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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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wird bei uns als sauer erachtet. Die Böden, die Sie im Vorbeifahren gesehen haben, sind schwarz und schwer, viel Humus. Andere gibt es nicht.«
    Doch, die gibt es, dachte Martin und erinnerte sich an den Duft des Zodiac. Der war auf anderem Boden gewachsen.
    Kaum hatten sie den Lagerraum betreten, wo Frauen an einem großen Tisch von Hand Zwei- und Dreiliterflaschen mit Etiketten beklebten, stürzte ein Mann mit einem Redeschwall auf den Kellermeister zu.
    »Da hören Sie, wie es bei uns zugeht«, sagte Teubner.
    »Ich verstehe kein Wort . . .«
    »Entschuldigen Sie, ich vergaß. Manchmal ist man so drin in einer Sache, dass man . . .« Er sah dem Kellermeister nach, der dem Besucher folgte und im Bürocontainer verschwand.
    »Haben Sie die Paletten mit den Flaschen im Hof gesehen, in Folie eingeschweißt?« Er zeigte aus dem Fenster und fuhr fort, ohne Martins Antwort abzuwarten. »Die Gesundheitsbehörde verlangt, dass die Flaschen aus sanitären Gründen in geschlossenen Räumen untergebracht werden. Kann man ja verstehen, nur müssten sie erst bauen. Und sie haben kein Geld. Und jetzt soll hier dichtgemacht werden. Das ist eine der administrativen Methoden, die Kooperative in die Knie zu zwingen. Eine Schikane nach der anderen, der Kellermeister hat es mir vorhin erzählt. Bei den Großkellereien sind die Kontrolleure blind, weil ihnen Geldscheine auf die Augen geklebt werden. Und wenn sie nicht parieren – ein Anruf beim Behördenchef   –, dann ist der Job weg. So geht das, sie fliegen raus. Die politischen Parteien wollen die Erzeugergemeinschaft an sich binden, wie früher bei den Kommunisten so was wie Politoffiziere einschleusen und dann die Kontrolle übernehmen. Eine andere Schweinerei war die Besteuerung der Hilfen aus Deutschland. Maschinen, die sie erhalten haben, wurden geschätzt, und sie mussten fünfundzwanzig Prozent auf ihren Wert an Steuern zahlen, genauso wie bei den Subventionen. Das heißt, dass der Staat ein Viertel davon eingesteckt hat. Es ist verständlich, dass die Leute Angst haben, sich einzusetzen. Wozu ein Risiko eingehen, wenn man nie weiß, was auf einen zukommt.«
    »Und die Justiz?«, fragte Martin.
    »Ein Witz . . .«
     
    Zur Begehung der Weingärten waren sie wegen des Regens nicht gekommen. In nachdenklichem Schweigen fuhren Martin und Teubner zurück. Auf dieser Strecke hatte Martin bereits auf dem Hinweg mit den wirklichen Straßenverhältnissen Rumäniens Bekanntschaft gemacht, aber da war er in Eile gewesen und hatte nur ans Fahren gedacht. Erst jetzt bemerkte er, dass sich sogar Simions Geländewagen in den riesigen Löchern die Achsen brechen konnte. An einigen Stellen kurvte Martin in Schlangenlinien um die Gruben und Bombentrichter herum. Diese Krater waren nur mit den Mitteln des Europäischen Strukturfonds zu füllen.
    »Wie lange würdet ihr ohne Hilfe aus Brüssel brauchen, das Land auf einen einigermaßen erträglichen oder mit dem übrigen Europa vergleichbaren Stand zu bringen?«, fragte Martin, ohne Teubner provozieren zu wollen.
    Der Dolmetscher verstand ihn richtig. »Aus eigener Kraft? Nie! Wir würden immer weiter zurückbleiben, auch gegenüber den anderen ehemaligen sozialistischen Ländern. Eure alte DDR ist ein Paradies dagegen. Wir hören manchmal von den Schwierigkeiten zwischen Ossis und Wessis. Wir wären froh, wenn wir Wessis hätten, wir haben was Ähnliches, an die vier Millionen Rumänen, die sich im Ausland schinden und Geld schicken. Da kommen jährlich einige Milliarden zusammen. Viele hier verhungern nur deshalb nicht, weil ihre Verwandten Geld schicken. So ist das.«
    »Wollen Sie einen Vorschuss auf Ihr Honorar?«
    »Könnte ich gebrauchen.«
    »Weshalb sagen Sie das nicht?«
    »Wir sind es nicht gewohnt zu fordern.«
    »Das sollten Sie sich angewöhnen.«
    Martin hielt am Park von Odobeşti vor dem Geldautomaten der Transsilvanischen Bank. Irgendwie fand er den Namen absurd, es klang nach »Draculas Geldinstitut«, zu dem Blutsauger hätte es gut gepasst, und er erinnerte sich wieder daran, dass Sofia ihm niemals die Geschichte von Dracula,dem Pfähler, würde erzählen können. Martin tätigte mehrere Abbuchungen von dem eigens für diesen Auftrag von Coulange im Auftrag der SISA eingerichteten Konto, bis die Eurosumme in Lei zusammen war. Das Bündel Plastikscheine übergab er Teubner.
    »Die Quittung bekommen Sie im Hotel«, sagte er.
    Freute sich Teubner darüber oder bildete Martin sich das nur ein? Ihm war es peinlich, wie er

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