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Grolar (German Edition)

Grolar (German Edition)

Titel: Grolar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Nesch
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das Tier duckte sich, und das Geschoss traf einen Felsen, von dem es als Querschläger wie eine Rakete aus dem Glory Hole kajolte.
    Wieder lud Ray nach und startete die Maschine mit einer hastigen Bewegung. Sofort vibrierte der Bagger, und er trat auf das Gaspedal, dass der Diesel aufröhrte, so laut wie der Bär neben ihm.
    Wieder legte er den Kolben an die Hüfte, das Gewehr im Anschlag und wartete darauf, dass der Bär ihm ein Ziel bot. Mit der anderen Hand betätigte er den Hebel, um den Greifarm zu schwenken. Erst jetzt bemerkte er den Fehler bei seiner Überlegung: Der Bagger stand mittlerweile so schief, dass er den Arm nur noch nach rechts drehen konnte. Bevor er sich anders entscheiden konnte, richtete sich die Bestie neben ihm auf, scheinbar furchtlos vor einem nächsten Treffer. Ray schrie und schoss aus der Hüfte und sah, wie das Fell seitlich der Rippen aufzuckte. Darauf stürzte sich das Tier auf ihn, und eine Pranke schlitzte seine Wade auf.
    Mit seinem ganzen Gewicht legte sich der Bär in den Bagger, und Ray sah, wie der erdige Rand des Glory Hole nach unten wegkippte, der graue Himmel erschien, und hilflos krallte er sich an den Hebeln und an dem Kabinenrand fest, das Gewehr polterte zu Boden. Er wollte nach vorne springen, entgegensetzt der Fallrichtung, aber immer rascher stürzte der Bagger um, riss ihn mit sich, und die Kabine und der Greifarm landeten im Schlammloch, das Glas splitterte um ihn herum, und die braune sämige Masse sickerte in seine Nase und Mund. Scherben schnitten in seine Hände und durch sein Gesicht.
    Er tastete durch die Brühe, die Augen gegen den kalten Schlamm zugekniffen, mit Sand zwischen seinen Zähnen. Am liebsten wäre er unter Wasser geblieben. Mit einem Rest Luft in der Lunge konzentrierte er sich darauf, so langsam wie möglich aufzutauchen.
    Der Gedanke daran, sich selbst zu ertränken, kam ihm in den Sinn. Seine Finger berührten Stahl, ein Stück vom Greifarm. Den Kopf in den Nacken gelegt, so dass Mund und Nase nur aus dem Wasser ragen würden, wollte er langsam auftauchen. Seine Schmerzen im Gesicht, an den Händen und in der Wade ignorierte er wie auch die Kälte des Wassers. Untergetaucht war es angenehm still und friedlich. Das lauteste Geräusch rührte von seinem Pulsschlag.
    Bloß nicht laut einatmen, ermahnte er sich. Er spürte die Regentropfen auf der Nase und auf den Lippen. Er war draußen. Nichts passierte. Hätte ihn der Bär gesehen, wäre es jetzt vorbei mit ihm.
    Er öffnete den Mund und sog die Luft ein. Frische Luft. Mehrmals. Ray unterdrückte einen Hustenreiz. Dann wagte er, auch mit den Augen aufzutauchen. Wie Bomben trommelten die Regentropfen auf seine Lider, die so aber auch langsam von Schlamm und Sand befreit wurden. Endlich konnte er zwinkern.
    Er lag günstig neben dem Greifarm, der ihm so viel Sichtschutz gab, dass er ganz mit seinem Kopf aus dem Wasser auftauchen konnte. Der Schlamm floss aus seinen Ohren, und die Fähigkeit zu hören kehrte zurück. Der Regen prasselte um ihn herum auf die Oberfläche des Schlammlochs.
    Hatte er den Nugget noch? Im Wasser fühlte er nach dem Gold in seiner Brusttasche.
    Ja. Er fühlte seine Wölbung deutlich zwischen seinen Fingern und dem Herzen. Seine Hand bewegte sich nicht weiter, als hätte sie dort einen sicheren Platz zum Ausruhen gefunden.
    Er traute sich nicht über den Greifarm hinwegzuschauen, dann könnte er zwar sehen, wo der Bär war, aber der Bär könnte auch ihn entdecken. Der Greifarm bot den besten Schutz.
    Hier würde er bleiben. Ewig. Keine Bewegung. Einfach so verharren und warten. Er würde überleben. Verletzt, aber reich.
    Er blinzelte, und ein Regentropfen platzte in seinem Auge auseinander. Alles färbte sich dunkelrot.
    Rot?
    Er wischte sich mit dem Finger durch das Auge und erkannte den nächsten roten Regentropfen auf seinem Handrücken, und er schaute hoch, über sich, wo das Blut des Bären aus dessen zerfetztem Ohr tropfte, und die Pranke auf ihn niedersauste, ihn aus dem Wasser katapultierte wie einen Lachs.
    Nach der harten Landung konnte er nicht aufstehen, sich noch nicht einmal umdrehen auf dem Bauch, er sah nur seine zitternden Hände vor seinen Augen, und dann erschien das Maul, und es grub sich in seinen Magen, riss und zerrte an ihm, und sein eigenes Blut schwappte über ihn. Er hörte sein Röcheln, das Manschen, Schnaufen, Knurren, und Schwärze zwängte

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