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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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Grünmantel vernehmen, »gehören Mongolen, und die Mongolen sind gekommen, weil in dem Kloster
     ein Fest ist. Ich kenne das.«
    »Du kennst das nicht«, sagte Glück, »oder nicht gut. Wenn es ein Fest im Kloster gäbe, wären die Zelte prächtiger, und es
     wären auch ein paar Jurten dabei. Jetzt ist nicht die richtige Zeit für ein Klosterfest.«
    »Freilich, freilich«, knurrte Grünmantel nachgiebig, »du kennst dich ja aus. Also sprich! Was gibt es da drüben? Du bist so
     ein alter   …, ich meine, hast du einen guten Gedanken?«
    »Ich denke«, sagte Glück, »es gibt morgen eine ganz gewöhnliche Wolfsjagd.«
    »Bolna!«, rief Christian erfreut.
    Glück wandte sich erstaunt nach ihm um. »Ich höre dich mongolisch reden. Sprichst du diese Sprache?«
    »Wir wollen sie lernen«, erklärte Großer-Tiger, »aber sie ist nicht leicht.«
    »Ich mache ein Buch darüber«, sagte Christian, »es stehen schon viele schwierige Wörter darin, zum Beispiel ›Hotog‹.«
    Glück musste lachen. »Was gibt es noch für schwierige Wörter in deinem Buch außer Hotog?«, fragte er.
    »Eines heißt ›Wang‹, und ein Wang ist ein König.«
    »Sehr gut«, lobte Glück; »nehmt jetzt die beiden Wassereimer, und wenn ihr bei den Zelten einem Wang begegnet, dann ist es
     der Baron-Sunit-Wang. Ihr müsst ihm einen Fußfall der Verehrung machen, aber nachher könnt ihr mit ihm reden wie mit mir.«
    »Wir werden daran denken«, sagte Großer-Tiger.
    Er holte die Wassereimer, während Christian geschwind auf den Wagen kletterte und das Heft aus der Ledermappe nahm. Damit
     ging er zu Glück und bat ihn, ihm die Wörter zu erklären.
    »›Baron‹«, sagte Glück, »heißt westlich; ›Sunit‹ ist der Name des Stammes; Baron-Sunit-Wang heißt also: ›der Westliche Sunit-König‹.«
    Christian schrieb die Worte sauber in das Heft, steckte es ein und sagte: »Wir gehen jetzt zum Westlichen Sunit-König und
     holen Wasser.«
    »Nehmt einen tüchtigen Prügel mit«, warnte Glück, »vielleicht gibt es dort Hunde, und die mongolischen Hunde sind beinah so
     gefährlich wie Wölfe.«
    »Wir haben keinen Prügel, befehlender Herr.«
    Glück ging ins Führerhaus, kramte eine Weile unter dem Sitz und kam mit einem Bambusprügel wieder, an dem ein Lederriemen
     hing.
    »Nehmt dieses Ding«, sagte er, »es ist ein Reitstock.«
    »Aha«, sagte Christian, »ein Daschior.«
    »Ich bleibe vor Bewunderung stumm«, rief Glück; »du weißt sehr viele Wörter.«
    »Keine Erwähnung deswegen«, tat Christian bescheiden, und dann ging er mit Großer-Tiger dem Kloster und den Zelten entgegen.
    Unterwegs besprachen sie wieder wichtige Dinge.
    »Wie kommt es«, fragte Christian leise   …
    »Eben dieses wollte ich dich fragen«, flüsterte Großer Tiger; und dann sprachen sie über Glück, der anscheinend mongolisch
     konnte, es aber bisher verschwiegen hatte.
    »Er hat mit Mondschein nur chinesisch gesprochen«, sagte Christian, »ich habe aufgepasst.«
    »Das tat er«, setzte ihm Großer-Tiger auseinander und blieb einen Augenblick stehen, »weil er nicht genau wusste, ob Mondschein
     wirklich Mondschein war, und weil er dachte, dass auch Pfötchen nicht sicher wisse, ob Glück wirklich Glück sei oder ein anderer.
     Das alles ist schwer zu sagen; aber man begreift es leicht, weil sich beide misstrauen und Angst voreinander haben.«
    »Mondschein hat keine Angst«, rief Christian, »er sieht nicht so aus.«
    »Dann ist es eben Glück«, sagte Großer-Tiger.
    »Er sieht auch nicht so aus«, sagte Christian.
    Die Anhöhe senkte sich, und je mehr es dem Tal zuging, umso weniger gab es Gräser. Schließlich wurde der Boden glatt wie eine
     Tenne, und man sah die zwei Brunnen, von denen Glück gesprochen hatte, als dunkle, kreisrunde Punkte. Nicht weit davon hatten
     die Mongolen ihre Zelte an der Berglehne errichtet.Vor den weißen Klostergebäuden standen die Pferde in langen Reihen. Sie waren mit dem Zaumzeug an Stricke gebunden, die nach
     der Art von Wäscheleinen über Pfähle liefen.
    Das letzte Licht wich der Dunkelheit. Die Sterne traten nacheinander an ihre Plätze, und der Mond war auch da, als Christian
     und Großer-Tiger bei dem Brunnen anlangten.
    Es war wie in Wang’ne-Hotog. Neben dem ersten Brunnen lag ein ausgehöhlter Baumstamm, in den ein Mongole Wasser schöpfte.
     Vom Berghang kamen zwei andere Männer mit einer Anzahl Pferden zur Tränke. Der Brunnen daneben blieb frei, und Christian ließ
     an einer Kette, die dalag, den

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