Großer-Tiger und Christian
mich gut verstanden?«
»Wir haben verstanden«, sagte Christian.
»Und wir gehorchen«, sagte Großer-Tiger.
»Bittet meinen älteren Bruder Yang, er möge freundlich an mich denken.«
»Wir werden alles sagen.«
»So lebt wohl«, sprach Wu-Pei-Fu und stand auf. »In eurem Zimmer ist eine Ledertasche. Darin findet ihr das Notwendigste für
die Reise. Wenn alles gut geht, seid ihr in zehn Tagen in Ti-Hua-Fu.« Großer-Tiger und Christian verneigten sich.
Sie sagten: »Euer Weg eben Friede! Wir wünschen Freude und zahlreiche Glückssterne.«
»Seid schweigsam, meine Kinder«, sagte der General, »und lasst die andern reden!«
»Wer sind die andern?«, fragte Christian.
»Alle, die euch begegnen«, sagte Wu-Pei-Fu, und er verneigte sich zum Abschied vor Christian und Großer-Tiger wie vor erwachsenen
Männern. Da waren beide sehr stolz.
Achtes Kapitel, in dem die Reise trotz schlechter Vorzeichen gut beginnt
Tüt-tüt-tüt-tüt machte Glück mit der Autohupe, und das hieß: Eilt euch! Großer-Tiger und Christian beeilten sich. Es warfrüh am Morgen, und es war noch kalt und dunkel und unfreundlich. Glück lief mit einer Sturmlaterne um den Wagen. Er zählte
die Benzinfässer, die er am Abend aufgeladen hatte, und als keines fehlte, zählte er die Benzinkanister und die Kannen und
die Ölflaschen. Nachher drückte er mit dem Daumen auf die Reifen, und dann tutete er wieder: Tüt-tüt-tüt-tüt.
Christian und Großer-Tiger kamen mit ihren Sachen gelaufen. Sie brachten die Ledertasche mit allem, was darin war, sie schleppten
die Schachtel mit den langen Nudeln für langes Leben, die letzte Tüte mit Mohnkuchen, und dann mussten sie noch einmal laufen,
und noch einmal, denn da waren zwei warme Pelzmäntel, zwei Fellmützen, zwei Zeltplanen und zwei Schlafsäcke, die ihnen der
General vor seiner Abreise durch einen Soldaten geschickt hatte.
»Vorne bei mir könnt ihr nicht sitzen«, sagte Glück grob.
»Wir werden sitzen, wo der Herr befiehlt«, sagte Großer-Tiger. »Kommt her!«, brummte Glück, und es klang freundlicher als
vorher.
Er half Christian auf den Wagen steigen, und er fasste Großer-Tiger unter die Arme und hob ihn hinauf. Die Ladefläche war
sehr hoch über dem Boden. In der Mitte gab es einen freien Platz. Er war gerade groß genug für die beiden Schlafsäcke, die
Christian ausbreitete. Dann zogen sie die Pelzmäntel an und setzten die Fellmützen auf. Ringsherum standen Benzinkanister
wie ein Gartenzaun, und im Rücken gegen das Führerhaus waren Eisenfässer aufgestellt. Wenn man sich auf die Zehenspitzen hob,
konnte man durch ein Fensterchen Glücks oberen Mützenrand sehen.
Christian klopfte an die Fässer.
»Alle voll«, sagte er.
Dann setzte er sich neben Großer-Tiger auf den Schlafsack. Man saß weich darauf, und man hatte nach beiden Seiten und nach
hinten freie Sicht.
»Seid ihr fertig, oder gibt es noch eine Sache zu besorgen?«, fragte Glück.
»Wir entdecken keinen Mangel, befehlender Herr«, sagte Großer-Tiger.
»Ich weiß einen Mangel«, rief Glück; »man sieht ihn aber nicht. Kannst du lesen?«
»Ich kann lesen.«
»Dann lies!« Er warf Großer-Tiger ein gelbes, zerlesenes Buch in den Schoß. »Du kannst es mir in Kalgan wieder geben. Ein
anderer als Glück würde heute keinen Li weit fahren.«
Damit ging er nach vorn und warf den Motor an. Als er lief, kamen einige Soldaten aus dem Stall und aus den Nebengebäuden.
Sie riefen: »Euer Weg eben Friede!«
»Auf Wiedersehen!« rief Glück.
Er stieg ins Führerhaus. Es war schon ein wenig heller geworden. Im Osten rötete sich der Himmel, und als der Wagen durch
das Tor rollte, flogen die Tauben auf.
Großer-Tiger und Christian riefen: »Auf Wiedersehen!« Aber der Lärm des Motors übertönte das Rufen.
Die Straßen von Hwai-Lai-Hsien waren leer. Trotzdem tutete Glück, dass es eine Art hatte.
»Warum macht er das?«, fragte Christian.
»Weiß nicht«, sagte Großer-Tiger; »vielleicht will er die Leute aufwecken.«
Als die Häuser nur noch vereinzelt am Straßenrand standen, fuhr Glück langsamer statt schneller, und auf einmal stand der
Wagen. Das Tuten hörte auf, nur der Motor lief weiter.
»Bist du endlich da?«, sagte eine raue Stimme; »es hat lange gedauert!«
»Steig ein!«, erwiderte Glück kurz.
Christian und Großer-Tiger hörten, wie die Tür des Führerhauses geöffnet wurde, wie ein Mann einstieg, wie die Federung des
Polstersitzes krachte, und dann wurde
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