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Grolar (German Edition)

Grolar (German Edition)

Titel: Grolar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Nesch
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Millimeter bewegt, nicht einmal gezuckt. Das lauteste Geräusch war das Knirschen seiner eigenen Zähne gewesen, die übereinander rieben, als nichts passierte.
    Er holte noch einmal Luft, stampfte mit dem Fuß auf den Waldboden auf und rief, »Hey-hey-hey!«
    Nichts.
    Der Bär wartete.
    Verfluchtes Biest. Würde er von hier aus schießen, der erste Schuss würde ihn nur verletzen, ja, es war sogar fraglich, ob die Kugel etwas anderes als das Fell selbst streifen würde. Nicht einmal ein Streifschuss, eine verschwendete Kugel, dann das Nachladen, das wollte er sich nicht leisten. Umso besser der erste Schuss sitzen würde, desto leichter würde jeder weitere werden.
    Eine nie gefühlte Spannung nahm von seinem Körper Besitz. Dennoch dachte er klar und logisch, und deswegen kniete er sich vorsichtig nieder, ohne dabei das Ziel aus den Augen zu lassen, griff sich mit der linken Hand einen Ast vom Waldboden und warf ihn auf das Fell, wobei er abermals »Hey!« rief.
    Das Stück Holz traf das Fell, das konnte er sehen, aber wieder blieb eine Reaktion aus. Nicht einmal ein Zucken.
    Rays Spannung schrie nach Entladung, und deswegen konnte er sich nicht mehr zurückhalten. Er sprang auf und stürmte schreiend vorwärts. Er schrie auch noch, als er Lucky erkannte, das weiße Fell seines toten Hund, dessen Kopf und Vorderbeine fehlten.
    Seine Stimmbänder versagten, er würgte kurz, schaute weg, schaute hin, schaute weg, atmete durch und kletterte über den Stamm, den Kopf geradeaus gerichtet, blieb stehen, denn er wollte ihn nicht noch einmal sehen, und dann hörte er wieder den markerschütternden Schrei von Andy in der Ferne, irgendwo am Ende dieses Tunnels.
     
     
Klack-Klack-Klack...

    Cliff saß am Schreibtisch und spielte wieder fasziniert mit den Kugeln. Im Trailer hatten sich alle an den Fenstern postiert: Marten im Schlafzimmer zum Wald raus, Kelly neben dem Eingang, Tara zur Seite ihres Wohnwagens, und Jon blickte nach vorne raus über den Platz auf die Anlage, die dalag wie ein gestürzter, auseinandergefallener Roboter.
    Dick war tot und Ray und Andy verschwunden. Natürlich hatten sie überlegt, wo sie sein könnten, nach einer harmlosen Erklärung gesucht, doch schon bald waren ihnen die Alternativen ausgegangen. Es war eine Sache, den Wohnwagen zu verlassen und die Anlage anzustellen – das war sicherlich ein Fehler gewesen – aber gerade Ray war nicht der Typ, der sich einfach absetzte. Nein, irgendetwas musste passiert sein, etwas, das sehr wahrscheinlich mit dem Bären zu tun hatte.
    Beide waren bewaffnet und vorgewarnt gewesen. Konnte das Tier sie dennoch überrascht haben? Andy würde schießen, bevor er lange überlegte, und Ray war vorsichtig, schlau.
    Jon sagte so laut, dass Marten es am anderen Ende des Wohnwagens hören konnte, »Sollen wir nicht doch mal nach ihnen schauen?«
    Tara kam ihm mit der Antwort zuvor, »Nein, wir bleiben hier. Alle zusammen.«
    Er drehte sich nach ihr um, »Wenn sie unsere Hilfe brauchen?«
    »Nicht so dringend wie ...«, und sie lenkte seinen Blick mit ihren Augen auf Cliff.
   
Klack-Klack-Klack...

    »Ich kann auch alleine gehen«, sagte Marten.
    Das verneinte Jon, und Marten fand sich ohne weitere Diskussion damit ab, was bedeutete, dass er es selbst nicht hundertprozentig gemeint hatte. Sich zu trennen oder alleine draußen herumzulaufen war keine gute Idee.
    »Wir warten einfach hier«, sagte Tara.
    »Auf was?«, fragte Kelly, die den dicken Lauf der Signalpistole in den Minirock gezwängt hatte.
    »Dass die beiden wiederkommen.«
    »Und wenn nicht?«, ihr Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, und mit erstickter Stimme presste sie hervor, »und wenn nicht?«
    »Warten wir erst mal ab«, sagte Jon, »die sind gewarnt und gut bewaffnet. Das war Dick nicht. Kann auch sein, dass sie dem Bären auf der Spur sind, zu zweit.«
    Das ‚Ohne-uns-Bescheid-zu-sagen'? stand zwischen ihnen im Raum wie eine unangenehme Wahrheit, die niemand auszusprechen wagte. Hätten sie dazu überhaupt Zeit gehabt, ihnen Bescheid zu sagen?
    »Ich bin hungrig«, sagte Cliff.
   
Klack-Klack-Klack...

    Sofort bewegte sich Tara vom Fenster weg, als würde sie sich in dem Trailer auskennen, blieb aber mitten im Raum stehen, »Gibt es hier etwas zu essen?«, fragte sie.
    Jon richtete die Frage laut an Marten, »Cliff ist

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