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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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sagte Kleiner-Schneevogel.
    »Der General Wu«, setzte ihm Großer-Tiger auseinander, »hat zu uns gesagt: ›Dies ist das erste Automobil, das durch die Wüste
     Gobi fährt.‹ Also sagst du zu Grünmantel, der General sende diesen Wagen nach Ti-Hua-Fu, damit der Gouverneur Yang den Vorteil
     der Schnelligkeit erkenne. Eine Karawane braucht neunzig Tage für die Reise, ein Automobil braucht nur zehn Tage oder weniger.
     So wird der Gouverneur viele Automobile kaufen, und der Handel mit der Küste geht dann viel schneller als mit Kamelkarawanen.
     Wu-Pei-Fu wünscht einen aufblühenden Handel zwischen den Provinzen. Verstehst du das?«
    »Ich verstehe alles«, sagte Kleiner-Schneevogel, »und Grünmantel wird es auch verstehen, denn er ist ein Handelsmann. Aber
     sage mir, was habt ihr damit zu tun?«
    »Wir?   … Nun, eben so   …, weiter nichts«, sagte Christian.
    »Du musst ihm erzählen«, erklärte Großer-Tiger, »dass wir mitgenommen wurden, weil der Vater von Kwi-Schan ein großer Arzt
     ist, der mehr kann als nur sagen: ›Streck die Zunge heraus.‹ Außerdem ist er ein wertgeschätzter Freund des Generals.«
    »Großen Dank. So ist es gut; ich werde mein Silberstück bekommen.«
    »Wird Grünmantel es dir geben?«
    »Er wird es mir nicht geben wollen, aber ich werde es trotzdem kriegen; mach dir deshalb keine Sorgen.«
    »Von mir kriegst du auch eins«, sagte Christian und langte in seine Hosentasche. Dort machte er heimlich die Rolle mit den
     fünfundzwanzig Silberstücken auf, und eines davon gab er Kleiner-Schneevogel.
    »Du verschwendest dein Herz«, sagte Kleiner-Schneevogel.
    »Zehntausendfachen Dank«, sagten seine beiden Brüder.
    Sie hatten solche Höflichkeiten noch vor wenigen Wochen nicht gekannt und erst in Kalgan beim Betteln gelernt. Kleiner-Schneevogel
     hatte noch etwas auf dem Herzen. Er sagte: »Wenn ihr nach Dschang-Be kommt, erkundigt euch bitte, wo unsere Eltern begraben
     sind, damit wir ihnen die schuldige Ehrfurcht erweisen. Bitte gebt uns durch eine Karawane Nachricht.«
    »Wir werden es nicht vergessen«, sagte Christian; und Großer-Tiger fragte: »Sind deine ehrenwerten Eltern wirklich abgeschieden?«
    »Es sind Leute gekommen«, gab Kleiner-Schneevogel zu, »die sagen, sie leben noch; aber ich glaube es nicht, denn ich habe
     ihren Todesschrei gehört, und ich habe unsere Hütte brennen sehen.«
    Tüt-tüt-tüt-tüt, machte Glück mit der Hupe, und es war sonderbar, wie schnell Grünmantel daraufhin zur Stelle war. Er musste
     ganz in der Nähe zu tun gehabt haben. Kleiner-Schneevogel ging ihm entgegen und sprach einige Worte, wobei er sich in geziemender
     Entfernung hielt.
    »Freches Stück!«, schrie Grünmantel, und es sah ganz so aus, als wolle er Kleiner-Schneevogel wieder schlagen. Er trat auch
     einen Schritt vor, aber Kleiner-Schneevogel wich rasch zurück. Da besann sich Grünmantel, griff in seinen Gürtel und warf
     ihm ein Geldstück zu, worauf Kleiner-Schneevogel eine ganze Weile redete und Grünmantel zuhörte. Er fragte auch einiges, und
     er hätte noch mehr gefragt, wenn Glück nicht in einem fort getutet hätte.
    Tüt-tüt-tüt-tüt! Tüt-tüt-tüt-tüt!
    »Du hast es mächtig eilig«, sagte Grünmantel, als er an den Wagenschlag trat. »Wir müssen zu guter Stunde auf dem Berg sein«,
     erwiderte Glück trocken.
    »Schon recht, aber so   …, ich meine, eine Minute oder zwei   …« Doch da setzte sich der Wagen in Bewegung, und Christian und Großer-Tiger, die auf ihren Plätzen saßen, winkten Kleiner-Schneevogel
     und seinen Brüdern. Die drei standen auf dem Platz in der Sonne, der jüngste trug die Schachtel mit den Nudelnunter dem Arm, und alle riefen: »Wir wünschen Bequemlichkeit und gute Reise!«
    Als der Wagen in die Hauptstraße einbog, verneigten sie sich wie wohlerzogene Knaben, und dann konnte man sie nicht mehr sehen.

Elftes Kapitel, von dem Wirtshaus »Zu den zwei silbernen Schüsselchen« und von dem Wirt, der ein Rotbart war
    Die Hauptstraße von Kalgan war breit, und es gab eine Menge Geschäftshäuser darin mit großen vergoldeten Aufschriften. Viele
     Leute waren unterwegs, und wenn nicht die Hälfte Soldaten gewesen wären, hätte kein Mensch gedacht, dass vor kaum acht Tagen
     in der gleichen Straße mit Maschinengewehren geschossen worden war. Jetzt saßen Kinder an der Straßenecke und spielten, der
     Scherenschleifer blies auf der langen Trompete, der Barbier schlug seine Stimmgabel, um unrasierte Männer aufmerksam zu

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