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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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solchen Männer-Communismus stimmt.
    Nur ist die eine Vorschrift unerläßlich,
    Daß von den Bräutigams nicht Einer häßlich.
     
    Ein Storch fiel mit gebrochnen Schwingen,
    Die Menschen den Verwaisten fingen,
    Er folgte ihnen treu und zahm.
    Doch als die Zeit des Fluges kam,
    Zersehnte er sich voller Gram.
    Denn ach! der Aufflug wollt' ihm nicht gelingen.
     
    Da senkten seine eignen Brüder
    Erbarmend sich zur Erde nieder
    Und trugen in vereintem Chor
    Auf ihrem Fittich ihn empor.
    Was er an eigner Kraft verlor,
    Ersetzte ihm die Kraft der Andern wieder.
     
    Ja Scham Euch, Menschen! Wer gefallen,
    Gemieden wird er nur von Allen,
    Tritt man ihn nicht mit Füßen gar.
    Und doch trägt Liebe nur fürwahr
    Zum Himmel. Ihr seid liebe-bar.
    Beschämen Störche Euch – wie erst die Nachtigallen!
     
    Wer die Lieblosigkeit der Menschen
    In ihrer vollen Blöße schaut,
    Kann schaudernd nur sein Haupt verbergen
    Und weinen laut,
    Und in sein eignes Innre blicken –
    Ihm graut!
     
    Mir war es im erotischen Schema
    Stets ein verlockend possirliches Thema:
    Den Newton, der in die Grube ging,
    Ohne zu lösen das Minne-Problema,
    Soll – so beschließt der Familienring
    Eine frische Miß geleiten
    Zu den Ehe-Seligkeiten.
    Reizende Novellette! Einakter!
    Studie für Haase und andere Charakter-
    Spieler! Newton, der immer stramm
    Cosinus x, Parallelogramm,
    Diagonalen und Regeldetri
    Auftischt mit Mienen der Galantrie,
    Und von alle den Eheattaquen
    Keine Silbe versteht, den Nacken
    Nimmer beugt zum irdischen Schmutz!
    Laßt dies Doppel-Problem uns packen:
    Fühlt der entkörperte Denker im Schutz
    Seiner Wissenschaft kein Gelüsten?
    Oder wird sich in ihrem Putz
    Das Frauenzimmer noch immer brüsten
    Und sich nicht instinctive schämen? –
    Doch will ich den Autor-Eifer zähmen,
    Die Sache bleibt besser ungeschrieben.
    Was die Frauen und Kinder lieben,
    Das behandle als feiner Kenner!
    Wer schreibt in Deutschland denn für Männer?
     
    Krankheit, einer Schwäche Geständniß,
    Ist die »Liebe«, offnes Bekenntniß
    Eignen Unwerths. Ergänzung fodern –
    Welcher Mangel an Selbst-Respekt!
    Periodischer Liebes-Anfall uns neckt.
    Und wenn Andre so deutlich lodern,
    Glaubt man selber, es sei was dran.
    Glücklich, wer diesem Wahn entrann!
    Laß die »Gefühle« vermodern!
    Das Denken macht den Mann.
     
    Der Bauer verhungert im Irenland
    Und der Städter verhungert an Themsestrand
    Und im freien Urwald steht Baum an Baum
    Und Asiens Steppen sind wüst und leer
    Und die Erde hat ja für alle Raum
    Und für alle Schiffe hat Raum das Meer –
    Wer schafft dort Raum den Armen, wer?
     
    Der Gesunde staunt über den Kranken,
    Kann ihm nicht folgen mit seinen Gedanken,
    Sich nimmer in seine Lage versetzen,
    Bis ihn selber die Pocken zerfetzen!
    Und wenn ein naseweiser Thor
    Alle Seelenqualen verschwor
    Und über Sünde und Leidenschaft
    Die alten Phrasen zusammenrafft
    Und Werther, Harold und René
    Ihm lächerlich mit ihrem Weh,
    So kommt der Schmerz schon ungeladen
    Und straft ihn Lügen mit seinen Tiraden.
    Was spaßhaft ihm und dunkel war,
    Scheint nun sehr ernsthaft, wahr und klar.
     
    »Ich will!« ist leicht zu sagen,
    Doch Thun und Können schwer.
    Der Knabe will sich wagen
    Sofort ins eisige Meer.
    Doch fröstelt er am Strande
    Und zögert ohne Muth
    Und ist erst spät im Stande,
    Zu springen in die Fluth.
    Statt gleich hineinzuspringen,
    Erkältet er sich erst.
    Ja, Wollen und Vollbringen
    Zugleich, das ist das Schwerst'!
    Die That wär' schon halb fertig.
    Doch ob die Zeit auch paßt,
    Stehn immer wir gewärtig,
    Bis uns der Frost erfaßt.
     
    Wir fühlen in manchem Vergnügungslokal
    Der Langeweile verzehrende Qual.
    Wir gähnen, wir stöhnen, wir sehnen uns fort
    Und bleiben doch ewig am selben Ort.
    Leicht wäre ja geöffnet das Thor
    Und die Stille der Nacht harrt unsrer davor.
    Doch weil man bezahlt das Eintrittsgeld,
    Pflichtschuldigst duldet man weiter als Held.
     
    Der Posse des Lebens seid Ihr matt
    Und klatscht nicht mehr, seid müd und matt?
    Was bleibt Ihr? Seid Ihr denn hergebannt?
    Ist denn für immer die Thür verrannt?
    Was stoßt Ihr des Todes Thür nicht ein?
    Sucht Ruh und Frieden im kühlen Schrein?
    »Ja, weil wir bezahlt die Eintrittsgebühr,
    So wollen wir etwas haben dafür.
    Nach so viel Kummer und so viel Pein
    Muß etwas Freude in Aussicht sein.
    So wollen wir, ob wir auch stöhnen und schwitzen,
    Doch den Spektakel zu Ende absitzen!«
     
    Zwei böse Züge hab' ich beachtet,
    Wenn ich der

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