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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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war.
    »Ich werde mich morgen früh aufmachen und die Kinder holen«, sagte Vater Ma. »Alles ist gut. Die Felder sind umgegraben, und
     wir haben Hirse genug bis zum Frühjahr. Die Hütte ist zwar verbrannt, aber das tut nichts; Kleiner-Schneevogel wird mir helfen,
     neue Lehmziegel zu machen.«
    Er war nun ruhig geworden und erzählte, was in Dschang-Be geschehen war:
    »Als die Soldaten des Generals Wu-Pei-Fu näher rückten, schickten wir die Kinder in die Stadt, bevor die Tore geschlossen
     wurden, denn wir hatten Angst um sie. Ich blieb in der Hütte, und meine Frau blieb bei mir, und die fremden Soldaten sagten:
     ›Vater Ma, gib uns zu essen, es geschieht dir nichts.‹ Ich gab ihnen zu essen, und sie sahen, dass wir arm waren, und sie
     begnügten sich.
    Am zweiten Tag ging ein Offizier vor das Tor mit einer weißen Fahne. Da ließen die von drinnen einen Korb über die Stadtmauer,
     und der Offizier setzte sich in den Korb, und sie zogen ihn hinauf. Er kam aber bald wieder, weil die Soldaten Tschang-Tzo-Lins
     die Stadt nicht übergeben wollten. Der Offizier rief uns, die wir vor dem Tor wohnten, zusammen und sprach: ›Ihr müsst jetzt
     fortziehen, denn es ist leider Krieg, und wir müssen eure Hütten verbrennen, damit die in der Stadt sehen, es sei Ernst. So
     harte Sünder kann man nur mit echtem Feuer weichkochen.‹ Er erlaubte uns aber, mitzunehmen, so viel wir tragen konnten, und
     als es Nacht war, mussten wir bereit sein.
    Wir durften kein Wort sprechen. Vier Soldaten zu Pferd begleiteten uns, und wir gaben das Leben verloren. Die Soldaten lachten
     über unsere Angst, aber sie führten uns querfeldein, und wir zitterten noch mehr. Bald darauf sahen wir die Flammen aus unseren
     Hütten schlagen, und wir hörten ein schreckliches Geschrei vor dem Tor wie von einem großen Morden. Die fremden Soldaten taten,
     als ob sie uns umbrächten. Einigeschrien wie Frauen, andere röchelten, und wieder andere riefen: ›Schlagt sie tot!‹ Dabei rannten sie hin und her, und das
     Feuer beschien sie. Da kriegten die Verteidiger von Dschang-Be eine große Furcht, und am andern Morgen öffneten sie die Tore.
    Uns führten die Reiter Wu-Pei-Fus weit fort in ein verlassenes Tal, und erst nach zehn Tagen durften wir zurückkehren, weil
     der Offizier es so befohlen hatte. Wir fanden unsere Kinder nicht mehr, und wir weinten um sie.«
    »Und Eure Söhne weinten um Euch«, sagte Großer-Tiger.
    »Aber, aber«, sagte der Torwächter, »jetzt ist doch alles gut.«
    Sie standen in dem dunkeln Torweg, und als keiner mehr etwas sagte, wollte Vater Ma von neuem zu einem Dankeskotau auf die
     Knie fallen, und Großer-Tiger hatte Mühe, ihn daran zu hindern. Da flammten plötzlich zwei Lichter auf, und es wurde taghell.
     Glück hatte die Scheinwerfer eingeschaltet, der Motor brummte, und die Hupe plärrte.
    »Rettet euch!«, rief der alte Wächter, »diese brüllenden Reisewagen töten mehr Menschen, als sie leben lassen!«
    Er rannte in sein Hüttchen, und Großer-Tiger und Christian gingen mit Vater Ma vor das Tor, und Christian sagte: »Wir gehen
     jetzt, und wir bitten, unsern älteren Bruder Kleiner-Schneevogel zu grüßen.«
    »Das Herz«, sagte Großer-Tiger, »möchte die Entfernung überschreiten; leider ist sie zu groß.«
    Vater Ma konnte nicht sprechen. Er verneigte sich tief, damit man seine Tränen nicht sah, und er verharrte in dieser Stellung,
     bis Großer-Tiger und Christian auf den Wagen geklettert waren und »Wiedersehen! Wiedersehen!«, riefen.
    Da kam er eilig gelaufen, als habe er etwas vergessen. Er hob sich auf die Zehenspitzen und sagte leise: »Nehmt euch vor Grünmantel
     in Acht!«
    »Keine Sorge!«, rief Christian.
    »Ehrfurchtsvollen Dank für die Warnung«, sagte Großer-Tiger. Glück drückte auf den Gashebel und fuhr davon. Die Flügel des
     Stadttors von Dschang-Be schlossen sich, und Vater Ma blieb im Dunkel zurück.

Vierzehntes Kapitel, in dem es Nacht ist und man darum nicht alles sehen kann, was vor sich geht
    Es war rasch und völlig Nacht geworden. Der Viertelmond leuchtete, so gut er vermochte, und die Sterne strahlten. Einen so
     hellen Sternhimmel hatten Großer-Tiger und Christian noch nie gesehen. »Es sind viel mehr als in Peking«, sagte Christian.
     »Wir wollen den Nordstern suchen«, schlug Großer-Tiger vor; »mein Lehrer sagt, dass er an seiner Stelle bleibt, und alle Sterne
     umkreisen ihn.«
    Christian war gleich dabei. »Da müssen wir aufstehen«, sagte er, »der

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