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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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er noch kein Essen hat.«
    »O weh!«, rief Christian.
    »Bäh«, schrien die Ziegen.
    »Es gibt keine Hilfe«, sagte Glück, »gebt die Wasserkübel her! Ich werde sie tragen. Was habt ihr denn in euren Taschen?«
    »Wir haben jeder ein Geschenk gekriegt«, sagte Großer-Tiger.
    »Das macht«, erklärte Christian, »weil wir mit dem Sunit-Wang und mit seinem alten Vetter, dem Herzog, befreundet sind.«
    »Was seid ihr?«, fragte Glück verwundert.
    »Zuerst waren wir es nicht«, gab Großer-Tiger zu, »aber jetzt sind wir es.« Er zeigte die Silberschale, und Christian ließ
     die seine auch sehen. Glück konnte vor Staunen nur »Aber so was« und »Es ist kaum zu glauben« sagen. Der Mongolenjunge stand
     voller Ehrfurcht stumm daneben. »Das ist alles sehr wunderbar«, meinte Glück; »aber jetzt trage ich die Wasserkübel in unser
     Lager. Ihr begleitet diesen Burschen, der nebendran in der Jurte wohnt. Helft ihm die Ziegen zum Kloster treiben, denn morgen
     früh wird hier der Wolf gejagt, und da müssen sie in Sicherheit sein. Macht schnell, es gibt Nudeln!«
    Christian und Großer-Tiger sagten: »Wir hören und gehorchen.« Dann gingen sie rechts und links neben den Ziegen her. Der Mongolenjunge
     ging in der Mitte, trieb die Herde an und rief »Hütt!« und »Hott!« Sonst gab es leider keine Unterhaltung. Im Kloster brannte
     nirgends ein Licht, doch der Mongolenjunge kannte sich aus. Gleich neben dem ersten Häuschen, das nur ein Fenster und eine
     Tür hatte, war eine Mauer, die einen geräumigen Hof umschloss. Dahinein wurden die Ziegen getrieben. Als sie alle in dem Hof
     waren, sagte der Junge: »Bolna«, und schloss das Tor. Auf dem Heimweg begegneten sie dem Mongolen, der sie zum Zelt des Sunit-Königs
     geführt hatte. Er hielt sechs gesattelte Pferde am Zügel und grüßte freundlich, als Christian und Großer-Tiger vorübergingen.
     Der Junge wollte mit ihm sprechen, aber der Mann zuckte die Achseln und gab keine Antwort. Er sagte nur »Jabonah«. Das musste
     ein bedeutsames Wort sein, denn der Junge wiederholte es unterwegs mehrmals still für sich, als ob darin Glück und Fröhlichkeit
     in einem wären.
    Trotzdem kam kein rechtes Gespräch in Gang.
    Christian kannte zwar viele mongolische Worte, aber es waren noch lange nicht hundert. Ich muss Glück fragen, dachte er, was
     »Jabonah« heißt, wahrscheinlich ist es ein Zauberwort.
    Als sie auf dem Hügel anlangten, wo der Wagen stand, war es dunkel und still. Es gab keinen Glück und keinen Grünmantel;es gab kein Feuerchen, keinen Kochtopf und also auch nichts zu essen. Christian und Großer-Tiger schauten betrübt umher, doch
     der Mongolenjunge lachte.
    »Ene ju beino?«, fragte Christian.
    »Girr«, sagte der Junge vergnügt, »Tsogar girr dörent sotjena.«
    Da wurden Christian und Großer-Tiger wieder fröhlich.
    »Girr«, hatte ihnen Bator erklärt, war eine Jurte, und man brauchte nur hineinzugehen und kriegte was zu essen, wenn es so
     war, wie der alte Vetter gesagt hatte.
    Der Mongolenjunge winkte, und Christian und Großer-Tiger folgten ihm. Die Jurte sah in der Dunkelheit wie ein gewaltiger Maulwurfshügel
     aus, auf den der Mond schien. Als sie davor standen, bückte sich der Junge und hob den Teppich vom Eingang. Christian legte
     den Daschior geschwind beiseite.
    »Orr! Orr!«, rief von drinnen eine tiefe Männerstimme.
    Das bedeutet »Herein«, dachte Christian, und Großer-Tiger dachte das gleiche. Trotzdem er nicht groß war, musste er sich bücken,
     denn der hölzerne Rahmen, der die Tür vorstellte, war niedrig.
    »Nicht stolpern!«, rief ihnen Glück entgegen, »sonst ist es ein schlechtes Zeichen.«
    Großer-Tiger und Christian hoben folgsam die Füße, und dann standen sie in dem runden Filzzelt.
    In der Mitte brannte ein Feuer in dem gleichen Eisengestell wie beim Sunit-Wang. Rundherum war die Erde festgestampft. Dann
     kamen glattgeschliffene Knüppel, die zu einem Viereck gefügt am Boden lagen und den Feuerplatz nach den vier Himmelsrichtungen
     abgrenzten. Alles Übrige war mit Teppichen belegt, und unter den Teppichen lagen weiche Filzdecken; das merkte man sofort.
     Es war eine angenehme Wohnung.
    Dem Eingang gegenüber saß der Mongole, der »Orr! Orr!«, gerufen hatte. Links auf den Ehrenplätzen saßen Glück und Grünmantel,
     und die Sitze auf der rechten Seite des Hausherrn waren für Christian und Großer-Tiger aufgehoben. Sie verneigten sich, und
     sie wollten sagen: Wie befindet sich der früher

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