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Grrrimm (German Edition)

Grrrimm (German Edition)

Titel: Grrrimm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Duve
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sitzen auf den Ästen, baumeln mit den Beinen und flüstern sich gegenseitig etwas ins Ohr. Ich drehe mich noch einmal um. Der rechtschaffene junge Mann wendet sich gerade ab. POLIZEI steht auf dem Rücken seiner Lederjacke. Wie ich gesagt habe, er wagt es nicht, mir zu folgen.
    Die Tannenzweige schlagen hinter mir zusammen. Tückische Baumwurzeln schlingen sich um meine Füße, Brombeerranken zerren an meinem Kleid und greifen nach meinen Haaren. Immer tiefer dringe ich in den Wald, die goldene Kugel fest an mich gepresst. Hinter einem Vorhang welker Schlingpflanzen verbirgt sich mein Lieblingsplatz: ein brauner See, der wie ein Auge inmitten von Moosen und Farnen ruht. Große goldene Karpfen ziehen still ihre Runden. Und tief unten auf dem Grund, in unauslotbarer Tiefe, schläft der Seedrache auf seinem Bett aus Schlick und Algen und zuckt im Traum mit den hässlichen Pfoten.
    Jetzt, da ich endlich allein bin, setze ich mich auf einen Baumstamm und versuche, die Kugel zu öffnen, wie mein Vater es getan hat. Plötzlich raschelt es im Farn, und jemand setzt sich neben mich. Es ist ein Frosch, ein wahres Prachtexemplar von einem Frosch, leuchtend hellgrün, und vor allem ist er unglaublich groß – groß wie ein Schäferhund. Ich rücke etwas zur Seite und drehe weiter an der Kugel. In diesem Wald wimmelt es von verwunschenem Getier. Wenn ich mich da jedes Mal erschrecken wollte, hätte ich viel zu tun.
    Der Frosch streckt eine Schwimmhand aus und sieht mich vorwurfsvoll an. Er hat schöne, geheimnisvolle Bernsteinaugen.
    »Weg da, du fieser Glitscher«, sage ich, und er springt mit einem klagenden Quaken in den See. Das Wasser spritzt mir ins Gesicht, ich reiße abwehrend die Hände hoch, und da rollt mir die Kugel aus dem Schoß und rollt in den See hinein. Das Ufer fällt steil ab. Die goldene Kugel versinkt augenblicklich. Niemand weiß, wie tief der See ist, das Wasser ist eisig kalt, und am Grund lauert der Drache. Schrecklicher aber als Drache und unergründliche Tiefe ist mein Vater. Wenn ich ohne die Kugel nach Hause komme … – der Frosch! Er ist meine einzige Hoffnung.
    »Frosch, Frosch, komm zurück«, rufe ich. »Du musst mir meine goldene Kugel wiederholen. Oh bitte, lieber Frosch, wenn du mir nicht die goldene Kugel wiederbringst …«
    Endlich taucht der Frosch wieder auf. »Was bekomme ich dafür?«, quakt er breit.
    »Alles! Was immer du willst. Einen eigenen Teich! Zwei Tümpel, wenn du möchtest. Mein Vater ist sehr reich.«
    Er taucht lange, lange – ich gebe ihn schon verloren –, da durchbricht sein hässlicher Kopf die Wasseroberfläche. Im Maul trägt er die goldene Kugel und spuckt sie mir vor die Füße.
    »Ich habe drei Wünsche.«
    Ich hebe die Kugel auf und laufe davon.
    »Sag sie mir später«, rufe ich über die Schulter zurück. Denn jetzt, wo die Kugel wieder da ist, bin ich doch ein bisschen beunruhigt, was so ein Frosch sich alles auszudenken vermag.
    Weihnachten verbringen wir normalerweise in einer im Ranch-Stil eingerichteten Skihütte meines Vaters in Arosa. Dort gibt es immer Schnee. Aber mein Vater hat die Auflage, sich jeden Tag auf der Polizeistation zu melden, und darf die Stadt nicht verlassen. Also bleiben wir in der Villa. Und als läge selbst das in der Macht meines Vaters, hat es diesmal auch bei uns geschneit.
    Am ersten Weihnachtstag – die peruanische Köchin trägt gerade die Krebssuppe auf – läutet es an der Tür. Der Butler hat frei, und darum öffne ich selbst. Der frisch gefallene milchweiße Schnee glitzert und funkelt im Licht der Parklaternen. Eine seltsam breite Spur, als hätte jemand etwas geschleift, zieht sich den Weg entlang bis zur Haustür. Ich senke den Blick, und da sitzt der Frosch. Seine Stimme zittert vor Kälte und Verlegenheit.
    »Mein erster Wunsch: Ich möchte mit dir von deinem Teller essen.«
    Wie er ausschaut! Es ist keine Jahreszeit für einen Frosch. Die Feuchtigkeit ist auf seiner Haut gefroren, als trüge er einen Überzug aus gesprungenem Glas. Das klare, prahlerische Grün, das er noch im November zeigte, ist einem trüben Braun gewichen, mager ist er geworden und seine Schwimmhäute sind zerfleddert. Nur seine bernsteingelben Augen sind immer noch schön.
    »Bist du wahnsinnig?«, frage ich. »Weißt du nicht, wer mein Vater ist?«
    »Was gibt es denn?«, ruft mein Vater aus dem Esszimmer.
    »Nichts«, rufe ich zurück, und in diesem Moment ist der Frosch in die Eingangshalle geglitten. Er verströmt feuchte

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