Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte
nicht plastisch genug vorstellen, den die Mannschaften der großköniglichen Flotte erlitten, als sie den von den Bergen widerhallenden Kriegsgesang hörten: Statt die fliehenden Hellenen von hinten aufzurollen und vor die Rammsporne einer ägyptischen Flottenabteilung zu treiben, die schon einen Tag zuvor um die gesamte Insel Salamis herum entsandt worden war, drohte ihnen nun selbst ein Flankenangriff, wenn sie nicht sofort um 90 Grad nach Backbord schwenkten. Durch den nun ausgeführten Flankenangriff der Bundesflotte auf die persischen Einheiten kam es zum Kampf Schiff gegen Schiff. Weil die Ruderer der persischen Flotte schon die ganze Nacht zuvor auf den Ruderduchten verbracht hatten, waren sie hungrig und müde; anders die Hellenen, die an Land übernachtet hatten und ausgeruht mit voller Kraft zu Rammstößen ansetzten. Außerdem konnte sich die persische Kriegsflotte auf Grund der Enge des Kanals nicht zur Kampfformation entfalten. Vollendszum Fehlschlag musste die Aktion für jenen Teil der persischen Flotte werden, der in den Sund eingelaufen war, als jene noch vor Schlachtbeginn nach Norden detachierten und nun zurückkehrenden korinthischen Trieren den geschwenkten Persern erneut in die Flanke fuhren. Der Kampf zog sich wohl über den ganzen Tag hin. Schließlich erkannten die Perser, dass die Schlacht nicht mehr zu gewinnen war. Ein Rückzug schien das Beste zu sein, doch der war nur durch jene Engen möglich, durch die man am Morgen eingelaufen war und die noch voller nachdrängender Schiffe der königlichen Flotte steckten. Man muss den phönizischen und kleinasiatisch-griechischen Seemännern Respekt dafür zollen, dass einem Teil tatsächlich der Rückzug gelang und nicht das gesamte Geschwader in der Falle bei Salamis vernichtet wurde.
Herodot, dem wir den ausführlichsten Bericht über Salamis verdanken, beschreibt die Schlacht so: «Als es Tag wurde, riefen sie die Schiffsmannschaften zusammen. […] Sie gingen an Bord, und in dem Augenblick kam das Schiff aus Aigina zurück, das zu den Aiakiden gefahren war. Dann lichteten die Griechen auf allen Schiffen die Anker. Als sie in See stachen, stürzten sich die Feinde sogleich auf sie. Die übrigen Schiffe der Griechen wollten schon rückwärts rudern und an Land gehen. Der Athener Ameinias von Pallene war aber zu weit vorausgefahren und stieß mit einem feindlichen Schiff zusammen. Da die beiden Fahrzeuge festineinander saßen und sich nicht mehr lösen konnten, eilten die übrigen dem Ameinias zu Hilfe, und die Schlacht begann. So nahm nach athenischer Darstellung die Schlacht ihren Anfang; die Aigineten aber berichten, das Schiff, das man nach den Aiakiden geschickt, habe den Anfang gemacht. Es wird aber auch erzählt, man habe die Erscheinung einer Frau gesehen, die mit lauter Stimme ermahnt habe, so dass das ganze Griechenheer es hören konnte; vorher habe sie sie gescholten: ‹Ihr Toren, wie weit wollt ihr denn rückwärts rudern!› […].
Die meisten feindlichen Schiffe wurden bei Salamis versenkt, teils von den Athenern, teils von den Aigineten. Weil die Griechen in guter Ordnung und in geschlossener Front kämpften, die Feinde aber ihre Ordnung nicht mehr fanden und alles verkehrt anfingen, musste es eben so kommen, wie es geschah. Dabei wuchsen die Barbaren an diesem Tag über sich hinaus und zeigten sich viel tapferer als bei Euboia. Jeder tat schon aus Furcht vor Xerxes sein Bestes; denn jeder glaubte, der König schaue gerade auf ihn.»[ 19 ]
Obwohl also die persische Flotte tapfer kämpfte, hatte sie in dem sich nun bildenden Mêlée gegenüber den wendigen Trieren des Hellenenbundes das Nachsehen. Herodot kommt dann auf die von ihm bewunderte, heldenhaft kämpfende Artemisia von Halikarnassos zu sprechen, die als Griechin zwar auf der «falschen» Seite focht und dennoch ein Beispiel dafür gab, dass selbst griechische Frauen tapferer kämpfen konnten als die in orientalischen Verhältnissen verweichlichten Gegner: «Als die Lage auf Seiten des Königs in arge Verwirrung zu geraten begann, wurde das Schiff der Artemisia gerade zu diesem Zeitpunkt von einem attischen verfolgt. Es konnte nicht entweichen, denn vor ihm lagen andere befreundete Schiffe, und ihr eigenes Schiff stand den feindlichen am allernächsten. Da entschloss sie sich zu einer Tat, die ihr auch glückte. Vom attischen Schiff verfolgt, fuhr sie mitten in ein barbarisches hinein […] und brachte es zum Sinken. Durch diesen Glücksfall errang sie einen doppelten
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