Grosseinsatz Morgenröte
später wurde der Ingenieur vom GD-Chef persönlich verhaftet. Leichenblaß wankte er davon. In diesen Augenblicken erhielt ich die Gewißheit, daß er für meine Sicherheit verantwortlich gewesen war. Ich wurde sofort zu einem Wagen gebracht, der mich in rasender Fahrt in die radiologische Abteilung fuhr.
Man injizierte mir genügend Absorberspritzen für fünfzig Röntgeneinheiten. Im Grunde war es grotesk, wie diese Leute um mein Wohlergehen besorgt waren. Anschließend mußte ich noch drei Stunden in Beobachtung bleiben. Sogar der Marschall tauchte auf, um sich nach meinem Wohlbefinden zu erkundigen.
»Was – was ist mit dem Mann, den Schui-Tung verhaftet hat, Sir?« fragte ich. Ich war wirklich neugierig.
Er sah gleichmütig auf die Uhr und meinte achselzuckend:
»Er ist vor drei Minuten erschossen worden.«
Ich sank auf die Liege zurück und schüttelte den Kopf.
Nachdenklich murmelte er:
»Seltsame Menschen seid ihr da drüben. Der Ingenieur war für Ihr Wohlergehen verantwortlich. Er versagte, also mußte er sterben.«
»Ich habe aber kaum etwas Gamma aufgenommen, Sir.«
»Spielt keine Rolle. Sie hätten auch dreihundert Einheiten empfangen können, und das wäre Ihr Tod gewesen. Das können wir uns nicht leisten. Oder lieben Sie Ihr Leben so wenig?«
Ich verneinte. Mein Blick fiel auf die hart gewordenen Gesichtszüge des Mannes.
War das noch der Marschall, der gestern so verständnisvoll geschmunzelt hatte? War das noch der Offizier mit den humorvoll blitzenden Augen? Wahrscheinlich würden wir die Asiaten niemals richtig verstehen. Vielleicht war das der Grund, warum die Weltlage so angespannt war. Ich konnte mir kein Urteil anmaßen; ich hatte nur meine Befehle auszuführen.
»Werden Sie gegen Nachmittag wieder arbeiten können, Doktor?«
»Sofort, Sir. Ich fühle mich absolut frisch und kräftig.«
»Nein, bleiben Sie noch hier. Wenn Sie gegen fünfzehn Uhr in der Halle sind, wird es noch reichen.«
»Viel werde ich ohnehin nicht ändern können, Sir. Die Anlage ist nun einmal hinüber. Als Anschauungs- und Lehrmaterial ist sie unersetzlich, aber für den praktischen Betrieb taugt sie keinen Schuß Pulver.«
Er nickte kurz und verabschiedete sich. Dienstbeflissene Radiologen und Internisten eilten herbei, um mich erneut zu untersuchen. Hannibal wurde für einige Minuten vorgelassen. Als er eintrat, klopfte er grinsend auf seinen Magen und rief überlaut:
»Ho, Langer, schöne Dummheiten machst du. Bist du auch so leer wie ich?«
Ich begriff seine Anspielung.
»Wenn du deinen Hunger meinst, so könnte ich zwei Portionen vertragen. Sie wollen mir aber nichts geben.«
Auch er verstand. Ich wußte, daß seine Ladung irgendwo in der ALPHA lag.
Er hielt sich nicht lange auf. Gegen fünfzehn Uhr wurde ich entlassen.
Ich begann zu fiebern, als die Entspannungskammer ebenfalls in die Strahlungshalle geschafft wurde. Die Männer trugen Schutzanzüge. Als sie wieder erschienen, unterhielten sie sich unbefangen. Sie hatten nichts bemerkt.
Erst nach zweiundzwanzig Uhr konnten wir uns entfernen. Das gesamte Aggregat war unter unserer Aufsicht so hingestellt worden, wie es im Raumschiff montiert gewesen war. Sogar die verschiedenen Ebenen waren berücksichtigt. Die fehlenden Teile waren wegen der Strahlung in der Sicherungskammer verblieben.
Eigentlich hätte ich müde und abgespannt sein müssen. Wir gingen auch zu Bett, aber unsere Augen hingen an den Leuchtziffern der Uhren. Wir hatten sie auf die Sekunde genau eingestellt. Es kam nicht nur auf die Minute an.
Ich mußte an Marna Zandjan denken. Wenn Sie den I. Bezirk noch nicht verlassen hatte, wurde es allerhöchste Zeit. Irgendwo
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