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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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nur Balken und Riegel
     vor das Tor, er hat auch ein Schloss mit einem Schlüssel,den er stets bei sich trägt, weil er ängstlich ist. Darum ging ich in die Ecke zu den Kamelen, wo es dunkel ist, und setzte
     mich dem auf den Rücken, das dicht an der Mauer lag. Meine Stiefel hatte ich stehen lassen, wo sie standen, weil sie zum Klettern
     nicht taugen. Das Kamel wollte nicht aufstehen, und ich musste ihm mit den bloßen Füßen ordentlich auf den Bauch trommeln.
     Da schrie es und stand auf. Ich wartete ein Weilchen, ob einer kommt und ein Geschrei machen will, aber es kam keiner. Da
     stand ich flink auf den Rücken des Kamels, griff mit den Händen nach der Hofmauer, und als ich den oberen Rand fassen konnte,
     zog ich mich hinauf. Vorher hatte ich ein Seil an einem Ballen festgemacht und mit mir genommen. Das Seil warf ich auf die
     andere Seite und sprang ihm nach. Dann lief ich heim, und Vater Dogolon sagte: ›Du kommst spät.‹
    Ich rieb mir die Füße warm und berichtete derweil, was ich wusste. Mein Vater sagte: ›Hamma-guä!‹, und dann weckte er die
     Mutter. Als sie alles erfahren hatte, fragte sie: ›Was gedenkst du zu tun, Dogolon?‹
    ›Ich werde die Kamele zum Feuersee treiben‹, erwiderte er.
    ›Das wirst du bleiben lassen‹, sagte die Mutter, ›es hat geschneit, und man sieht die Spuren. Mit dem Wagen, der von selber
     geht, holt dich Grünmantel ein, bevor du an den See kommst.‹
    Vater Dogolon schwieg, denn er erkannte, dass meine Mutter besser überlegte als er. Schließlich sagte er: ›Es gibt keine Hilfe.‹
    Darauf hatte Mutter gewartet. Sie lächelte still vor sich hin, und da wurden Dogolon und ich zu einer Hälfte froh. Sie sagte:
     ›Es ist keine wirkliche Befürchtung vorhanden‹; und da wurden wir ganz froh. ›Wir werden alles nach deinem Gutdünken verrichten‹,
     versicherte Dogolon.
    ›Dann ist es gut‹, sagte Mutter. ›Du wirst sogleich die Jurte abbrechen und einpacken.‹ Dogolon erschrak heftig, und ich erschrak
     noch mehr, aber wir ließen uns nichts anmerken.
    ›Bolna, es wird geschehen‹, sagte Dogolon.
    ›Bator‹, fuhr meine Mutter fort, ›wird die Kamele satteln, und ich werde zu den Schensi-Leuten hinter den Hügel gehen und
     ihnen die Schafe gegen Mehl verkaufen. Es wird ein schlechterTausch sein, aber wir können die Schafe nicht mitnehmen, weil wir zum Edsin-Gol ziehen.‹
    ›Bolna‹, sagte Dogolon, ›es wird geschehen.‹
    ›Wenn alles fertig gepackt ist‹, setzte uns Mutter auseinander, ›werden wir mit dem Aufladen warten, bis die Leute des Gegen
     aufbrechen. Wir werden um die Erlaubnis bitten, ein Stück Wegs mit ihnen zu ziehen. So verwischen sich unsere Spuren mit den
     ihren, und Grünmantel wird nicht herauskriegen, wo wir sind. Er würde es auch nicht wagen, etwas von uns zu fordern, solange
     wir in der Gesellschaft des heiligen Mannes reisen. Es gefällt mir schon lange nicht mehr am Weißen-Stein, und so wollen wir
     weit fort, bis dahin, wo das Land frei ist, und wo es keinen Amban gibt, der ungerechte Urteile spricht. Am Edsin-Gol lebt
     Großvater Naidang, und er wird uns willkommen heißen. Er hat das Ohr des Torgot-Wang, und wir werden bessere Weideplätze für
     die Kamele haben als hier.‹
    Von diesen Worten war mein Vater überwältigt. Er kniete vor meiner Mutter nieder und sagte: ›Es ist alles zum Besten gediehen,
     und der Himmel weiß, was er tut.‹
    Dann gingen wir an die Arbeit, und wir packten und verschnürten unsere Habe, und wir teilten sie in gleichschwere Lasten.
     Wir arbeiteten bis zur Stunde des Tigers. Da waren wir fertig, und ich sagte: ›Jetzt muss ich gehen und meinen Freunden zwei
     Worte sagen. Sie warten auf mich.‹
    ›Geh‹, sagte meine Mutter, ›und wenn der heilige Mann in den Reisewagen steigt, so wirf dich vor ihm aufs Knie, bitte ihn
     um seinen Segen und um die Gnade, dass wir eine Zeitlang mit ihm ziehen dürfen.‹
    ›Ich werde tun, wie du sagst‹, erwiderte ich und ging fort. Dann bin ich an dem Seil über die Mauer geklettert, aber es war
     sehr kalt.«
    »Hast du jetzt warm?«, fragte Christian.
    »Es ist alles zum Besten gediehen«, sagte Bator.

Sechzehntes Kapitel, von dem Ring der seinen Herrn sucht
    Die Geschichte Bators hatte Christian und Großer-Tiger betrübt gemacht. Jeder hätte gern etwas gesagt, worüber Bator sich
     gefreut hätte, aber keiner wusste, was. Sie hatten noch nie von den Tschachar-Mongolen gehört, die durch die chinesischen
     Einwanderer von ihren

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