Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
Vom Netzwerk:
reitet.
    »So ein hoher Besuch«, seufzte Herr Ping, »ach, meine elende Hütte!«
    Er schnalzte dreimal mit der Zunge vor Bedauern und bat seine Gäste einzutreten.
    Christian und Großer-Tiger banden die Kamele an die Leine, und Ungemach half ihnen. Als sie in die Jurte traten, hatte Herr
     Ping Bohnennudeln zugestellt, Naidang saß auf dem Ehrenplatz und rauchte, und Glück, der merkte, dass Herr Ping über ihn im
     Unklaren war, ließ ihn dabei.
    »War der alte Märin bei dir?«, erkundigte sich Naidang, nachdem Herr Ping einen angewärmten Gerstenschnaps herumgereicht hatte.
    »Es bedrückt mein Herz schon lange«, bekannte Herr Ping, »dass ich seinen Besuch entbehre. Gibt es eine Sache, über die man
     reden muss?«
    »Nicht, dass ich wüsste«, erwiderte Naidang, »es kam mir so in den Sinn.«
    »Die sehr alte Exzellenz Märin«, bohrte Herr Ping vorsichtig, »ist in Geschäften etwas hart.«
    »Das bin ich auch«, sagte Naidang.
    Da gab Herr Ping weitere Nachforschungen auf. Augenscheinlich war ihm ein Geschäft entgangen und dazu kein kleines, denn der
     alte Märin befasste sich nicht mit Kochtöpfen und Garnspulen. Er handelte mit Pferden und Kamelen, und er machte die verzwickten
     Geldgeschäfte, bei denen man gewinnen und verlieren konnte. Aber Märin verlor nie, denn er nahm keine Papierscheine in Zahlung.
     Man konnte nur mit Silber oder Gold zu ihm kommen, und böse Zungen flüsterten, er sei der Bankier des Uralten-Herrn.
    Als die Bohnennudeln verzehrt waren, winkte Naidang Herrn Ping zu sich.
    »Ich brauche Verschiedenes«, sagte Naidang, »zuerst ein eisernes Kochgestell.«
    Herr Ping bemerkte wehmütig, dass der Preis für Eisen gewaltig gestiegen sei, und dann reichte er Naidang bekümmert die Hand.
     Die weiten und langen Ärmel fielen über die verschränkten Hände, und niemand sah mehr, was sie machten. Während sich die beiden
     ernst gegenübersaßen, blickte Naidang Herrn Ping wegen etwaiger Verlogenheit unerschütterlich in die Augen, und Herr Ping
     hielt Naidangs Blick fest, um das geringste Zeichen von Nachgiebigkeit für sich auszunützen.
    Leider spielten beide dieses Spiel schon viel zu lange, als dass sich einer hätte ertappen lassen. So blieb es bei dem stummen
     und sehr geheimen Handel der Finger, dem keiner zusehen konnte. Herr Ping drückte Naidangs Hand zweimal mit dem Daumen und
     einmal mit dem kleinen Finger. Das war natürlich unverschämt, aber Naidangs Gesicht veränderte sich nicht. Er teilte Herrn
     Ping durch einen einzigen Daumendruck sein Gegenangebot mit, und das war auch unverschämt.
    Herr Ping hatte nichts anderes erwartet. Deshalb verzog er schmerzlich den Mund, um seinem Kunden darzutun, wie sehr er ihn
     beleidige. Herr Ping tat auch so, als ob er Naidangs Handempört loslassen wolle, aber solche Finten zogen bei Naidang nicht, und Herrn Pings Hand kehrte reumütig zurück. Sie machte
     einen Versuch mit zwei Daumendrücken, obwohl Herr Ping damit zugab, dass er sich auf dem Rückzug befand. Er nahm sich aber
     vor, dieses Angebot mindestens einen Händedruck lang zu halten, bevor er es aufgab und dem zögernd entgegenkommenden Naidang
     von da an Zwanzig-Kupferstückweise nachgab. Als sie sich bei anderthalb Silberbatzen trafen, war der Handel abgeschlossen.
     Die Gegner ließen die Hände los, und ein Aufatmen ging durch das Zelt.
    »Ferner«, sagte Naidang, »brauche ich vierzig Pfund Mehl.«
    »Von welcher Sorte«, fragte Herr Ping lauernd.
    »Von der besten«, sagte Naidang patzig.
    Da merkte Herr Ping, dass Naidang das Mehl nicht für sich kaufen wollte, und Herr Ping wurde sehr fröhlich. Sofort ließ er
     die Kinnlade fallen, und schwere Kummerfalten bedeckten die Nasenwurzel.
    »O Bilderbogen«, seufzte er, »ich rate dir zu der zweiten Sorte. Sie ist blütenweiß wie die erste, und wenn sie auch ein wenig
     grauer sein sollte, was schadet das?«
    »Deine Hand«, sagte Naidang, »ich brauche die beste Sorte.«
    »Ich würde sie dir niemals empfohlen haben«, schwor Herr Ping, »du weißt, ich will dein Bestes.«
    Naidang verschluckte zwei unfreundliche Worte, aber als er Herrn Pings Hand ergriff, und als die Ärmel darüberfielen, kniff
     er ihn zur Begrüßung in den Handballen. Herr Ping blieb sehr freundschaftlich. Er wusste, dass Naidang weder vor ihm noch
     vor seinen Gästen das Gesicht verlieren durfte, nachdem er so unvorsichtig gewesen war, die beste Sorte zu verlangen.
    »Weil du es durchaus so haben willst«, wimmerte Herr Ping, zuckte

Weitere Kostenlose Bücher