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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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Lama-Priesters.
    »Ich meinte ja nur«, entschuldigte sich Hagelkorn, »es gibt zum Beispiel Leute   …«
    »Schweig!«, sagte der Lama. Er wandte sich ab, gab seinem Begleiter ein Zeichen, und beide entfernten sich nach der Küche.
     Hagelkorn schaute ihnen nach, und als die Schritte verklungen waren, zuckte er geringschätzig mit den Achseln und näherte
     sich dem Karren. Offenbar wollte er etwas Verbotenes tun, denn er blickte noch einmal verstohlen in die Runde, ob ihn auch
     keiner beobachte. Dann machte er einen Schritt vorwärts, und dann noch einen; und als er den dritten machen wollte, um den
     neugierigen Kopf in das Häuschen zu strecken, flog ihm ein schwarzes rundes Ding ins Gesicht. Obgleich es weich war undnicht wehtat, erschrak er fürchterlich und ließ sich mit einem Schrei zu Boden fallen.
    Im selben Augenblick gab es ein Gerumpel, und zwei dunkle Gestalten kamen aus dem Karren. Großer-Tiger und Christian waren
     in Eile; darum konnten sie auf den zwischen den Deichseln liegenden Hagelkorn nicht besonders achtgeben. Einer trat ihm auf
     die Brust, der andere ins Gesicht, und Hagelkorn, dem so eine Behandlung noch nicht vorgekommen war, hielt sich für verloren.
     Er schloss die Augen, wurde bleich und blieb liegen.
    Auf den Schrei Hagelkorns hatte sich die Tür gegenüber geöffnet, und der junge Mongolenprinz trat aus der Kammer. Aus der
     Küche kamen Leute gelaufen, und einer fragte den andern: »Was gibt’s? Was ist los?« Weil es aber noch völlig Nacht war, bemerkte
     niemand den halb unter dem Karren liegenden Hagelkorn, und alle schwatzten durcheinander.
    »Wir wissen es nicht«, sagten die Leute aus der Küche.
    »Wir sehen keinen«, sagte der Prinz.
    »Aber es hat wer geschrien«, entschied der Lama, der keine Widerrede duldete.
    Jetzt kam der Kamelmann mit dem Windlicht, und hinter ihm drein marschierte Bator.
    »Hier liegt der, der geschrien hat!«, rief er.
    »Es ist Hagelkorn«, sagte der Kamelmann und schwenkte das Windlicht. »Hierher, ihr Männer!«
    »Steh auf!«, befahl der Mongolenprinz; »fehlt dir etwas?«
    »Ich bin tot«, sagte Hagelkorn sanft.
    »Daran habe ich auch schon gedacht«, sagte der Kamelmann.
    »Du irrst«, versicherte der Prinz, »du hast die Welt noch nicht verlassen.«
    »Zu neun Zehnteln bin ich gestorben«, behauptete Hagelkorn hartnäckig und ächzte.
    Der mitleidige Kamelmann kniete neben ihm nieder. »Du musst«, riet er ihm, »deine Glieder der Reihe nach probieren. Wenn du
     alle bewegen kannst, ist es nicht schlimm.«
    »Es gibt keine Hilfe«, wimmerte der Wirt vom Fröhlichen Gedeihen.
    Trotzdem versuchte er sich aufzurichten. Als er merkte, dass es ging, zog er die Beine an; und als das auch ging, stand er
     auf.
    »Ich lebe«, sagte er erleichtert; »aber es war fürchterlich.«
    »Was war fürchterlich?«, fragte der Prinz.
    »Der neunschwänzige Fuchs«, berichtete Hagelkorn, »war da. Er fuhr auf mich los, als ich zwischen den Deichseln des Wagens
     stand und die Sterne zählte. Er warf mir einen entsetzlichen Stein an den Kopf, davon bin ich ohnmächtig geworden, und dann
     bin ich umgefallen wie ein Stück Sack. Darauf stampfte mir der Fuchs ins Gesicht, und da bin ich gestorben bis jetzt. Ich
     sage zehntausendfachen Dank für große Hilfe und Lebensrettung.«
    »Hier ist der Stein!«, rief Bator und hob das Kissen auf, das neben Hagelkorn im Schnee gelegen hatte.
    Alle lachten; aber Bator bereute sein vorschnelles Wort, denn der Belin-Prinz gebot Ruhe und sagte: »Es ist wer im Wagen Seiner
     Heiligkeit gewesen.«
    Bator erschrak; er konnte sich denken, wer das gewesen war, und die Leute aus der Küche sagten: »Man muss schauen, wo der
     Kerl steckt.«
    »Man muss ihn sofort suchen«, befahl der Lama streng.
    »Nein«, sagte Bator, und er trat dem Kamelmann wie aus Versehen geschwind auf den Fuß, »man muss ihn nicht suchen. Ich bin
     es gewesen.«
    »Du?«, fragte der Kamelmann verwundert. Aber da trat ihm Bator noch einmal auf den Fuß, und der Kamelmann schwieg.
    »Du?«, fragte der Prinz, und dabei blickte er auf Bator und dann wieder auf Hagelkorn; und als er beide angeschaut hatte,
     musste er lachen. »Du bist also der neunschwänzige Fuchs, der andern Leuten ins Gesicht stampft?«
    »Ich stampfte aus Versehen«, sagte Bator kleinlaut, »und ich bitte um Nachsicht, weil es so dunkel war.«
    »Dafür gibt es keine Nachsicht«, rief der Lama, »es ist gegen den Anstand, wenn man in den Wagen des Gegen steigt. Man muss
     dem

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