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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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sie ganz allein. Glück zog mit Ungemach der sinkendenSonne entgegen. Herr Ping war in die Jurte gegangen und sein gelber Hund wartete hinter einem Sandhügel.
    »Wenn ihr eines Tages den Uralten-Herrn seht«, sagte Naidang leise, »so sprecht zu ihm: ›Der Mongole Naidang vom Torgot-Stamm,
     den man den Bilderbogen nennt, grüßt mit dem Fußfall der Verehrung. Der Uralte-Herr möge seinem Boten den Umweg über den Alten-Märin
     sparen und die Silberbatzen lieber gleich dem Mongolen Naidang senden, der am Närin-Gol wohnt.‹ Habt ihr mich verstanden?«
    »Wir haben alles verstanden«, sagte Christian.
    »Wir werden Eure Worte bestellen«, sagte Großer-Tiger.
    »So lebt wohl, meine Kinder«, rief Naidang fröhlich.
    Er gab Christian den Strick in die Hand und streichelte dem Pudel das schwarze Fell. Noch lange stand er am Wegrand und schaute
     den Reitern und dem Pudel nach, bis sie kleiner und kleiner wurden, und die Sonne sank.
    Diesmal, dachte Naidang zufrieden, habe ich den alten Märin drangekriegt.

Vierzigstes Kapitel, wie in dem schönen Tal ›Namenlos‹ schreckliche Dinge geschahen
    Christian und Großer-Tiger kam es vor, als wären sie schon immer da gewesen.
    Man war schnell daheim in der Wüste, weil alle schwierigen Dinge fehlten. Es gab überhaupt nichts als harten Boden zum Darauftreten
     und den Himmel zum Anschauen. Am Himmel glänzten die Sterne, und weil der Mond gerade irgendwo anders schien und erst spät
     aufging, musste Glück achtgeben, damit er den Weg nicht verlor. Wieder einmal hatte er keinen anderen Wegweiser als den schmalen
     Trampelpfad der Kamele, an den er sich halten musste. Aber Glück war getrost. Er kannte diesen Weg aus Erzählungen anderer,
     als habe er ihn selbst begangen. Freilich die Seidenstraße im Süden kannte Glück besser; sie war auch bequemer, und fast jeden
     Tag begegneteman jemandem. Aber dort fuhr Grünmantel mit dem Lastwagen, und vielleicht war er jetzt schon in Hsing-Hsing-Hsia.
    Eigentlich könnte es mir gleich sein, dachte Glück, doch dann war ihm so, als ob es ihm nicht gleich sein dürfe, und er beschloss,
     zur Seidenstraße abzubiegen, sobald er die Grenze von Sinkiang erreicht hätte.
    Bei Möng-Schui etwa, dachte Glück, und dann wandte er sich an Ungemach, der hinter ihm ritt und das Päckchen mit dem Geld
     befühlte, ob es noch da sei. Es war noch da.
    »Kennst du den Ort Gewaltiges-Wasser?«, fragte Glück.
    Ungemach erschrak, aber er fasste sich schnell. »Noch nie«, log er tapfer, »hörte ich von diesem Ort.«
    »Wo soll das sein?«, erkundigte sich Großer-Tiger.
    »Gerade dort, wo Kansu aufhört, und wo Sinkiang anfängt«, erklärte Glück, »es ist eine alte Grenzfestung, und sie liegt mitten
     in der Wüste.«
    »Hat es«, fragte Christian besorgt, »mit dieser Festung etwas Besonderes auf sich?«
    »Das nicht gerade«, antwortete Glück, »sie ist verfallen, aber man kommt von Möng-Schui in zwei guten Tagesritten nach Hsing-Hsing-Hsia,
     und ich denke, wir sollten uns in diesem Ort ein wenig umtun.«
    »Das meinen wir auch«, sagten Großer-Tiger und Christian.
    Dann schwiegen sie, und weil es Nacht war und weil keiner eine Uhr hatte, fing die Zeit an langsamer zu gehen, und Christian
     dachte, es wäre nicht schlecht, Lager zu machen und ein Feuer zu haben, denn er fror. Einen Mantel zum Umhängen hatte er ja,
     aber das ging nicht, weil Großer-Tiger keinen hatte. So froren beide, die Sterne flimmerten, und die Füße in den Steigbügeln
     wurden kalt.
    Aber Christian sagte nichts, und Großer-Tiger schwieg auch.
    Eine Stunde verging und die nächste dazu, und Christian dachte, dass das Karawanenleben mühsam sei. Es schien ihm unmöglich,
     länger im Sattel zu bleiben, aber als er Großer-Tiger fragen wollte, ob es am Ende erlaubt sei, auch ein Stück zu gehen, oder
     ob Gehen gegen die allgemeine Vorschrift bei Karawanenverstoße, glitt Ungemach vom Kamel, nahm es am Strick und führte es hinter sich drein. Da sprangen Christian und Großer-Tiger
     wie auf Befehl aus dem Sattel, und der Pudel freute sich, dass er Gesellschaft bekam, besonders weil er noch immer am Strick
     gehen musste. »Ich fürchtete«, bekannte Großer-Tiger, »es sei vielleicht nicht ehrenwert, mit den Füßen zu gehen, wenn man
     eine Karawane ist.«
    »Ich dachte, man dürfe nur reiten«, sagte Christian.
    Ungemach verwunderte sich sehr und sagte: »Man befragt einen Wanderer nicht, wie er tausend Li zurückgelegt hat; wenn er nur
    

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