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Grün. Le vert de la Provence

Grün. Le vert de la Provence

Titel: Grün. Le vert de la Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Burger
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Und ich kam bei diesen ganzen Ideen nicht mehr
vor.“
    „Hast du nicht mit ihm darüber geredet?“
    Wieder schüttelte sie den Kopf und schwieg einen Moment.
„Er hat zugemacht“, sagte sie schließlich.
    „Und im Verlag hat das keiner bemerkt?“
    „Dein Freund Engler hat es bemerkt. Der hat ihn zunächst
wohl sehr in diesem Gedanken unterstützt. Ed hat ihn sogar im Frühjahr hierher
geholt und ist mit ihm einige Tage unterwegs gewesen. Frag mich nicht wo. Ed
ist meinen Fragen immer ausgewichen. Zum Anfang des Sommers schien dann eine
Spannung zwischen den beiden aufgekommen zu sein. Ich habe das aber nur aus
Bruchstücken eines Telefonats entnehmen können.“
    „Engler war hier? In der Provence? In euerm Haus?“
    „Nicht im Haus. Ed hatte ihn in irgendeinem Hotel
untergebracht.“
    „Merkwürdig!“
    Valerie sog in einem tiefen, unkontrollierten Seufzer die
Luft ein und blies sie dann ruckartig wieder aus. „So richtig klar, was da
lief, wurde mir erst, als ich Ed auf dem Markt von Prades mit dieser Pauline
gesehen habe. Mein Mann in einem innigen Verhältnis mit einer Händlerin von
Heilkräutern und Essenzen.“ Sie sah Anselm unvermittelt an. „Ich musste
herausfinden, wer diese Frau ist und was Ed und sie planten, verstehst du das
jetzt?“
    „Du hättest Sophie fragen können. Ich wette um jeden
Preis, dass sie Pauline kennt. Ich glaube, der ganze Ort kennt diese Frau
bestens, aber niemand wollte mir eine Auskunft geben. Sophie hätte dir sicher
in epischer Breite von ihr erzählen können.“
    „Das dachte ich auch. Sie hat aber ganz entschieden
geleugnet, sie zu kennen, außer natürlich, dass sie Pauline immer auf dem Markt
gesehen hat.“
    „Alain hat mir gegenüber auch gesagt, er würde sie nicht
kennen. Dass er sogar praktisch nie nach Prades fahren würde. Ich kann mir aber
auch nicht vorstellen, dass Eds Vertrautheit mit dieser Frau ihm entgangen sein
soll.“
    „Das ist es. Beide, Sophie und Alain, sind mir seit vielen
Jahren enge Vertraute. Ich bin sicher, Alain würde für mich alles tun …“ Sie
stockte und murmelte mehr für sich, als an Anselm gerichtet, wieder fast
tonlos: „Er hat alles für mich getan.“ Dann schwieg sie wieder.
    Anselm beobachtete sie, bemerkte die sich weitende
Entfernung zwischen ihnen und den erneuten Schleier der Traurigkeit, der sie
einhüllte. „Und warum sagen sie dir nicht die Wahrheit?“, fragte Anselm
vorsichtig, darauf gefasst, lange keine Antwort zu erhalten.
    Tatsächlich verging geraume Zeit, bis Valerie wie aus
einer Hypnose antwortete. „Ich bin Französin, aber keine Provenzalin. Für die
Menschen hier bin ich nicht unbedingt eine von ihnen. Ich könnte genauso gut
aus einem anderen Land kommen.“
    „Haben die beiden vielleicht deshalb nicht die Wahrheit
gesagt, weil sie Ed schützen wollten?“
    „Nein! Sie schützen Pauline. Ed war Deutscher, sein Vater
war Deutscher und der war sogar während des Krieges hier als Besatzungssoldat.
Bei allem Bemühen um ein Miteinander der beiden Länder blieben die Baumanns
Deutsche. Die Menschen hier haben unter der Besatzung viel Leid erfahren, das
war vielleicht nicht von den Wehrmachtssoldaten ausgegangen, sondern von der
SS, aber da unterscheidet man, glaube ich, als Betroffener nicht so sehr.
Deutscher bleibt Deutscher, ein Boche eben.“
    „Welche Rolle spielt Alain dabei?“
    Es blieb still neben ihm. Anselm sah kurz zu Valerie
hinüber, ein feuchter Schimmer glomm in ihren Augen und tatsächlich bewegte
sich eine feine Träne über ihre Wange zum Mund hin. Sie ließ es geschehen, ohne
den Lauf aufzuhalten. Das Schweigen entwickelte sich zu einer tiefen
Bedrücktheit, in der beide lange auf die Ebene vor sich starrten. „Er ist tot“,
flüsterte sie schließlich. „Ich habe das zu verantworten.“
    „Glaube ich nicht!“ Anselm bemühte einen trotzigen und
energischen Tonfall. Es gelang ihm aber nur mäßig überzeugend. „Wo sollte denn
seine Leiche sein? Im Haus war nur die alte Frau und um das Haus herum hat die
Polizei alles abgesucht. Außerdem fehlt doch auch seine Enduro.“
    „Es gibt überall unübersichtliche Felsabbrüche und
unvermittelt auftauchende Avens, Karsthöhlen, die oft jäh aus der Ebene in die
Tiefe führen. Wer da drin liegt, wird vielleicht irgendwann einmal durch Zufall
gefunden. Eine versteckte Leiche zu suchen, hat in dieser Landschaft keinen
Zweck.“
    „Einspruch!“, prustete er. „Der Killer hat den
Käsehändler und Alains Mutter einfach dort

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