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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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war er die ganze Zeit vergnügt.Und er hat gesagt: ›Schlagt euch die Bäuche voll‹, weil er dachte, jetzt kann ihm nichts mehr geschehen, und Glück kann ihm
     nichts tun, wenn er Streit mit ihm kriegt.«
    »Es gibt keine Hilfe«, sagte Christian, »du hast recht.«
    Er schaute beklommen auf Großer-Tiger; aber Großer-Tiger schwieg, und wenn er etwas gesagt hätte, wäre es doch nichts anderes
     gewesen als: Es gibt keine Hilfe. Allein, das hatte Christian bereits gesagt.
    Der Motor surrte gleichmäßig. Manchmal schlugen die Kannen aneinander und sagten: Wir sind aus Blech. Die Sonne stieg höher,
     und der Himmel stand blau über den sanften Wogen der Steppe.
    Plötzlich fuhr der Wagen langsamer, und Christian hörte, wie Glück das Fenster öffnete und »Hier!«, rief. Großer-Tiger, der
     eingeschlafen war, wurde munter, und da sahen beide die Räderspuren eines Karrens, die nach Süden abzweigten, und daneben
     gab es viele Fußstapfen von Kamelen und einige Abdrücke von Pferdehufen.
    »Da gehen meine zweihundert Silberbatzen«, sagte Glück.
    »Weiter!«, rief Grünmantel ärgerlich, »fahr weiter, es ist nichts zu machen.«
    Glück schlug das Fenster zu und gab Gas.
    »Jetzt streiten sie wieder«, sagte Christian.
    Allein Großer-Tiger war zu keiner Unterhaltung aufgelegt. Er zog den Mantel aus und kroch in den Schlafsack. Christian machte
     es ihm nach, und es dauerte nur wenige Augenblicke, da schliefen beide fest. Eine Stunde verging, und noch eine, und Glück
     fuhr noch immer an der Telegrafenlinie entlang nach Norden. Die letzte chinesische Ansiedlung mit wenigen elenden Lehmhütten
     verschwand in einem Tal hinter steil abfallenden Lösshalden. Grünmantel hatte gewollt, Glück solle halten, weil es ihm schlecht
     sei. Er müsse, sagte er, einen Schnaps trinken, solange es noch einen gebe. Aber Glück sagte, es sei ihm womöglich noch schlechter,
     weil er keinen Vorschuss gekriegt habe. Da schwieg Grünmantel, und Glück fuhr an den Hütten vorbei und hupte wild drauflos.
     Einige zerlumpte Kinder rannten schreiend davon, die Erwachsenen standen unter denTüren mit offenem Mund, und die beiden Hunde der Siedlung sträubten die Haare und bellten aus sicherer Entfernung.
    Wieder verging eine Stunde, da gab es keine Täler mehr. Es gab nur die flache Steppe mit den gelben Gräsern vom Vorjahr. Der
     Schnee schmolz unter der steigenden Sonne, und in der Luft schwebte ein Adlerpaar. Glück wurde fröhlich trotz Grünmantel,
     der verdrossen neben ihm saß und den schönen Gottesmorgen nicht bemerkte. Als die ersten Mongolenjurten auftauchten, konnte
     Glück sich nicht versagen, laut zu tuten; es zeigte sich aber niemand. Die Jurten waren weit weg, und die beiden Pferde, die
     angekoppelt neben den Zelten standen, wandten die Köpfe und schlugen mit den Schweifen. Da sah Glück, dass man sich aus einem
     Auto hierzuland nichts machte, und er fuhr weiter. Auf dem Zähler konnte man ablesen, dass der Wagen beinah hundertfünfzig
     Kilometer seit »Fröhlichem Gedeihen« zurückgelegt hatte. Das waren dreihundert chinesische Li, und Glück bekam eine große
     Hochachtung vor sich selber. Als ein niedriger Höhenzug im Westen auftauchte, begann er jede Erhebung zu beachten, bis er
     auf einem Ausläufer einen kunstvoll geschichteten Steinhaufen bemerkte. Da bog er von der Telegrafenlinie ab und fuhr in die
     offene Steppe hinein.
    »Warum fährst du nicht bis Amün-Ossu?«, fragte Grünmantel, »dort geht der Karrenweg.«
    »Ich bin keine Karawane«, antwortete Glück hochfahrend, »ich bin ein Auto!«
    »Du solltest dich trotzdem an sichere Wege halten.«
    »Ich halte mich an das, was ich weiß«, entgegnete Glück und deutete auf den Hügel, wo der Steinhaufen war. »Siehst du das
     Obo?«
    »Ich sehe das Obo, aber ich kenne es nicht.«
    »Du musst noch viel lernen«, belehrte ihn Glück; das Beste ist, du hältst den Mund, denn ich muss jetzt geradezu nach Westen
     fahren. Das ist keine leichte Sache.«

Zwanzigstes Kapitel, vom Herrn Mondschein mit dem Säbelhieb
    Christian und Großer-Tiger schliefen fest. Sie merkten nicht einmal, dass der Wagen hielt und dass ihnen die Sonne ins Gesicht
     schien. Erst als Glück »Heda!«, rief und »Auf, ihr faulen Schlingel!«, wachte Christian auf.
    »Was wünscht der befehlende Herr Glück?«, fragte Großer-Tiger und rieb sich die Augen.
    »Ich wünsche allerlei. Vielleicht wünschen die jungen Fürsten auch etwas?«
    »Die jungen Fürsten«, rief Christian,

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