Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
Vom Netzwerk:
grinste vergnügt und zeigte auf die Hügel im Westen und Osten, wo es eingesunkene Schützengräben und vorgetriebene Sappen
     gab, in der die chinesische Belagerungsarmee gelegen hatte.
    »Sehr dummes Volk das«, sagte Donnerkeil zufrieden, und er begann zu erzählen, wie die Chinesen das leere Torwächterhaus stürmten,
     es aber bald wieder aufgeben mussten, als sie von oben Feuer erhielten.
    Mondschein unterbrach ihn und hieß Christian und Großer-Tiger nach unten blicken. Man sah in senkrechtem Fall über die Turmwand
     und die Lössfelsen mitten auf den Platz, wo die drei Zelte standen. Aus der Jurte, in der Christian und Großer-Tiger geschlafen
     hatten, traten die beiden Männer mit den roten Seidenhüten, und sie trugen die Sättel unter dem Arm und die neugefüllten prallen
     Reisesäcke.
    »Es wird Zeit«, sagte Mondschein ernst.
    Als Erster stieg er die Leiter hinunter, als Zweiter folgte Donnerkeil, denn selbst auf dem Turm galt der Brauch, und erst
     dann kletterten Christian und Großer-Tiger zum Wachraum hinunter und nachher auf den finsteren Zwischenboden.
    Über der viereckigen Luke erschien der Kopf des Wachpostens. »Sä Jabonah!«, rief er ihnen nach.
    Am Fuß der Leiter erwartete sie der Pudel und erhob ein Freudengebell. Es hallte von allen Wänden wider, und der Lärm war
     so groß, dass selbst der Pudel erschrocken verstummte. Eilends stürmte er die Treppe hinunter und in den Zwischenhof, wo die
     Sonne schien, und wo Bellen wenig ausmachte.
    Während Christian und Großer-Tiger in die Stiefel schlüpften, sagte Mondschein: »Ich muss euch Schmerz bereiten; der Hund
     muss hierbleiben und auf Glück warten.«
    Darauf waren Großer-Tiger und Christian nicht vorbereitet. Sie gingen stumm und mit schweren Stiefeln, eins, zwei – eins,
     zweidie Treppe hinunter. Als sie ins Licht traten, blieben sie einen Augenblick stehen.
    »Wir sind geblendet«, sagte Christian und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen.
    »Er ist kein gewöhnlicher Hund«, sagte Großer-Tiger unglücklich.
    »Auch ungewöhnliche Hunde«, setzte Mondschein auseinander, »bellen, wenn sie still sein sollen. Das müsst ihr begreifen.«
    »Wir begreifen es schwer«, sagte Christian und streichelte dem Pudel die Locken.
    »Er wird es gut haben«, versicherte Mondschein.
    »Ich ganz besonders achtgeben auf schwarzes Stück Hund«, erklärte Donnerkeil. Großer-Tiger wollte auch was sagen, aber dann
     sagte er doch nichts, denn was wäre anderes dabei herausgekommen als: »Es gibt keine Hilfe«. So gingen sie schweigend hintereinander
     durch den Torweg, über das Plateau und dann die Rampe hinunter zum Innenhof, wo die drei Zelte standen.
    Hier verabschiedete sich Donnerkeil. Er ging zum Sattelplatz, und Mondschein nahm Christian und Großer-Tiger an die Hand.
     Die Wachen vor Dampignaks Zelt senkten die Säbel zum Gruß, sie öffneten die Türflügel, und der Uralte-Herr kam ihnen entgegen.
     Er war kein Mönch mehr. Er hatte das rote Lamagewand abgelegt und lächelte, als er die erstaunten Gesichter von Großer-Tiger
     und Christian sah. Auch Mondschein musste sich fassen.
    »Nehmt Platz«, bat Dampignak.
    Aber Christian und Großer-Tiger weigerten sich. Sie sagten: »Nach Euch«, und »Wie dürften wir es wagen?«, und Dampignak hörte
     ernsthaft zu.
    »Meine Kinder«, sagte er, »ihr seid die ersten Gäste der Burg, die ohne jeden Arg zu mir kommen. Es ist mein Wunsch, euch
     zu ehren.«
    Christian und Großer-Tiger wussten sich nicht mehr zu helfen. Sie knieten und sie riefen: »Wir sind unwürdige Knaben, vergebt
     unsern Ungehorsam.«
    Aber Dampignak hob sie auf, und dann saßen sie auf zwei weißen Pantherfellen, und da es nun einmal so war, ließen sie esauch geschehen, dass der Uralte-Herr das Knie vor ihnen bog. Er sagte: »Mein Freund Mondschein, der mich auf allen Wegen begleitet,
     hat sich erbeten, euch mongolische Gewänder schenken zu dürfen. So bleibt mir wenig. Nehmt es als ein geringes Zeichen meiner
     Zuneigung.«
    Während er das sagte, legte ihm Mondschein zwei hauchdünne Haddaks über die Hände und darauf zwei silbergefasste Dolche mit
     silbernem Kettengehenk. »Wir wagen es nicht«, sagte Christian, »habt zehntausendfachen Dank.«
    »Ihr verschwendet Euer Herz«, sagte Großer-Tiger, »Ihr seid wie die Sonne am Mittag.«
    Sie dankten mit einem Fußfall der Verehrung und reichten die Haddaks, die sie von Mondschein gekriegt hatten, als Gegengabe
     zurück.
    »Ihr Männer«, rief Mondschein,

Weitere Kostenlose Bücher