Grolar (German Edition)
Einen anderen Weg gab es nicht aus diesem Loch. Er würde auf jeden Fall mitbekommen, wenn der Bär von Andy ablassen und sich verziehen würde. Er selbst würde nicht eher herauskommen, bevor er aus seinem Sichtfeld verschwunden war. Ganz einfach. Solange würde er hier warten und keinen Mucks von sich geben. Sollte der Kopf des Bären vor ihm auftauchen, würde die nächste Kugel den Kopf treffen. Auf die Augen würde er zielen. Mal sehen, was er dazu sagen würde.
Der Kopf des Bären tauchte nicht vor ihm auf.
Auch nicht hinter ihm. Regelmäßig linste er über seine Schulter.
Es roch nach frischer umgegrabener Erde.
Würde er nicht wissen, wo die Hand lag, er würde sie nicht sehen.
Der Junge hatte noch sein ganzes Leben vor sich gehabt. Sich einzureden, dass er immer noch lebte, schaffte er nicht. Kelly saß im Camp und wusste von nichts. Wo waren Jon und Marten? Würden sie ihn suchen? Hier so ahnungslos heruntermarschieren wie er selbst? Hoffentlich nicht, der Junge soll mit seinem Vater aufwachsen. Scheiße. Hatten sie seinen Schuss gehört? Hatte er sie dadurch angelockt? Auf Marten war Verlass. Wenn er den Schuss gehört hat, würde er hierher kommen. Dann müsste er sie warnen, sobald er sie hören oder auf der Rampe sehen würde.
Am besten für alle wäre, die beiden würden bei den Frauen und dem Kind bleiben. Der Ranger sollte kommen. Mit seinen Leuten. Die hatten die richtige Ausrüstung. Sie würden ihnen helfen.
Er griff nach der Tasche mit dem Satellitentelefon, aber er musste es bei seinem Hechtsprung über die Kette verloren haben. Nur das Gewehr hatte er dabei fest umklammert gehalten. An etwas anderes hatte er nicht denken können. Ohne das Gewehr wäre er nichts.
Das Tier schien sich nicht zu bewegen.
Überlegte der Bär? Dachte er? Haben sie nicht nur Instinkte? Das Gefühl beschlich ihn, das Tier hatte Andy absichtlich auf der Kette liegen lassen. Er sollte ihn finden. Die Bestie hatte sich in dem Schlammloch versteckt. Wenn dem so war, dann hatte sie einen Köder gelegt. Machten das normale Bären?
Der Regen rauschte nieder, es tropfte, plitschte und platschte, und das Trommeln der Tropfen auf dem Boden lockte die Würmer hervor, die sonst nur tief in der Erde lebten. Blind schlängelte sich ein Regenwurm neben dem Gewehrlauf aus dem Erdreich.
Er hörte ein Schaben. Ein gleichmäßiges Geräusch. Nein, es war kein Schaben, es war ein Graben, das spürte er sogar im Erdreich, wie eine leichte Vibration. Der Bär grub.
Aber wo? Und wozu?
Vergraben sie ihre Beute? Er wusste so wenig über Bären, obwohl er so viele Jahre hier oben gearbeitet hatte. Und wenn er eine Ahnung hätte, konnte er die überhaupt auf diese Bestie anwenden?
Es war ein langes Graben, Ray stellte sich vor, wie der Bär mit beiden Vordertatzen große Mengen Erde unter sich durch nach hinten schob. So hörte es sich an.
Das Tier stoppte, schnaufte, dann machte es weiter.
Und, ohne dass Ray den Kopf hob, berührte das stählerne Bodenblech seine kahle Stelle am Hinterkopf.
Er bekam einen Kloß im Hals. Der Bagger hatte sich gesenkt. Das bedeutete, der Bär schaufelte den Boden ab, auf dem der Bagger stand. Der Bagger senkte sich zu jener Seite. Er schaufelte die Erde unter der Kette weg, damit diese weiter in der Erde versank. So würde er langsam ersticken oder zerquetscht werden. Wenn er nicht sein Versteck verließ. Der Bär vergrub nicht sein Opfer, er grub ein weiteres aus.
Kelly gab ein kieksendes Geräusch von sich. Jon fuhr zu ihr herum, ebenso Tara. Cliff spielte ruhig weiter.
Sie lehnte mit der Schulter neben dem offenen Fenster, die Augenlider nicht ganz so weit geöffnet wie sonst. Mit einer Hand fasste sich Kelly an den Hals und erklärte, weil sie die überraschten Reaktionen mitbekommen hatte, »Sorry, Frosch im Hals. Was ich fragen wollte: Sind noch Orios da?«
»Frag' Cliff«, sagte Tara.
»Ja?«, fragte er, weil er seinen Namen aus dem Mund seiner Mutter gehört hatte.
Kelly winkte ihm zu, »Hast du mir noch ein paar Kekse übrig gelassen?«
»Nein«, antwortete sein Sohn ehrlich und ohne falsches Beileid in der Stimme.
»Du hast die ganze Packung aufgegessen?«
»Ja!«
»Das glaube ich nicht«, sie wollte herumkommen, aber Cliff griff die leere Tüte und hielt sie hoch. Krümel rieselten heraus.
»Leer«,
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