Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte
in seinem Bericht einige Details hinzu: Heinrich, eher bekannt unter seinem italienischen Namen Enzio, einer der leiblichen Söhne Kaiser Friedrichs und König von Sardinien, war bei dem Kampf gar nicht anwesend, doch geistert er dessen ungeachtet als angeblicher Kommandant der Flotte durch eine Reihe von Quellen. Und den Namen des seltsamen Admirals namens Stollius hatte Matthaeus möglicherweise in einem Brief des Kaisers an den König von England gelesen und offenbar im Hinterkopf behalten, nur dass
stolium
als Begriff die ganze Flottebezeichnete und keineswegs der Name des Oberkommandierenden war. Eine schöne Verwechselung, die etwa damit vergleichbar wäre, einen Admiral «Friedrich» oder «Heinrich von Flotte» zu titulieren.
Des Kaisers Sohn auf See: In einer Darstellung aus der Chronik des Giovanni Villani, die einhundert Jahre nach der Schlacht entstand, haben die Galeeren zwar keine Riemen, dafür aber immerhin Masten und Segel. Mit Adlern beflaggte kaiserliche Segelschiffe kämpfen gegen schlüsselbewimpelte Papstschiffe. Kaiser Friedrichs II. Sohn Enzio, der die kaiserlichen Truppen zur See anführt, lässt entern und befiehlt, die verängstigten Kleriker in die See zu stürzen. Allerdings hatte der «Bastardsohn» – wie Villani ihn nennt – an der Seeschlacht von Montecristo 1241 gar nicht teilgenommen.
Ganz anders nahmen sich die Reaktionen auf den Seesieg bei Montecristo natürlich am Kaiserhof aus. Die Nachricht vom grandiosen Triumph seiner Flotte erreichte den Kaiser in Imola. Hochgestimmt ließ er Siegesbriefe, unter anderem an den König von England, schreiben. Seine Belagerungsmaschinen hätten nicht nur die Mauern des abtrünnigen Faenza endlich zerschmettert, sondern Gott sei auch in einer anderen Sache mit ihm gewesen. «Und an jenem Palestriner (= Papst Gregor IX.), der so oft den äußersten Hass gegen Uns erregt hatte, ist, wie wir glauben, das göttliche Gericht nicht ausgeblieben, damit er nicht nach Art des verborgenen Wolfes im Schafsfell und Lammkleid Gott bei sich zu tragen wähne und wisse, dass Gott mit Uns ist, der auf seinem Throne sitzt und gerecht richtet, da er nicht allein durch das Priestertum, sondern durch das Königtum und das Priestertum das Gefüge der Welt zu leiten bestimmt hat.» Von einem begeisterten, namentlich nicht bekannten Kaiseranhänger wurden sogar emphatische Siegestöne über den Erfolg der Seeschlacht in Hexameter gesetzt:
«Gaudeat imperium –
Jubeln möge das Reich, jubeln soviel es mag […] auf See und an Land wird der Zusammenbruch den Papst belehren, zu welch einem Frieden wird führen das Ende des Krieges; schweigen soll des Konzils schwatzhafte Zunge überdas Rad des Schicksals und der Knabe aus Apulien wird errichten den Frieden der Welt.»[ 11 ]
Papst Gregor IX. geriet durch Friedrichs Seesieg in eine prekäre Lage. Ihm fehlten nun die Geistlichen für das Konzil. Die gefangenen Prälaten ließ der Kaiser zunächst nach Pisa, dann weiter in die Burg San Miniato in der Toskana schaffen. Schließlich brachte man sie auf dem Seeweg nach Neapel und verteilte sie von dort auf verschiedene Burgen des Reiches. Matthaeus Paris notierte in seiner Chronik über die Leiden der gefangenen Kleriker: «Schon hatten Krankheit und tödliche Schwäche sie befallen, denn da sie schon lange gesegelt waren, wobei sie eng gefesselt und gedrückt sitzen mussten, hatten sie alle unerträgliches Fieber bekommen, das die Muskeln zerwühlte und wie mit Stichen von Skorpionen peinigte. Von Hunger und Durst gequält, waren sie der Willkür der ruchlosen Schiffer ausgeliefert, die eher als feindliche Piraten bezeichnet werden konnten. So erlitten sie ein langes Martyrium, das sie aber in Demut erduldeten.»[ 12 ]
Landschlachten auf Schiffen: Bei vielen Seeschlachten des Mittelalters handelte es sich im Grunde um Landschlachten auf Schiffen, bei denen es nicht um taktische Schiffsmanöver ging, sondern um Pfeilbeschuss und Enterkampf. So auch bei der Schlacht von Sluys 1340. Sie war Teil des sogenannten Hundertjährigen Krieges zwischen England und Frankreich, in der eine englische Flotte unter König Edward III. eine französisch-genuesische Flotte unter König Philipp VI. von Frankreich besiegte. An der Miniatur zur Schlacht aus der in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstandenen Chronik des Jean de Wawrin erkennt man sehr gut, dass die Schiffe im Spätmittelalter noch genauso wie in den Jahrhunderten zuvor nicht selbst als Waffen dienten, sondern
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