Großstadtvampire (German Edition)
musste er in seine Wohnung und ein paar Sachen holen, vor allem Geld und Blut für die nächsten Tage. Außerdem musste er Igor warnen, bevor die Polizei vor der Tür stand. Hoffentlich kam er nicht zu spät.
Johannes ging zügig die Straße entlang. Es war nicht mehr weit bis zu seiner Wohnung. Aber irgendwas stimmte nicht. So schien es zumindest. Er wusste nur nicht was. Ein mulmiges Gefühl machte sich langsam in ihm breit, wie es immer geschah, wenn Gefahr drohte. Abrupt drehte er sich um. Doch da war nichts. Die Straße war leer. Misstrauisch beäugte Johannes die enge Straße mit ihren Schatten. Ihm war so gewesen, als würde er verfolgt werden. Oder wurde er schon paranoid? Langsam drehte er sich wieder um und setzte seinen Weg fort. Doch er hielt die Ohren gespitzt. Nur zur Sicherheit, entschuldigte er sich vor sich selber.
Vielleicht könnte er ja zu seiner Schwester. Sie lebte in London, wo sie an einem Nachtclub beteiligt und so in den letzten Jahren zu einer schillernden Figur des Nachtlebens aufgestiegen war. Sie hatte ihn schon des Öfteren eingeladen, aber irgendwie hatte es nie geklappt.
Erneut drehte er sich abrupt um. Da war doch was! Das bildete er sich doch nicht nur ein! Doch die Straße war nach wie vor leer und keine Menschenseele zu sehen. Das kann doch nicht sein, schüttelte er seinen Kopf, er konnte schwören, er hätte was gehört. Es hatte keinen Sinn, er musste weiter. Johannes setzte seinen Weg fort. Er war noch keine zehn Schritte gegangen, da hörte er ganz deutlich ein hastendes Geräusch hinter sich. Sofort drehte er sich wieder um. Niemand war hinter ihm oder befand sich auf der Straße. Doch bevor er Zeit hatte, sich darüber zu wundern, wurde er von oben ergriffen und in die Luft gezerrt. Die Seitenstraße blieb friedlich und verlassen zurück.
Heute wollte er es endlich schaffen. Wolli hatte es sich ganz fest vorgenommen. Heute würde er sich nicht abwimmeln lassen. Er hatte gehört, dass es eine besonders große Veranstaltung war und die wollte er nicht missen. Da gab es nur ein Problem. Missmutig beobachtete er aus sicherem Abstand den Eingang des Creature's Club , kurz CC genannt, der aus einer unscheinbaren Tür zu einem kleinen Schuppen auf einem leeren Grundstück bestand.
Vor dem zweiten Weltkrieg war auf diesem Gelände im Stadtteil Mitte, unweit des Hackeschen Marktes, das imposante Haupthaus einer Kolonialwarenhandlung gestanden. Der damalige jüdische Eigentümer hatte im Keller einen imposanten Verkaufsraum gestalten lassen, der einem morgenländischen Basar nachempfunden war. Die Haupthalle mit ihren Galerien und üppigen Auslagen war damals legendär gewesen und hatte die Einkäufer in Scharen angezogen. Doch die Nazis drangsalierten den jüdischen Besitzer und schließlich musste die Familie das Haus 1937 weit unter Wert verkaufen. Dem von den braunen Machthabern favorisierte Käufer fehlten allerdings die Handelsbeziehungen ins Ausland, so dass das Kolonialwarenhaus vor sich hin darbte, bis der Ausbruch des Krieges und die damit einhergehende Rationalisierung der Lebensmittel zur Schließung des Hauses führte. Während eines amerikanischen Luftangriffs wurde das Gebäude durch eine Phosphorbombe getroffen und brannte vollständig aus. Zur selben Zeit war die Eigentümerfamilie schon längst in den Gaskammern von Auschwitz ausgelöscht worden. Als das Gelände nach dem Krieg geräumt wurde, hatte man die unversehrten Hallen des Kellers zugemauert und über die Jahre schlicht vergessen. So überstanden die unterirdischen Hallen die DDR unversehrt, während in der Nachbarschaft ein Plattenbau nach dem anderen hochgezogen wurde. Anfang der Neunziger hatte Arno Wind davon bekommen, dass zwei neugierige Jugendliche zufällig den Eingang zu den Hallen freigelegt und die Kellerräume wiederentdeckt hatten. Er besetzte das Gelände einfach und da niemand Anspruch auf das Grundstück erhob, schloss er später mit der Stadt Berlin einen Pachtvertrag ab und konnte die Räume von nun an für seine eigenen Zwecke verwenden. Offiziell suchte Arno nach Investoren für ein hochkarätiges Wohnhaus mit Ladenzeilen für Designerläden und Galerien, inoffiziell betrieb er aber einen Privatclub, nämlich das CC . Dieser Club stand in keinem der zahlreichen Führer zum Berliner Nachtleben und auch nicht in den gut informierten Stadtmagazinen. Er hatte auch nicht regelmäßig geöffnet, die Mitglieder wurden über Handy, Email oder Telefon informiert und am Türsteher kam
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