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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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noch bei dreißig Grad.
    Das Feuer war klein, aber fein. Er hatte seine Angel dabei, die hatte er immer mit, und daher sollte das Mittagessen kein Problem sein. Dreimal den orangefarbenen Mepps-Spinner ausgeworfen, schon hatte er eine Äsche am Haken, die sich an einem Stecken grillen ließ, und das schmeckte so gut, daß er zu einem schwereren Köder wechselte – einen silbernen Blinker mit ein bißchen grünem Geglitzer in der Mitte, das wohl das Auge einer namenlosen Kreatur des Flachwassers darstellen sollte – und die Angel nochmals auswarf, in der Hoffnung auf einen Hecht fürs Abendessen in seinem Blockhaus. Zischend flog der Köder davon und platschte weit draußen ins Wasser, und dann holte er ihn mit leisem Surren ein, wieder und wieder, und dabei mußte er die ganze Zeit an Pamela denken, an Pamela in Howard Walpoles Drei-Zimmer-Blockhaus mit dem blondgelben Grizzlyfell auf dem Boden vor dem steinernen Kamin, der die Wärme des Ofens ergänzte, denn trotz seines fettigen Äußeren und seiner stinkenden Ungepflegtheit wußte Howard die Ästhetik von offenem Feuer sehr wohl zu schätzen. Aber Pamela würde doch nie einen Kerl wie den wählen, hager, plattköpfig und dumm wie Bohnenstroh, ganz egal, wie hoch er damals vor zwei Jahren mit Glück bei einer Platzwette gewonnen oder mit wie vielen Annehmlichkeiten er sein Haus ausgestattet hatte – oder etwa doch?
    Diese Frage marterte ihn während des sich hinziehenden, von Kopfweh durchsetzten Wartens an der Angel, und sie marterte ihn auch dann noch, als ein Hecht, so groß wie ein Baseballschläger, aus einer Grube unter dem überhängenden Ufer hervorschoß und den silbrigen Köder mit seinen nadelspitzen Zähnen packte und damit ein halbes Dutzend Mal in voller Länge aus dem Wasser sprang. Vielleicht vergaß er sie etwa fünf Minuten lang, während er das Vieh aus dem Wasser zog, diesen langen, um sich peitschenden Muskel, doch dann dachte er wieder an sie, als er das Messer aus der Scheide zog, zwischen den Augen des Hechts ansetzte und hineintrieb, bis der Muskel erschlaffte.
    em Abend genehmigte er sich zwei Bier, fütterte die Hunde und legte hinten im Garten ein paar Karnickelschlingen aus, wo er Losung gefunden hatte. Es war warm, deshalb zündete er kein Feuer an. Zum Essen gab es kalte Bohnen und steinharte Kekse, von denen die Mäuse schon die Ecken angeknabbert hatten – den Geruch von bratendem Fisch in der Pfanne hätte er nicht vertragen. Mitten in der Nacht weckte ihn hektisches Gekläffe, und er trat im fahlen Zwielicht der dritten Morgenstunde mit dem Gewehr in der Hand auf die Veranda hinaus, von wo aus er einen verdutzten Elch entdeckte – eine alte Kuh, hellbraun und gut dreihundertfünfzig Kilo schwer, schätzte er –, mitten in seinem Garten, die Beine ragten wie junge Bäume aus dem schwarzen Plastikfolienmeer heraus. Sein erster Impuls war, sie abzuschießen, doch er beherrschte sich. In der Entenzeit schoß man einfach keine Elche, das tat man erst im Herbst, wenn das Fleisch sich auch länger hielt. Ganz abgesehen davon war jetzt Schonzeit, und das Land deckte gerade den Tisch für das Bankett aus Enten und Gänsen und Lachsen und süßen Beeren, das den ganzen Sommer währen würde. Was machte er also? Er vergeudete eine Patrone und verscheuchte die Elchkuh in der Hoffnung, daß sie diesen Ort fortan meiden würde wie der Teufel das Weihwasser. Jedenfalls bis zum Herbst.
    Am Morgen brachte er den Ofen in Gang, um sich Kaffee zu kochen und zwei in Mehl und Semmelbrösel gewendete Hechtfilets in einer Pfanne voll spritzendheißem Fett zu braten, und kauerte sich in die Tür das Blockhauses, wo er Moskitos erschlug und zusah, wie sich die Regenwolken über dem Fluß zusammenballten. Er fühlte sich irgendwie komisch, und das hatte nichts mit der Sauftour von neulich zu tun. Es hatte mit Pamela zu tun. Eine kaum spürbare weibliche Aura haftete noch den Pelzen des Betts und den Gerüchen des Hauses an, und wenn er über die Schulter dorthin blickte, wo sie noch vor zwei Tagen am Morgen gesessen hatte, konnte er sie beinahe vor sich sehen. Pamela. Sie gehörte zu ihm, da bestand kein Zweifel. Du hast überhaupt nichts zu befürchten, Sess , das hatte sie doch zu ihm gesagt? Doch dann stieg Howard Walpoles grinsendes plattes Gesicht vor ihm auf, als Überblendung auf Richie Olivers feierlich-bärtiges Antlitz: und wenn sie ihn nun angeschwindelt hatte? Ihn nur besänftigen wollte? Wenn sie einfach nur höflich zu ihm gewesen

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