Große Kinder
Alter gehören und die in dieser Zeit normalerweise nicht so schwerwiegend sind wie beim ausgewachsenen Jugendlichen oder Erwachsenen und schneller und unkomplizierter heilen. Deswegen ist es vielleicht auch besser, wenn Erwachsene den Kindern beim Spielen nicht zuschauen, weil dieses Spielen aus Erwachsenensicht oft an der Grenze zum »Gefährlichen« liegt.
Wenn Kinder sich im Spiel wehtun, lernen sie aber mehrere wichtige Dinge: Zunächst ganz einfach, was es überhaupt bedeutet, sich wehzutun. Viele Kinder wissen heute nicht mehr, was es heißt, sich wehzutun, weil sie nirgendwo mehr anstoßen. Beim kleinsten Wehwehchen geraten sie in Panik. Weil sie selbst keine Erfahrung mit Schmerzen haben, können sie auch nicht einschätzen, wann sie einem anderen wehtun. So kommt es zu den unangemessen »brutalen« Übergriffen, wenn Kinder dann doch einmal aneinander geraten.
Sie lernen also zum einen ihre eigenen Grenzen kennen, zum anderen erfahren sie, wo die Grenzen des körperlich Zumutbaren beim anderen liegen (der Schlag gegen die Nase war beispielsweise entschieden zu viel). Kinder, die in diesem Alter nicht genügend körperliche Erfahrungen im Umgang miteinander sammeln konnten, werden im Jugendalter weder ihre Grenzen noch die der anderen einschätzen können. Jugendliche Gewalttäter, etwa zwanzigjährige »Skins« unserer Tage, denen auf gerichtsmedizinischen Fotos gezeigt wurde, welche Folgen körperliche Gewalt haben kann, sagten, sie hätten nicht geahnt, dass ein einziger Fußtritt in den Brustkorb oder derSchlag gegen das Nasenbein sogar tödlich sein kann. Sie waren tatsächlich überrascht und erschrocken über die ernsten Auswirkungen dieser »Körperkontakte«, die sie für etwas »ganz Normales« gehalten hatten!
Schließlich lernen Kinder, die sich im Spiel mal wehtun, dass Schmerzen und »Krankheiten« durchaus auszuhalten sein können, nicht immer gleich mit Medikamenten behandelt werden müssen und auch nicht immer gleich Anlass für existenzielle Sorgen sind. Schmerzen in gewissem Maße aushalten zu können, erfordert Energie und Durchhaltevermögen, und die Erfahrung, dass man dazu in der Lage ist, gibt unbewusst Kraft, Gelassenheit und Zuversicht, womit später auch »schmerzliche« Lebenssituationen im übertragenen Sinn überstanden werden können.
Anmerkung
Motivation, Interesse, Neugierde und körperliche Entwicklung beziehungsweise sportliche Betätigung im Kindesalter werden in den Fachbüchern getrennt behandelt. Inwieweit selbst bestimmte Bewegungsspiele im Schulalter für die Entwicklung der gesamten Persönlichkeit wichtig sind, ist meines Wissens noch nicht erforscht.
Allerdings gewinnt in der Arbeit mit »schwierigen« Jugendlichen in Deutschland die so genannte wohnumfeldbezogene Erlebnis- und Abenteuerpädagogik immer mehr Bedeutung. Allmählich wird diese Arbeit auch auf Kinder ab 8 ausgeweitet. Eine Arbeitsgruppe in Marburg (bsj e. V. Marburg) hat sich um Veröffentlichungen und Diskussionen in diesem Bereich besonders verdient gemacht. Von ihr stammt auch die Veröffentlichung der lesenswerten Tagungsdokumentation zur Erlebnispädagogik:
Abenteuer – Ein Weg zur Jugend?
Wo geht’s lang?
Die soziale Entwicklung
I n jeder Lebensphase lernt das Kind ein anderes wichtiges Ordnungsprinzip unserer Welt kennen. Der Säugling muss zuerst die Grundbeschaffenheit der Dinge auf der Welt begreifen: fest oder weich, kalt oder warm, trocken oder nass, essbar oder ungenießbar, vertraut oder fremd. Das Vorschulkind bekommt allmählich einen Begriff von Farben, Zahlen, Zeitmaßen, Lebensalter, von mein und dein. In der Lebensphase zwischen etwa 7 und 13 Jahren geht es darum, die grundlegenden sozialen Strukturen der Welt kennen zu lernen, sie auszuprobieren und zu begreifen.
Große Kinder beschäftigen sich sehr intensiv damit, herauszufinden, was »fair« ist und was »echt gemein«. »Das ist ungerecht« ist die ständig wiederkehrende Empörung in diesem Alter. Die Fragen nach dem sozialen Miteinander ziehen sich durch alles, was sie tun und interessiert: Kinder im Schulalter unterhalten sich darüber, was hinter Begriffen wie »Beleidigung«, »Ehre«, »Bescheidenheit« und »Angeberei« steht. Wenn sie miteinander spielen oder gegeneinander antreten, testen sie mehr oder weniger bewusst aus, was Unterdrückung, Betrug, Hinterhältigkeit, Treue, Verlässlichkeit und Anständigkeit ist. Sie wollen erleben, wie sich Vertrauen anfühlt, wie Verrat, wie
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