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Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Titel: Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Familie lebte im entlegensten Winkel des Landes, weil wir Leuchmadan nicht dienen wollten. Aber dann ist Leuchmadans Krieg zu uns gekommen. Dann seid ihr zu uns gekommen und habt sie alle ermordet!«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe nichts zu schaffen mit Leuchmadans Horden. Ich bin für meine Familie hier, für meine eigene Rache. Aber vielleicht werde ich mich Leuchmadans Heer anschließen, wenn ich mit euch fertig bin. Vielleicht werde ich dann mit Leuchmadans Armee marschieren und mich auch noch an jenen rächen, die euch geschickt haben.«
    Stahl blitzte auf. Der Nachtalb kreischte und kippte nach vorne wie ein gefällter Baum. Ein weißbärtiger Zwerg stand hinter ihm, eine große Axt in beiden Händen. »Mit Leuchmadans Armee marschieren«, knurrte er. »Große Pläne für einen Nachtalb ohne Beine!«

Ein Wächter im Dunkel
    Der Nachtalb wand sich am Boden und starrte schreiend auf seine Beine, die dicht über dem Knie abgetrennt waren. Grünes Blut floss aus den Stümpfen und sammelte sich in einer Pfütze um die verstümmelten Gliedmaßen. Der Zwerg stapfte ungerührt hindurch, trat auf den Rücken des Albs und hieb ihm die Axt in den Schädel. Es wurde still.
    Der Zwerg war über und über mit Nachtalbenblut besudelt. Es tropfte von seinen eisenbeschlagenen Stiefeln, sprenkelte sein Kettenhemd und den weißen Bart, und ein Spritzer aus dem zertrümmerten Schädel hatte ihn mitten ins Gesicht getroffen. Es glänzte grün auf seinen Lippen, als hätte er seinen Gegner nicht nur abgeschlachtet, sondern gleich noch einen ordentlichen Bissen von ihm genommen.
    »Was glotzt ihr so?«, fragte Lambanos, der Zwergenfürst. »Hab ich euch nicht gesagt, dass ein Zwerg allein besser durchs Feindesland marschiert als weibische Elfen und kraftlose Menschen? Aufhalten, das ich nicht lache … Ein Zwerg hält niemanden auf, und niemand hält einen Zwerg auf.«
    Bekräftigend schlug er den Schaft seiner Axt auf den Boden. Der Griff lief in einer Eisenspitze aus, und der Zwerg stand nicht auf festem Stein, sondern immer noch auf dem toten Nachtalb. So hörte man keinen Knall, sondern nur ein feuchtes Schmatzen. Der Laut riss uns aus unserer Starre.
    »Aber wie …«, stammelte Gulbert, »… wie habt Ihr uns gefunden?«
    »Ich wusste, wo ihr hinwollt.« Lambanos stieg von seinem Opfer herunter und ging auf Gulbert zu. »Da bin ich einfach gerade drauf zumarschiert. Ein Zwerg verliert niemals seinen Weg! Im Gegensatz zu euren Borkenschmusern, will ich anmerken. Die sind hier unten dermaßen durch die Gänge geirrt, dass ich euch mühelos eingeholt habe. Und dafür könnt ihr gleich doppelt dankbar sein, aber holla!«
    »Doppelt dankbar?«, fragte Otli.
    »Na, erst mal konnte ich euch den hässlichen Grünspan vom Pelz kratzen.« Lambanos wies auf den toten Nachtalb hinter sich. »Und jetzt kann ich euch den Rest des Wegs führen. Für einen Zwerg ist es kein Problem, das Herz dieser Tunnel zu finden. Bringen wir die Sache hinter uns, umso schneller sind wir zur Siegesfeier daheim.« Er schnalzte mit der Zunge.
    Mich erinnerten seine Worte daran, dass wir unsere bisherigen Führer verloren hatten. Beide Elfen waren tot, und zum ersten Mal hatte ich Zeit, den Gedanken auf mich wirken zu lassen. Ich empfand eine gewisse Leere dabei. Ich hatte Laetas und Maneas oft wie einen Stachel im Arsch empfunden, aber wir waren weit zusammen gereist, und nun waren sie fort! Und womöglich würden wir einen weiteren Gefährten verlieren …
    »Gulbert!«, rief ich. »Der Dolch! Du bist verletzt.«
    Gulbert hatte die Albenwaffe aus der Brust gezogen und hielt sie in der Hand. Die krumme Klinge war breit und so schwarz wie der Griff. Gulbert blickte konzentriert drein, und man sah kein weiteres Blut aus der Wunde fließen. Ich beobachtete ihn, fasziniert und ein wenig erschrocken zugleich.
    »Kannst du weitergehen, Gulbert?«, fragte ich.
    »Keine Sorge«, antwortete der Zauberer. Kein Rasseln war mehr in seiner Stimme zu hören, kein Anzeichen seiner Verletzung. »Mir geht es gut.«
    Ich beäugte ihn überrascht. »Hast du etwa auch so ein magisches Herz? Wusstest du darum, wo Leuchmadans Schwäche liegt?«
    Gulbert lachte auf. »Oh nein«, sagte er. »Kein magisches Herz, leider. Noch nicht. Aber doch genug Magie, dass ein Dolch mein richtiges Herz schon um einiges besser treffen müsste, um mich zu töten!«
    Resolut trat er an Lambanos’ Seite und hob den leuchtenden Stab über den Kopf. Der Zwerg wandte sich ebenfalls zum Gehen, da

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