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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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wurden bereits nach dem Aufbrechen gekühlt und die Temperatur des Mostes, der durch diese Leitungen floss, nach dem Pressen weiter abgesenkt. Martin betrachtete die Leitungen mit Skepsis, sein Dolmetscher stand genau darunter, er hätte sich nicht gewundert, wenn Teubner sich plötzlich an den Kopf gegriffen hätte. Hier wurde weniger mit Kapital und moderner Technik als mit Überzeugung und Engagement gearbeitet. Hier wurde improvisiert und gestückelt, geflickt, repariert – und diskutiert. Es war eine lebendige Kellerei, und sie bot den kleinen Produzenten eine Perspektive.
    »Wir haben erst einmal die Weinbauern mit einem Stück Land davon überzeugen müssen, dass wir eine Chance haben«, erinnerte sich der Kellermeister. »Das war schwer. Die Großkellereien greifen nach jedem Hektar, den sie kriegen können. Wo sie das Geld herhaben, ist mir schleierhaft. Ein Anteil bei uns kostet zweihundert Euro, fünf darf man höchstens besitzen, das hält sich in Grenzen, das ist bezahlbar. Aber tausendfünfhundert Hektar wie der Senator? Unserefünfzig Mitglieder halten zusammen nur hundertzwanzig Hektar.«
    »Und wie heißt der Senator?«, fragte Martin.
    Der Kellermeister blickte Teubner an, als ob der es wüsste. Teubner machte, wenn er übersetzte, ein unbeteiligtes Gesicht, zeigte keine Regung.
    »Wir nennen ihn den Senator, aber ich glaube, sein Name tut nichts zur Sache«, fuhr der Kellermeister fort, und Teubner übersetzte simultan. »Er will alles kaufen, aber niemand von uns verkaufte. Ja, dann haben sie behauptet, dass wir unmöglich Erfolg haben könnten, danach versuchten sie es mit dem Argument, dass alles, was man gemeinsam macht, zum Scheitern verurteilt ist – sozusagen als ideologisches Erbe des Kommunismus. Sie erklärten sich bereit, die Weingärten auf ihre Kosten zu bewirtschaften, und boten als Pacht dafür zwanzig Prozent des Ertrags. Wer will das kontrollieren? Und für einen Liter Wein zahlen sie dreißig Cent, wir zahlen vierzig!
    Der Kellermeister ging zum Tisch und holte ein Glas, Martin nahm seines von der Waage, das von Teubner stand auf einem Sockel unter dem Tank. Ein kleiner Hahn wurde geöffnet und die Gläser zwei Finger breit mit einem Fetească Regală gefüllt. Martin empfand den Wein aus der Weißen Mädchentraube als blumig, da war ein wenig Zitrusaroma, aber nur im Duft und weniger in der Säure, die er als zu weich empfand, da war kein Biss, nicht das saftig Frische, das ein solcher Wein haben sollte und was er schätzte.
    Die Tanks waren nicht beschriftet, aber der Kellermeister kannte den Inhalt: Die nächste Rebsorte hieß Galbenă Odobeşti. Auch dieser Wein zeigte, was Martin als regionales Problem empfand. Er hatte zu wenig Säure, zu wenig Aroma. Das wäre ein Wein gewesen, den man vielleicht im Barrique hätte ausbauen und ein halbes Jahr lang auf der Hefe lassen können, es wäre auf einen Versuch angekommen. Aber dafür war kein Geld da.
    »Wir haben Bodenanalysen gemacht«, erklärte der Kellermeister, »gleich 2001, wegen fehlender Nährstoffe. Ab 1989 war kein Geld mehr da, um Dünger zu kaufen. Und wir mussten sehen, was dem Boden fehlte.«
    »Da hättet ihr auf ökologischen Weinbau umstellen können.«
    »Nein, gespritzt wurde immer, ohne geht es nicht, dazu ist es zu feucht.«
    Martin war neugierig auf die Rotweine, aber der Kellermeister ließ ihn zappeln. Vor dem Merlot, den Martin selbst pflanzte, war ein italienischer Riesling an der Reihe, der ähnliche Schwächen – so sah es Martin – wie die bisher probierten Weine aufwies. Aber dann kam ein Pinot Grigio, ein Grauburgunder, der eindeutig besser als die meisten Italiener war und durchaus mit den besten Qualitäten aus dem Markgräfler Land mithalten konnte. Auch der erste Jahrgang eines Muskat-Ottonel, gelesen 2003, stark und mit leichtem Rosenduft, gefiel ihm gut.
    Der Merlot war eindeutig zu dünn. Das Aroma war nicht rebsortentypisch, was an den hiesigen Klonen liegen mochte. Aber vom Geschmack her war er für einen Jungwein recht passabel, nur haperte es an der Farbe.
    »Das erreicht man nur mit Thermovinifikation«, meinte der Kellermeister.
    Oder ihr verlängert die Standzeiten auf der Maische, dachte Martin und behielt es für sich. Er war nicht zum Kritisieren hergekommen.
    »Diese Weine sind nicht für den internationalen Markt gemacht, sondern für uns«, sagte Teubner, als sie an die Oberfläche zurückkehrten, »wir trinken das gern. Wir lieben die Süße. Ein Riesling wie in Deutschland

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