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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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sagte Großer-Tiger.
    »Nirgends ist eine Schwierigkeit des Begreifens«, sagte Ungemach, und er trieb sein Kamel wieder an. Sie ritten nebeneinander
     her, und man sah die Hufspuren von zwei Pferden, wenn Glücks Kamel sie nicht gerade breittrat. Eine der beiden Pferdespuren
     war kräftiger als die andere.
    »Das ist der Hengst«, sagte Christian.
    »Hier ritten Mondschein und Donnerkeil«, bestätigte Ungemach leise, »aber bevor sie nach Norden abzweigten, trafen sie auf
     der Karawanenstraße mit Herrn Ma zusammen und mitdem andern, der die Karawane begleitet. Vielleicht war da auch noch ein zweiter Rotbart dabei oder ein dritter. Dort«, sagte
     Ungemach, »wo die vielen Pferdespuren waren, sprachen sie miteinander, und sie sind nicht einmal abgestiegen, denn es gab
     keine Fußstapfen. Nachher bogen Donnerkeil und Mondschein nach Norden ab, die Karawane zog weiter, und der Kerl, der seinen
     Namen nicht nannte, wartete auf uns.«
    »Wir bekennen«, sagte Großer-Tiger, »dass wir unachtsam waren.«
    »Von jetzt an«, versprach Christian, »werden wir unsere Denkkräfte besser anstrengen.«
    »Darf ich mich erdreisten, zu fragen, was ihr über diese Sache denkt«, erkundigte sich Ungemach. »Ich meine nur, weil wir
     zusammen in einem Boot sitzen und weil der Wind zu blasen beginnt.«
    »Du meinst«, sagte Großer-Tiger, »was die Herren miteinander sprachen und warum Donnerkeil und Mondschein die Karawanenstraße
     verließen?«
    »Eben diese Sache ist es«, sagte Ungemach bekümmert, »was die Menschen anlangt, sind die klugen wenig, und die dummen sind
     viel.«
    »Einer allein kann es nicht«, räumte Großer-Tiger bescheiden ein. »Ich denke, dass Mondschein und Donnerkeil gar nicht auf
     der Karawanenstraße reiten wollten. Als sie aber die frischen Kamelspuren sahen, ritten sie ihnen nach, um zu erfahren, wen
     sie vor sich hätten.«
    »Ich wusste es ja«, rief Ungemach, »dass du das Verborgene errätst.«
    »Nachher«, sagte Christian, »als sie mit Ma gesprochen hatten, ritten sie nach Norden, damit sie den Platz erreichen, wo Gontschuk
     mit frischen Pferden auf sie wartet. Du weißt doch«, erinnerte Christian, »vier sind zu wenig und zu viel.«
    »Das ist es ja eben«, seufzte Ungemach, »diese Ja- und Neinsagerei gefällt mir nicht.«
    »Sie ist weiter nicht schlimm«, tröstete Großer-Tiger, »aber warum müssen wir den beiden jetzt nachreiten?«
    »Weil Mondschein nicht will«, sagte Christian, »dass wir mitHerrn Mas Karawane zusammen reisen. Mondschein hat was Besonderes mit uns vor.«
    »Wahrscheinlich ein Unglück von der besten Sorte«, sagte Ungemach, »ach, wir sind bedauerliche vier Stück Menschen.«
    »Das Bewusstsein der Gefahr bringt Heil«, behauptete Großer-Tiger, und er blinzelte Christian zu. Da sagte Christian auch
     zwei stärkende Worte, aber Ungemach war von alledem nicht zu überzeugen.
    »Erhabenes Gelingen« und »Fördernde Beharrlichkeit« waren für ihn bloß Worte, die an seinem Ohr vorbeirauschten. Er blickte
     trübselig auf den schwarzen Pudel, der mit hängenden Ohren nebenher lief, und nur weil Ungemach Großer-Tiger und Christian
     nicht kränken wollte, erwähnte er nichts von gewissen Unglückshunden, die die beste Sache der Welt zu einem schlechten Ende
     brächten.
    Der Vormittag verging. Ein Wind hatte sich aufgemacht, und am Himmel flogen weiße Wölkchen in großer Hast von Westen nach
     Osten. Glück hatte Mühe, die Spur nicht zu verlieren, aber es war nicht wegen des Windes. Es war, weil der Boden schon anfangs
     hart gewesen war, und jetzt wurde er steinig. Man kam in die Ausläufer der Berge, die das Frühlicht blau und verschwommen
     gezeigt hatte. Zwischen den Hügelzügen lagen braune ausgetrocknete Seebecken, die ein Gewitterregen vor Jahren einmal gefüllt
     haben mochte. Sie waren von Rissen durchzogen, und solange die Spur der Reiter darüber führte, sah man die harten Hufe des
     Hengstes und die weicheren des Grauschimmels deutlich eingeprägt. Nachher verloren sie sich in einer Steinhalde, und Glück
     suchte vergeblich. Plötzlich hielt er an.
    »Es gibt keine Hilfe«, sagte Glück laut.
    »Hier ist die Hufspur«, rief Christian, und er zeigte mit dem Daschior auf ein Fleckchen Erde zwischen den Steinen.
    »Kulane«, sagte Glück verächtlich.
    »Wo es Wildesel gibt«, erklärte Ungemach, »ist die Welt zu Ende. Und die Hoffnung natürlich auch.«
    Christian betrachtete die Spuren. Die Hufeindrücke waren kleiner, und es gab bei

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