Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grolar (German Edition)

Grolar (German Edition)

Titel: Grolar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Nesch
Vom Netzwerk:
hungrig. Habt ihr hier etwas zu essen?«
    »Ich weiß nicht«, kam es aus dem Schlafzimmer. Dann näherten sich seine Schritte im Flur, und als er im Wohnzimmer erschien, hielt er in einer Hand sein Gewehr und in der anderen Hand eine Packung Orio-Kekse hoch, »So etwas essen kleine Jungs nicht, oder?«
    »Doch!«, rief Cliff.
    Er reichte ihm die Orios, und die Verpackung knisterte, als Cliff sie mit einem Finger aufpulte. Sie war bereits angebrochen.
    »Ist meine Notrationen für den kleinen Hunger abends, eh.«
    »Und was sagt man?«, fragte Tara Cliff.
    »Lecker!«
    »Nein!«
    »Danke, danke!«
    »Gern geschehen, Junge«, sagte Marten und verzog sich wieder in das Schlafzimmer.
    Cliff mampfte den ersten Keks.
    Tara wies ihn an, »Nicht schmatzen!«
    Er schloss die Lippen.
    Jon wandte seinen festgeeisten Blick von seinem Sohn ab aus dem Fenster. Einzelne Regentropfen platzten auf der weißen Motorhaube des 250ers auseinander, der den daneben geparkten Dodge Ram von Marten komplett verdeckte.
    Rasch fielen mehr Tropfen, und das Pladdern auf dem Flachdach des Trailers schwoll an.
    »Die Warterei macht mich wahnsinnig«, sagte Kelly, »stört es jemanden, wenn ich Einen rauche?«
    ‚Einen', dachte Jon und wusste, dass Tara ein Nein in Erwägung zog, weil Cliff im Zimmer saß.
    Sie brauchte einen Moment, um zu antworten, »Einen?«
    »Stick.«
    Tara schaute ihn an.
    »Wegen mir. Aber stell das Fenster einen Spalt auf.«
    Taras Mund stand offen.
    Was sollte daran so schlimm sein im Vergleich zu dem, was hier passierte, und Cliff wusste sowieso nicht den Unterschied.
    »Mach ich«, sagte Kelly, nahm eine Schachtel Zigaretten aus der Brusttasche von Andys Hemd und fischte einen vorgedrehten Stick und das Feuerzeug heraus.
    Als die Spitze aufglühte, schloss sie die Augen. Und Jon bemerkte, dass Tara ihn beobachtete, wie er Kelly zuschaute, und er guckte raus zur Waschanlage.
    So knapp vor dem Ziel.
    Alles musste gut werden.
    Es musste.
     
     
Der Tunnel endete bei einer Lichtung. Regen prasselte in dicken Tropfen nieder. Auf den letzten Metern achtete Ray besonders auf das Dickicht neben sich, ganz bewusst wollte er sich nicht von der Lichtung vor ihm ablenken lassen. Daher war er überrascht, dass er den Ort kannte. Der Bär war Zickzack durch den Wald gelaufen, zum Glory Hole.
    Am Waldrand blieb Ray stehen und wartete darauf, dass etwas passierte: ein Geräusch, eine Bewegung, irgendetwas.
    Von hier aus ragte nur das obere Gelenk des Baggerarms aus dem Loch. Ansonsten lag die gerodete und umgegrabene Fläche still vor ihm. Bis er ein leises Stöhnen aus dem Glory Hole hörte.
    Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen, kalt rann der Regen in seinen Nacken. Unter seinen Sohlen knirschte der feuchte Kies. Auf dem Boden suchte er nach Spuren, Spuren des Bären, aber wenn welche da gewesen waren, dann hatte sie der Regen bereits wieder fortgewaschen.
    Während er sich vorwärts bewegte, behielt er den Waldrand im Auge. Nur keine Überraschung.
    Je näher er sich an den Rand der Grube heranwagte, desto mehr sah er vom Caterpillar. Die Kabine war leer, die Schaufel steckte im Sand, und auf einer der beiden breiten Antriebsketten lag Andy, blutüberströmt. Die Beine baumelten herunter, einen Arm hatte er halb in die Luft gereckt, wie ein alter Trinker an der Bar, der ein letztes Bier bestellte.
    Aber er lebte noch.
    Der Bär war nirgends zu sehen, nicht hier oben, nicht da unten. Ray konnte mühelos das gesamte Areal überblicken, die Rampe hatte keinen toten Winkel, auch nicht der Bagger oder der Sandberg. Die Bestie musste sich wieder in den Wald zurückgezogen haben.
    Er wischte sich das Wasser aus dem Gesicht. Der Regen strömte in schmalen Bächen an den sandigen Seiten herunter in das Glory Hole, wo er sich in dem ausgehobenen Schlammloch sammelte.
    Ray lief die Rampe herunter, er würde Andy irgendwie in die enge Kabine ziehen und mit dem Bagger zurück ins Camp fahren. Er passte auf, dass er nicht stolperte oder ausrutschte. Tief sanken seine Hacken ein, je näher er dem Bagger kam.
    Ray zögerte, er traute der Ruhe nicht. Am liebsten wäre ihm, der Bär würde nun die Rampe herunter kommen. Er hatte freies Schussfeld und die Zeit und das Bedürfnis, das gesamte Magazin auf ihn zu

Weitere Kostenlose Bücher