Grosseinsatz Morgenröte
sie von Jugend auf anders erzogen und geschult worden sind.
Ich sah nur die hervorragend manövrierenden chinesischen Raumpiloten. Unwillkürlich drängte sich mir der Gedanke auf, daß es wundervoll wäre, mit diesen Leuten am gleichen Tisch zu sitzen und darüber zu sprechen, ob die nächste Marsrakete mit gemischter Besatzung wohl Erfolg haben könnte.
Leider war mein Wunsch noch eine Utopie; aber dafür konnten jene Piloten nichts. Uns traf ebenfalls keine Schuld. Wir alle waren eingespannt in das Räderwerk einer nervenzermürbenden Weltpolitik.
»Es wird Zeit«, stellte Hannibal fest.
Schwitzend deutete er auf einige recht nahe herangekommene Maschinen. Ich griff nach meiner Waffe.
Unser Bildsprech-Gerät war auf die normale Frequenz geschaltet. Da die Piloten zweifellos den Auftrag hatten, uns unter allen Umständen abzufangen, war zu erwarten, daß ihnen der GAS-Geheimdienst unsere Bildsprechfrequenz mitgeteilt hatte. Es wäre falsch gewesen, den Gegner zu unterschätzen.
Ich ergriff das Mikrophon, nahm die Henderley schußbereit in die Hand und drückte dann den Schalter.
Sekunden verstrichen. Ich schaltete zusätzlich die Aufnahmeoptik ein, damit mich die Piloten auf ihren Bildschirmen auch sehen konnten. Anschließend begann ich wie in hysterischer Angst zu rufen.
»Hallo, ich rufe den Befehlshaber der Jäger, ich rufe den Befehlshaber der Jäger. So melden Sie sich doch! Nicht schießen, hören Sie! Schießen Sie nicht! Hier spricht Dr. Clint Hofart. Ich bin aus den USA geflohen und bitte um Ihren Schutz. Ich habe keine Angriffsabsichten. Hören Sie mich? Hier spricht Dr. Hofart, Fachgebiet Kernphysik. Ich bitte um Asyl, da …«
Ich verstummte mitten im Satz, als auf meiner Bildfläche das Gesicht eines chinesischen Offiziers auftauchte.
Er war Oberst. Ich erkannte es deutlich an den Rangabzeichen auf seinem schweren Druckanzug. Er trug den flammenden Stern über der schimmernden Weltkugel. Also gehörte er zum Taktischen Einsatzkommando der Großasiatischen-Weltraum-Abwehr. Das war eine hervorragend ausgebildete Elitetruppe. Das bestätigte sich auch sofort aus den aufklingenden Worten des Mannes.
Er sprach Englisch. Ich beherrschte seine Sprache zwar einwandfrei und fast dialektlos, aber das durfte den Asiaten nicht bekannt werden. Es konnte für mich noch von allergrößtem Vorteil sein.
»Beruhigen Sie sich, Doktor. Wir sind auf Ihre Ankunft vorbereitet. Meine besten Glückwünsche zu Ihrer gelungenen Flucht. Ich vermute, Sie haben einige betrübliche Minuten hinter sich.«
Er lachte leise. In seinen Worten hatte ehrliche Anerkennung gelegen, und das berührt einen Mann immer angenehm.
Ich mußte meine Rolle spielen, deshalb ließ ich mich erleichtert aufseufzend in den Andrucksessel sinken.
»Danke, Sir, ich danke Ihnen wirklich«, entgegnete ich. »Ich dachte schon, Sie würden das Feuer eröffnen. Dürfen wir lan den?«
»Selbstverständlich, Doktor. Lieber wäre es mir, wenn Sie sich meinen Jägern anschließen könnten. Nur knapp hundert Meilen südwestlich liegt die Landeshauptstadt Tschungking. Sie fliegen jedoch sehr unsicher. Haben Sie Schwierigkeiten mit Ihrem Piloten?«
Das fragte er wie nebensächlich, aber Hannibal begann wieder zu schwitzen. Wenn ich die Frage bejaht hätte, wäre er sehr bald ein toter Mann gewesen. Das war jedoch nicht vorgesehen, da er unbedingt in ein gutes Licht gerückt werden mußte.
Seine Akte war entsprechend vorbereitet. Der Oberkommandierende der amerikanischen Raumgarde war dahingehend informiert worden, und Hannibal war durchaus kein unbeschriebenes Blatt, was man aber erst im
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