Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grolar (German Edition)

Grolar (German Edition)

Titel: Grolar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Nesch
Vom Netzwerk:
Abfallcontainer, wo er den Riegel aufschob und die Luft anhielt, denn der Container war schon halb voll und trotz all der Plastiktüten stank es darin bestialisch nach vergammelten Essensresten, gegärter Milch und Schimmelsporen.
    Quietschend öffnete er die Metalltüre und feuerte den Sack soweit und so hoch wie möglich nach hinten, dann schloss er die Tür wieder und machte zwei Schritte nach rechts zum Luftholen. Etwas raschelte im Wald, fünfzig Meter weiter. Er zog den Colt und entsicherte die Waffe, er hielt die Luft an und lauschte und spähte zu den Bäumen wie Lucky zuvor.
    Der Ruf einer Eule hallte über den See. Am Horizont blitzte der Schweif einer Sternschnuppe auf, und er stotterte innerlich einen Wunsch.
    Kein Rascheln mehr im Dickicht. Vorsichtig, sich über seine Schultern umschauend, überquerte er den Platz. Das Knirschen bei jedem Schritt störte ihn, den Pistolengriff hielt er mit beiden Händen. Erst vor der Tür steckte er den Colt wieder ein. Er wollte nicht in Tara hineinlaufen mit der Waffe in der Hand. Eigentlich eine unbegründete Sorge, sie wartete sicherlich nicht auf ihn im Wohnzimmer – oder im Schlafzimmer.
    Bevor er den Trailer betrat, holte er tief Luft, als ob er ins Meer springen wollte.
    Tara hatte das Licht ausgeschaltet. Er ließ es dunkel. Die geschlossene Schlafzimmertür hatte zwar keinen Schlüssel, aber er wusste ihr Zeichen zu lesen. Bleib draußen.
    Das Mondlicht fiel durch die Fenster und spendete genügend Helligkeit, um über nichts zu stolpern. Als Erstes legte er die Waffe zurück auf ihren Platz, zog sich bis auf Unterhose und T-Shirt aus, wusch sich die Hände und legte sich auf die Couch in der Wohnzimmerecke. Als Decke diente ihm der Schonbezug, in den er sich einrollte. Die Dose knackte er unter dem Laken auf, damit das Geräusch niemanden weckte. Kalt lief das Bier in seine Kehle, und er hoffte auf Schlaf. Seit sechs Wochen hatte er sich diesen Tag ausgemalt, wenn Cliff und Tara endlich nachkommen würden. Er hatte sich das anders vorgestellt, diesen Tag, diesen Abend, seit sechs Wochen.
     
     
Dick hatte es sich auf dem Beifahrersitz gemütlich gemacht. Der Beifahrersitz war für ihn das Wohnzimmer geworden, dort saß er jeden Abend und trank sein letztes Bier, bevor er sich schlafen legte. Dementsprechend sah der Fußraum in seinem Wohnzimmer aus: zerknüllte leere Dosen und Zigarettenpackungen, knisternde Cheese-Onion Chipstüten und eine prallgefüllte 1,5 Liter Flasche Rootbeer mit seinem Urin – denn wenn es regnete, war er zu faul, noch einmal rauszugehen, und sei es nur, um an den erstbesten Baum hinter seinem Explorer zu pinkeln. Die letzten zwei Tage hatte er vergessen, sie tagsüber zu leeren.
    Neben ihm auf dem Fahrersitz lagen sein Helm und der Ohrenschützer, sein Gewehr auf der Mittelkonsole zielte durch die Windschutzscheibe gen Himmel.
    Er setzte das Kokanee an, seine Finger rochen nach Pulver, Erde und Bull's Eye BBQ-Sauce.
    Seine Hände hatten noch eine ganze Weile nach den Schüssen gezittert. Das Adrenalin wirkte nach, baute sich nur allmählich ab. Jetzt waren sie ruhig, durchspült vom sanften Alkoholgehalt seiner Biere.
    Von dem Rye-Whiskey in seinem Handschuhfach erzählte er niemandem, sonst würde Ray nur auf einen Fehler bei der Arbeit warten. Harten Alkohol hatte er im Camp verboten, das führe zu Fehlern, Unfällen und Verletzungen und somit zu Unterbrechungen bei der Arbeit, das bedeutete weniger Gold und letztendlich weniger Geld für jeden.
    Er setzte den Whisky an und ließ ihn die Kehle runterlaufen. Dick wusste, wann er genug hatte, ohne morgens verkatert aufzuwachen. Heute gönnte er sich einen Schluck extra, auf den Erfolg. Diesmal hatte er das große Los gezogen. Nach all den Hilfsarbeiterjobs mit den Arschlöchern von Vorgesetzten, die ihn herumkommandierten, auch wenn es gar keinen Sinn machte, fühlte er sich hier pudelwohl. Alleine Rays Reaktion nach den Schüssen: Er hätte geschossen. Super! Das war ein Typ, der hatte den Erfolg verdient, so wie alle um ihn herum.
    In den vier oder fünf Sommern davor sah das bei ihm anders aus. Dort war er mit einer Bauarbeitercrew an der Sunshine Coast unterwegs gewesen. Das meiste Geld hatten sie so schnell versoffen, wie sie es eingenommen hatten. Hier oben würde richtig etwas kleben bleiben. Bald würde er sich einen neuen Truck kaufen, mit Aufsatz, mit Bett. Er konnte nicht ewig im

Weitere Kostenlose Bücher