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Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte

Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte

Titel: Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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sollten nichts nutzen, und mit dem Scheitern der politischen Visionen zerplatzte auch ein persönlicher Traum vom Liebesglück. Nach Freitod durch Schwert und Schlangengift dennoch vereint in einer Gruft zu ruhen – das ist Stoff, aus dem echte Schmachtgeschichten gewoben werden.[ 4 ]
    Doch bei genauerem Hinsehen fällt eine Reihe von Ungereimtheiten in der scheinbar so schlüssigen Geschichte auf. Wenn man nämlich nicht von einer Entscheidungsschlacht ausgeht, sondern von einem Durchbruch des Antonius, der durch eine mittlerweile weit überlegene Flotte des Octavian in Actium vom Meer her blockiert worden war, dann sieht die Sache anders aus. Und man darf sich fragen, ob Octavian tatsächlich einen vollständigen Sieg errungen hat. Denn wie konnte es geschehen, dass er trotz Antonius’ zahlenmäßiger Unterlegenheit keines der drei ihn besonders interessierenden Beuteobjekte zu fassen bekam: weder Antonius noch Kleopatra, noch die Kriegskasse? Wie konnte, von einem übermächtigen Gegner umfasst, überhaupt nur ein Schiff entwischen?
    Hauptsächlich verantwortlich für den Nachklang, den die Ereignisse in den Geschichtsbüchern in späteren Jahrhunderten auslösten – auch Shakespeare stützte sich seinerzeit auf sie –, sind drei Autoren, von denen allerdings keiner Zeitgenosse, geschweige denn Augenzeuge der Schlacht gewesen ist. Da ist zunächst Plutarch (um 45–125 n. Chr.), dem wir schon als Biographen wichtiger Akteure bei Salamis begegnet sind. Den aus Chaironeia gebürtigen griechischen Schriftsteller und Verfasser zahlreicher biographischer und philosophischer Schriften zeichneten eine hohe literarische und philosophische Bildung sowie umfassende Gelehrsamkeit aus. In seinen
Vitae parallelae
beschrieb er einige für seine Zeit wichtige Staatsmänner der Vergangenheit von Theseus bis Marcus Antonius, um sie hinsichtlich ihres positiven oder negativen Vorbildcharakters vorzuführen. Kein Wunder also, dass seine Lebensbeschreibung des Antoniusvoller Gehässigkeiten steckt und sich der Antiheld eigentlich nur als ein willfähriges Werkzeug Kleopatras gebärdet. Plutarch war mit Octavian der Meinung, «Antonius sei unter dem Einfluss von Drogen nicht mehr Herr seines Verstandes, und den Krieg gegen sie führten der Eunuch Mardion, Potheinos, Kleopatras Friseuse Eiras und Charmion, von denen die wichtigsten Regierungsgeschäfte geführt würden».[ 5 ]
    Der zweite wichtige antike Autor ist Lucius Cassius Dio Cocceianus, bekannt als Cassius Dio (um 163–nach 229). Er stammte aus Nikaia in Bithynien und verfasste in griechischer Sprache eine
Römische Geschichte
, die mit der Ankunft des mythischen Aeneas in Italien beginnt und über die Gründung Roms bis zu seinem eigenen Konsulatsjahr 229 unter der Regierung seines Gönners Kaiser Severus Alexander (222–235) reicht. Als ein oft in Staatsämtern tätiger Mann vertrat Cassius Dio einen betont senatorischen Standpunkt und konnte sich auf zahlreiche Quellen, auch offizielle Akten, stützen. Genüsslich legt er in einer langen, kurz vor der Schlacht gehaltenen Rede des Octavian, die nach antiker Tradition sicherlich frei erfunden ist, die offizielle Sichtweise der römischen Kaiserzeit auf Antonius dar: «Niemand soll ihn daher als einen Römer, vielmehr als einen Ägypter betrachten und ihn auch nicht Antonius, sondern etwa Serapion nennen! Niemand soll auch denken, dass er jemals Konsul oder Triumphator gewesen ist […] Unmöglich kann ja ein Mann, der seine Tage in königlichem Luxus lebt und sich in weibischer Art verzärtelt, einen männlichen Gedanken fassen und ausführen.»[ 6 ] Und seine Helfer seien ohnehin nur Alexandriner und Ägypter, erbärmliche Schwächlinge, die als Sklaven einem Weib statt einem Mann dienen und – das Schlimmste – «die kriechende und sonstige Tiere wie Götter verehren, die ihre eigenen Leichen einbalsamieren lassen, um ihnen den Anschein der Unsterblichkeit zu verleihen.»[ 7 ] An der Parteinahme für Octavian gab es für Plutarch und Cassius Dio also nicht den geringsten Zweifel, und so schrieb sich die Sichtweise Augusteischer Geschichtsschreibung über Jahrhunderte weiter.
    Der dritte für die Schlacht von Actium wichtige Autor ist Paulus Orosius (um 385–um 418), der aus Hispanien stammte und im Auftrag des Augustinus von Hippo
Sieben Bücher Geschichte gegen die Heiden
verfasste. Dieses Werk stellte praktisch die erste christliche Universalgeschichte von Adam und Eva bis in seine Zeit dar. Orosius will darin

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