     "Es
ist Ihre Sache, ob Sie bleiben. Aber ich brauche eine Antwort. Haben wir ein
Abkommen, einen Deal, eine Vereinbarung?"
    "Bleibt
mir wirklich eine Wahl?"
    "Ich
glaube nicht."
    "Das
sehe ich auch so."
    "Also?"
    "Wenn
ich keine Wahl habe, habe ich keine Wahl."
    "Hervorragend.
Eine kluge Entscheidung."
    "Danke
für das Kompliment."
     
Wright stand auf und streckte sich, als wäre ein anstrengender Tag im Büro
endlich vorbei. Er ordnete ein paar Papiere, machte sich an der Videokamera zu
schaffen, klappte den Laptop zu. "Möchten Sie sich ausruhen?"
    "Ja."
    "Wir
haben mehrere Zimmer gemietet. Legen Sie sich schlafen, wenn Sie wollen. Wir
können morgen weitermachen."
    "Es
ist bereits morgen."
     
Wright ging zur Tür und öffnete sie, und Kyle folgte ihm durch den Flur in
Zimmer 222. Was zuvor an eine Einsatzzentrale des FBI erinnert hatte, war jetzt
wieder ein ganz normales Hotelzimmer, das man für neunundachtzig Dollar pro
Nacht mieten konnte. Ginyard und Plant und die anderen angeblichen FBI -
Beamten waren längst verschwunden und hatten alles mitgenommen - Unterlagen,
Computer, Fotos, Dreifüße, Aktentaschen, Kartons, Klapptische. Das perfekt
gemachte Bett stand wieder mitten im Zimmer.
    "Soll
ich Sie in ein paar Stunden wecken?", fragte Wright. "Nein. Lassen
Sie mich einfach allein."
    "Ich
bin drüben."
     
Nachdem Wright gegangen war, schlug Kyle die Bettdecke zurück, legte sich hin
und knipste das Licht aus. Kurz darauf war er eingeschlafen.
     
    Kapitel
6
          
Entgegen seiner Absicht wachte Kyle schon nach ein paar Stunden auf. Er sehnte
sich danach, für immer zu schlafen, einfach abzutauchen, vergessen zu werden.
Er lag in einem überheizten, dunklen Zimmer auf einem harten Bett, und für
einen Augenblick wusste er nicht, wo er war und wie er hier gelandet war. Der
Kopfschmerz war immer noch da, sein Mund ausgetrocknet. Und dann kehrte auch
der Alptraum zurück, und er hatte keinen anderen Wunsch mehr, als

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