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Grün. Le vert de la Provence

Grün. Le vert de la Provence

Titel: Grün. Le vert de la Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Burger
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kleinkalibrige Projektil an die
Police nationale weiter und das Labor verkündete eine Sensation. Die Kugel
konnte ebenfalls aus einer russischen PSM abgefeuert worden sein, wie sie im
Fall Melissa Lindner als Tatwaffe vermutet wurde. Winzige DNA-Spuren auf dem
Projektil wurden derzeit noch untersucht. Parallel war über Interpol ein
Schusswaffenvergleich gestartet worden, bei dem waffentypische Merkmale auf
Geschossen gleichen Kalibers in polizeilichen Datenbanken verglichen wurden.
Dies konnte einen Durchbruch bringen.
    Auf Pauline Bouchets Hof durchforstete ein Team der
Spurensicherung weiterhin das Wohnhaus, die Stallungen, ihre Laboreinrichtungen
zur Herstellung von Essenzen und mögliche Anfahrtswege. Das Tatzimmer selbst
hatte keine wirklichen Erkenntnisse erbracht, keine anderen Fingerabdrücke als
die des Opfers und von Pauline Bouchet; die Haare unterschiedlicher Personen,
die gefunden wurden, halfen zunächst auch nicht weiter.
    Vidal schlug entschieden mit der flachen Hand auf den
Schreibtisch und fluchte laut „Scheiße!“ Dann ging er zu Gauthier, der zusammen
mit Valerie Baumann am Sonntag die Bibliothek in Augenschein genommen und die
Bücher durchgesehen hatte, die sich mit der deutschen Besetzung von
Vichy-Frankreich, mit Ereignissen im Zuge der Operation Dragoon und den Monaten
nach der Befreiung beschäftigten.
    „Schwierig, schwierig“, sagte Gauthier mit kurzem Blick
auf Vidal, dann beugte er sich wieder über seine Notizen. „Nichts von dem, was
ich dort gefunden habe, hat konkret etwas mit der Gegend bei Prades oder dem
Haus von Baumanns zu tun. Jedenfalls nicht auf den ersten Blick. Durchgelesen
habe ich das natürlich nicht alles.“
    „War nicht irgendetwas Auffallendes dabei? Eine
Dokumentation über bestimmte Ereignisse oder Personen? Was weiß ich! Ein
Kriegstagebuch vielleicht, eine Biografie?“
    „Er hat relativ viele Veröffentlichungen zur
Nachkriegszeit in Frankreich gesammelt, überwiegend französische Autoren. Das
war aber alles eine mehr allgemeine Betrachtung. Nichts, was speziell auf die
Region hier zu beziehen ist. Es gab aber auch einige Sachbücher, in denen
teilweise noch farbige Merkzettel klebten. Die Passagen, die ich überflogen
habe, handelten meist von Beziehungen zwischen Französinnen und Deutschen
während der Besatzung. Ein Titel, Les Enfants Maudits , handelt
von Kindern, die aus solchen Beziehungen hervorgegangenen sind, die Kinder
der Schande . Das war gespickt mit Klebezetteln. Es scheint, dass dies das
wesentliche Thema war, das Baumann interessiert hat. Vielleicht vermutete er,
dass sein Vater in Frankreich noch Nachkommen hinterlassen hat, von denen er
nichts wusste.“
    „Kann das eine Mordserie auslösen?“
    „Kaum! Aber ich habe eben selbst noch etwas
herumrecherchiert, zum Beispiel mal, wo hier denn eigentlich die deutschen
Besatzungstruppen stationiert waren. Nur an solchen Orten könnten ja
regelmäßige Kontakte entstanden sein. Doch das bringt uns leider auch nicht
weiter.“ Gauthier nahm ein Blatt vom Schreibtisch, auf das er Notizen
geschrieben hatte. „Die meisten Standorte lagen außerhalb dieser Region. In der
näheren Umgebung hatte sich in Châteauneuf-du-Pape der Generalstab der
deutschen Luftwaffe im Château La Nerthe einquartiert …“
    „Im Château La Nerthe ?“, unterbrach Vidal seinen
Kollegen.
    „Genau in dem! Die werden den Kellerbestand gut dezimiert
haben! Ja, und in L’Isle sur la Sorgue gab es eine
Standort-Kommandantur. Das ist, soweit ich weiß, alles. Es gab aber in der
Region einen breit aufgestellten Widerstand, der im Maquis organisiert
war. Es ist zu zahlreichen Aktionen der Deutschen gegen die Widerstandsbewegung
und die Bevölkerung gekommen. Aber über diese Ereignisse kann dir mein Vater
vermutlich mehr sagen.“
    Vidal nickte. „Ich fahr bei ihm vorbei. Aber, wenn ich es
mir richtig überlege, haben wir bislang eigentlich nur schlammigen Bodensatz.
Wir bemühen uns immer noch erfolglos darum, eine Spur zu identifizieren. Wir
haben keine stichhaltigen Motive! Keine belastbaren Muster! Keine Hinweise!
Keine hinreichend Verdächtigen! Dafür aber vier Tote, zwei Vermisste, völlig
überarbeitete Teams, verängstigte Mitbürger, hysterisch werdende Politiker und
eine langsam wild werdende Medienmeute hier und in unserem Nachbarland. Das ist
ein Scheißtrauma!“ Er sah mit weit aufgerissenen Augen Gauthier an, der den
Monolog mit skeptischem Blick aufgenommen hatte.
    „Wir sollten auch absurde

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