Größenwahn
des Puritanismus. War nicht auch Cromwell erst in hohem Alter nach vergeudeter Jugend erweckt worden zum Dienste Gottes? »Hie Schwert des Herrn und Gideon! Der Herr hat sie in unsre Hände gegeben!« Der wilde Größenwahn des Puritanismus, der sich berufen fühlte alle Gewaltigen der Erde wie Stoppeln zu vertilgen mit der Schärfe des Schwertes, seiner Gottessendung bewußt, durchrann die Adern des skeptischen Berliners. Durch Cromwells Briefe und Reden geht ein Ton wie von klirrendem Stahl und Milton's Prosa-Polemik stampft wuchtig einher, wie ein Cromwellscher Kürassier im Büffelkoller. – Noch wirft der große Oliver seinen Schatten über das Inselreich, ob auch der Junkerei Hyänenzahn seinen Staub ausscharrte und in die Lüfte streute. Recht so. Die Luft trug ihn über Meer und Länder als befruchtenden Samen, bis die »Maiblume« der transatlantischen Republik emporwuchs. Stets aufersteht im Angelsachsenthum der alte Puritaner.
Sein Schlachtruf rauschte durch das Sternenbanner auf der Schanze von Bunkershill. Und ein Jahrhundert darauf, bei Appotomax Court Station, als vor den neuen »Rundköpfen« die neuen »Kavaliere« den Degen streckten – auch da ritt Cromwells Geist mit Bibel und Feldherrnstab die Reihen entlang. Und im heißen Sande des Sudan, als Gordon sich als Sühnopfer weihte für seines Volkes Sünden, da beugte sich Cromwells Schatten herab auf den letzten Puritaner.
Als der Freischärler sich in den Sattel schwang, zählte er 42 Jahre. Und binnen sieben Jahren erreichte er die höchste Feldherrnstufe, ohne je Soldat gewesen zu sein, so wie ja Friedrich der Große ursprünglich Abneigung gegen alles Soldatenthum empfand und doch blitzschnell die höchsten Höhen der Strategie erklomm. Die innere Untheilbarkeit der genialen Begabung bedarf ja keines Drills, da in jedem Helden ein Dichter, in jedem Dichter ein Held steckt ....
In wildem Grimm, seiner eigenen Ohnmacht bewußt, schleuderte er »Gebete eines Puritaners« aufs Papier:
In meiner Seele haust der Tod.
Jehovah, will dein streng Gebot,
Daß ich soll untergehen?
Der Feinde Schaar ist übergroß
Und ich bin arm und schwach und bloß.
Wie soll ich da bestehen?
In meiner Seele haust der Tod.
Ringsum die feige Meute droht.
Und du hast mich verlassen?
Ich schreie nach Gerechtigkeit.
So strafe der Philister Neid,
Die deinen Diener hassen!
Du bist es, der mich kämpfen heißt.
In deine Hände, heiliger Geist,
Befehl' ich meine Sache.
Die Dummheit und die Schurkerei
Erbebt vor meinem Todesschrei.
Donnre, du Gott der Rache!
Schlag mich ans Kreuz, verfluchte Rotte!
Begeifere, was die Größe that!
Doch glaubt dem unbekannten Gotte:
Euch allen die Vernichtung naht.
Ich werde schreckbar mich erheben
Und Euch zermalmen Stück für Stück,
Daß in erbleichendem Erbeben
Ihr schaudert in Euch selbst zurück.
Du über den Dingen schwebende Gotteskraft,
Aus irdischem Wehe schrei' ich empor zu Dir,
Der in ewig sonniger Klarheit
Thront und richtet!
Lockre des Lebens Bürde auf meinen Schultern,
Nimm die drückende Last von meiner Stirne
Der uralten ewig neuen
Martergedanken!
Nicht erhören sollst Du des Sünders Flehn,
Wenn ich die Sünde, die nimmer vergeben wird,
Wider den heiligen Geist die Sünde
Je ich verbrochen!
Wenn meines Hohns versengender Racheblitz,
Wenn meines Zornes Donner geschleudert je,
Ohne vollgerechte Vergeltung
Der Unbill zu üben!
Wenn dies Gezücht, das schmutzig erbärmliche,
Das mich umkreucht wie zischende Schlangenbrut,
Je gerecht an mir gehandelt
In prahlender Dummheit!
Wenn diese Welt in Waffen, die mich umtobt,
Wenn dieser falschen Freundlinge Selbstigkeit,
Wenn all die neidgeblähten Männlein
Nicht strotzen von Ohnmacht!
Wenn nicht gefrevelt diese verderbte Zeit
An Deinem Erwählten, heiliger strenger Gott,
Wenn nicht moschustriefende Zwerge
Den Riesen geblendet!
Jehova, räche mich! Schenk mir die alte Kraft,
Daß der Philister gleißendes Götzenhaus
Ich zerbreche, auf daß meine Seele,
Stirbt mit den Heiden!
Ja, Du erhörst mich, ja, Du erfüllst mein Flehn.
Ich allein gegen sie alle, Ich!
Denn Ein Gott nur lebt im Himmel.
Zittert, ihr Götzen!
Unbeschreiblicher Geisterduft spann sich um ihn her, lehrte ihn die lautlose Sprache einer anderen Welt. Sein Dasein gestaltete sich ihm zur bloßen Pantomime, welche das Wesen und das Wesenlose verquickte und in welcher die eigne Existenz zu einem
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