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Grisham, John

Grisham, John

Titel: Grisham, John Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Anw
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viel zu vielen Wochen spürte
Kyle, wie sich in seinen unteren Regionen etwas regte.
    "Schöne
Wohnung", sagte er, während er sich ein Foto ansah. "Viertausend im
Monat. Ich kann es immer noch nicht glauben." Dale machte die Tür des
Kühlschranks auf, der in etwa die Abmessungen eines großen Desktop-Computers
hatte, und holte eine Flasche Weißwein heraus.
    "Ich
glaube es sofort. Wir sind in New York. Niemand hat uns gezwungen
herzukommen."
     
Dale hielt ihm den Chardonnay entgegen. "Tut mir leid, aber Mineralwasser
habe ich keins mehr. Entweder Wein oder Wasser aus dem Hahn."
    "Dann
nehme ich Wein", sagte Kyle mit einem kaum merklichen Zögern. Und
beschloss stehenden Fußes, sich gar nicht erst mit der Frage zu beschäftigen,
ob er nach fünfeinhalb Jahren Abstinenz etwas trinken sollte oder nicht. Er
hatte nie eine Therapie gemacht, er war nie in einer Entzugsklinik gewesen, er
hatte sich nie für einen Alkoholiker gehalten. Er hatte einfach nur zu trinken
aufgehört, weil er zu viel getrunken hatte, und jetzt wollte er ein Glas Wein.
     
Sie aßen an einem kleinen, quadratischen Tisch, an dem sich ihre Knie fast
berührten. Selbst hier, in ihrer eigenen Wohnung und in lockerer Atmosphäre,
hatte Dale, die Mathematikerin, Schwierigkeiten damit, ein Gespräch zu führen.
In einem Unterrichtsraum vor fünfzig Studenten konnte Kyle sie sich nicht
vorstellen. Und in einem Gerichtssaal vor der Geschworenenbank schon gar nicht.
    "Bist
du einverstanden, dass wir uns nicht über die Arbeit unterhalten?", fragte
Kyle, der den Anfang machte. Er trank seinen vierten Schluck Wein.
    "Einverstanden,
aber zuerst muss ich ein bisschen Klatsch loswerden."
    "Na,
dann los."
    "Hast
du schon von den Abtrünnigen gehört?"
    "Nein."
    "In
der Kanzlei ist ein Gerücht in Umlauf, das ich heute schon zweimal gehört habe:
Toby Roland und vier andere Partner, alle aus der Prozessabteilung, wollen
angeblich gehen und ihre eigene Kanzlei aufmachen. Es wäre möglich, dass sie
bis zu zwanzig Anwälte mitnehmen."
    "Und
warum?"
     "Streit
um die Honorare. Das Übliche." Anwaltskanzleien waren dafür bekannt, dass
sie explodierten, implodierten und sich in alle möglichen Richtung
verselbstständigten. Die Tatsache, dass ein paar unzufriedene Partner ihre
eigene Show aufziehen wollten, war keine Überraschung, weder bei Scully &
Pershing noch bei einer anderen Kanzlei.
    "Heißt
das, wir müssen noch mehr arbeiten?", fragte Kyle. "Das hoffe ich
doch."
    "Kennst
du Toby?"
    "
Ja. Und ich hoffe, dass das Gerücht stimmt."
    "Wer
ist das größte Arschloch, das du bis jetzt kennengelernt hast?"
     
Dale trank einen Schluck Wein und überlegte. "Schwierige Frage. Es gibt
viele Bewerber."
    "Zu
viele. Lass uns über was anderes reden."
      
Kyle gelang es, das Gespräch auf Dale zu bringen. Herkunft, Ausbildung,
Kindheit, Familie, College. Sie war nie verheiratet gewesen. Eine schief
gelaufene Beziehung machte ihr immer noch zu schaffen. Nach dem ersten Glas
Wein goss sie sich ein zweites ein, und der Alkohol machte sie lockerer. Ihm
fiel auf, dass sie so gut wie nichts aß. Er dagegen schlang alles hinunter, was
in Reichweite war. Dann drehte Dale den Spieß um und wollte etwas über ihn
wissen, so dass er ihr von Duquesne und Yale erzählte. Immer mal wieder kamen
sie auf die Kanzlei zu sprechen und blieben bei Geschäftlichem hängen.
     
Als der Wein leer und vom Essen nichts mehr übrig war, sagte sie: "Komm,
wir sehen uns einen Film an."
     "Großartige
Idee", erwiderte Kyle. Während sie ihre DVDs durchsah, warf er einen Blick
auf seine Uhr. Zwanzig nach zehn. In den letzten sechs Tagen hatte er zwei
Nächte durchgearbeitet - inzwischen besaß auch er einen Schlafsack - und im
Schnitt vier Stunden pro Nacht geschlafen. Er war körperlich und geistig
erschöpft, und das, was von seinem Gehirn noch übrig war, hatte die zweieinhalb
Gläser Wein aufgesaugt, die er gerade getrunken hatte.
    "Liebesfilm,
Action oder Komödie?", rief Dale. Sie kniete noch vor ihrer offenbar recht
großen DVD-Sammlung auf dem Boden, und ihr Rock reichte ihr nur ganz knapp über
den Hintern.
    Kyle
streckte sich auf dem Sofa aus, weil keiner der bei den Stühle besonders bequem
aussah. "Alles, nur keine Schnulze."
    "Wie
wär's mit Beetlejuice?"
    "Perfekt."
     
Sie schob die DVD in den Rekorder und streifte ihre Schuhe ab. Dann nahm sie
eine Decke und setzte sich zu Kyle auf das Sofa. Sie rutschte hin und her und
breitete die Decke über sie beide aus, und als sie endlich

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