Großstadtvampire (German Edition)
Spurensicherung waren gerade dabei Johannes' Rucksack zu sichern und den Raum nach weiteren Indizien zu untersuchen. Sven und Björn standen etwas abseits und wurden gesondert befragt. Ein Polizist, der mit seinem Dreitagebart etwas schmuddelig wirkte, stand vor den Beiden und machte sich Notizen.
Lohmann kam angelaufen und fragte den Polizisten etwas abgehetzt. "Und?"
Der Polizist blickte verstimmt von seinem Block auf. "Sehen Sie nicht, dass ich zu tun habe? Außerdem haben Sie hier nichts verloren. Verlassen Sie sofort den Raum." Lohmann wühlte in seiner Anzugtasche, bis er endlich seinen Dienstausweis gefunden hatte und hielt ihn dem Beamten unter die Nase.
"Habt ihr ihn?"
Der Polizist ließ sich nicht beeindrucken. "Wie wär's erst einmal mit 'nem 'Guten Abend'?"
Lohmann überlegte einen Moment, ob er diesen Polizisten mit der Attitüde eines Berliner Taxifahrers anscheissen sollte, entschied sich aber dagegen. "Guten Abend. Habt ihr ihn?"
"Nö", kam als knappe Antwort, "Der ist weg."
"Verdammt", entfuhr es Lohmann. Es wäre auch zu schön gewesen.
"Aber wir haben seine Adresse", fügte der Polizist an, nicht ohne seinen Triumph über den aus dem Nichts kommenden Kollegen in Zivil raushängen zu lassen.
Johannes irrte eine belebte Straße hinunter. Der Abend war angebrochen und so fühlte er sich einigermaßen sicher. Die Menschen neigten in der Dunkelheit dazu, zügig durch die Straßen zu gehen und Augenkontakt mit anderen Passanten zu vermeiden. Er hatte sich seines weißen Kittels entledigt und hielt sich dicht an den Häuserwänden. Gelegentlich blickte er sich um, um sicher zu gehen, dass er nicht verfolgt wurde.
Er versuchte seine Situation zu überdenken. Wo konnte er hin? Wo war es noch sicher? Eigentlich blieb ihm nur noch die Flucht. Wenn sein Bild schon in der Zeitung war, dann wusste Arno mittlerweile Bescheid und was viel schlimmer war, die Gemeinschaft auch. Das bedeutete, dass Arno nicht mehr frei agieren und ihm außerhalb der Regeln helfen konnte. Doch wohin sollte er fliehen? Zurück nach Polding aufs väterliche Schloss?
Seine Eltern riefen ihn zwar regelmäßig an und versuchten ihn zu überzeugen, in den Hotelbetrieb einzusteigen, den der Vater in weiser Voraussicht schon Ende des 19. Jahrhunderts eingerichtet hatte. Die Nutzung des Familienanwesens als Hotel garantierte den Bestand des Schlosses. Es erregte auch keinen Verdacht, dass seine Eltern immer nur nach Einbruch der Dunkelheit erschienen, um sich um ihre Gäste zu kümmern. Tagsüber war dies die Aufgabe der Angestellten aus dem Dorf, die heilfroh über die seltenen Arbeitsplätze waren und keine Fragen über den exzentrischen Lebensstil seiner Eltern stellten. Aber eigentlich wollte er nicht zurück. Er war schließlich nicht in die Welt hinausgezogen um im ersten Moment, wo es brannte, Schutz am heimischen Herd zu suchen. Das käme ihm wie Scheitern auf der ganzen Linie vor.
Ein Polizeiauto bog um die Ecke und Johannes wechselte sicherheitshalber die Straßenseite.
Vielleicht sollte er mit Igor nach Rumänien gehen, überlegte er. Aber auch Igor war sicherlich nicht ohne Grund nach Berlin gekommen. Wahrscheinlich hatte auch er der heimatlichen Langweile entkommen wollen. Da würde Johannes ihn sicher nicht davon überzeugen können, sofort dorthin zurück zu kehren. Aber wieso sollte er Igor auf seiner Flucht mitnehmen? Es war viel leichter alleine unterzutauchen.
Außerdem war da noch Caroline. Um sie musste er sich auch noch kümmern. Das war seine Pflicht. Nicht nur das. Er erinnerte sich daran, wie verwirrt er gewesen war, als seine ältere Schwester ihn zum Vampir gemacht hatte. Da diese sich auch noch in typisch geschwisterlicher Gleichgültigkeit übte, waren seine ersten Tage schrecklich gewesen. Die Unwissenheit über seinen neuen körperlichen Zustand, das Erschrecken vor seinen Bedürfnissen und das Unwissen über die Gefahren und Möglichkeiten seines neuen Daseins hatten ihn gelähmt. Er erinnerte sich daran, dass er die ersten Tage nur Angst gehabt hatte und es niemanden gab, an den er sich hätte wenden können. Er musste für Caroline da sein. Er musste ihr auch erklären, weshalb er ihr das angetan hatte. Er hatte im Alleingang über ihr Leben entschieden und das hätte er nicht tun dürfen. Er konnte nur hoffen, dass sie ihn vielleicht doch verstehen und ihm verzeihen würde. Aber dafür musste er sie erst mal finden und ihr alles erklären.
Er bog in eine kleine Seitenstraße. Zuerst
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