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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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hineingehörte, floss nicht weiter. Großer-Tiger und Christian konnten
     gerade noch ein Stück von ihm wahrnehmen; dann war die Sicht verdeckt.
    »Alles kann man nicht sehen«, sagte Christian, »vielleicht steht der Wagen auf unserer Talseite.«
    »Mag sein«, sagte Großer-Tiger und beugte sich weit vor. »Es nützt nichts«, fuhr er fort, »auf unserer Seite gibt es auch
     Felsen.«
    »Wir müssen aufpassen, was sie treiben«, sagte Christian, dem nichts Besseres einfiel.
    Die Männer saßen beim Essen: Grünmantel, der kleine dicke Geschäftsführer aus Hsing-Hsing-Hsia und Schlangenfrühling. Das
     Feuer rauchte, ein Kessel stand darauf, und wie es schien, wurde nicht viel gesprochen. Die Männer bewegten sich kaum. Sie
     schienen aber keine Angst vor Fallende-Wand zu haben, denn sie hatten das Feuer in der Nähe der größten Höhle gemacht, gleich
     unter dem überhängenden Fels und neben demgewaltigen Schutthügel, aus dem viele kantige Steinblöcke ragten. Plötzlich stieß Großer-Tiger Christian in die Rippen. »Schau
     dorthin«, sagte er aufgeregt.
    »Vielleicht ist es Kasim«, sagte Christian.
    »Und dort ist wieder einer und dort auch.«
    Sie hatten erst jetzt die Soldaten Kao-Schengs bemerkt, die auf den Hügeln nahe bei dem Talausgang postiert waren, klein wie
     Punkte, weil man von den meisten nur die Köpfe sah.
    »Grünmantel ist eingekreist«, sagte Großer-Tiger, »da gibt es keine Hilfe.«
    Eine Weile lang sagte er nichts mehr, aber seine Augen suchten überall, ob sie was fänden.
    »Wo sind die Pferde?«, fragte er schließlich.
    »Kao-Scheng hat sie versteckt«, belehrte ihn Christian, »sonst wäre es kein guter Plan.«
    »Ach so«, sagte Großer-Tiger.
    Auf der Sandbank war man mit dem Essen fertig geworden. Grünmantel, den Christian und Großer-Tiger trotz der Entfernung gut
     erkannten, stand auf und ging in die Höhle. Er kam aber bald wieder und sprach mit Schlangenfrühling. Offenbar gab er ihm
     etwas, denn Schlangenfrühling machte einen Dankeskotau.
    »Jetzt sagt er ›Zehntausendfachen Dank‹«, bemerkte Großer-Tiger.
    »Wofür?«, fragte Christian.
    »Das müssen wir herauskriegen«, erwiderte Großer-Tiger, dem die Sache anfing, Spaß zu machen.
    »Aber wenn man ihn vorher totschießt?«, warf Christian zaghaft ein.
    »Dann eben nachher«, sagte Großer-Tiger sachlich.
    Christian seufzte, aber Großer-Tiger hatte sich vorgenommen, über das Ende des Unternehmens nicht mehr nachzudenken. »Wir
     haben uns auf das Meer gewagt«, setzte er Christian auseinander, »und wer das tut, darf nicht betrübt sein, wenn des Himmels
     Befehl schrecklich lautet.«
    Im Tal hatte sich Schlangenfrühling vom Kotau erhoben. Er grüßte den Geschäftsführer mit einer lässigen Verbeugung, unddann ging er zu dem Esel. Der Esel aber wollte nicht zu Schlangenfrühling. Er knabberte an den Derreswurzeln, er raufte an
     den trockenen Halmen, und wenn Schlangenfrühling sich näherte, hob er den Schwanz und lief weg. Ein paarmal streckte er sogar
     Schlangenfrühling das Hinterteil entgegen und schlug mit beiden Beinen kräftig aus. Der kleine Geschäftsführer saß neben dem
     Feuer. Er sah zu, wie Schlangenfrühling dem Esel nachrannte und klatschte sich vor Vergnügen auf den Bauch, bis er eine kräftige
     Maulschelle von Grünmantel kriegte. Da war der Spaß vorbei.
    »Die Herren sind nicht ganz einig«, bemerkte Christian.
    »Man kann nicht mit seinem Oberen streiten«, sagte Großer-Tiger, »siehst du, wie der Dicke läuft?«
    Der Geschäftsführer war aufgesprungen und lief flink wie ein Wiesel dem Esel entgegen, hinter dem der täppische Schlangenfrühling
     her war. Der Esel schlug, und Schlangenfrühling fiel nach hinten um, obwohl er, und das sah man von oben genau, überhaupt
     nicht getroffen werden konnte. Dazu war er zu weit von dem Esel weg.
    »So ein Feigling«, sagte Christian.
    Inzwischen war der Geschäftsführer zum Zug gekommen.
    Es war unglaublich, wie behänd er das Ohr des Esels fasste und ihn daran zum Feuer führte. Schlangenfrühling humpelte hinterdrein.
    »Hat er doch was abgekriegt?«, fragte Christian verwundert.
    »Er tut nur so«, sagte Großer-Tiger, »damit Grünmantel sehen soll, wie groß das Unrecht ist, das ihm der Esel und der Geschäftsführer
     antun.«
    Schlangenfrühling spielte seine Rolle unentwegt weiter. Er ließ sich auf den Boden fallen und rieb das Bein, als ob da was
     verletzt oder geschwollen wäre. Grünmantel stand neben ihm. Als der

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