Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
Vom Netzwerk:
den Namen noch einmal zu hören. Sie starrte an ihm vorbei, saß zusammengekauert da, eng zusammengekauert. Vielleicht sang sie vor sich hin, sicher war er nicht, denn sie machte irgendwelche Geräusche, die ihn leicht erschauern ließen. »Alles in Ordnung mit dir?« fragte er.
    Sie antwortete nicht.
    »Sieh mal«, sagte er und brachte die Worte nur mühsam hervor, »alle haben sich deinetwegen Sorgen gemacht – am meisten deine Mutter. Und dein Vater. Und Norm und ich und alle anderen.« Er hielt inne, um die Atemluft auszustoßen, nur einen Moment lang, um dem öden Einerlei von Einatmen-Ausatmen zu entgehen. »Hast Beeren gepflückt, was?«
    Sie sah ihn nicht an, nickte aber, jedenfalls hatte er den Eindruck.
    »Na, dann werd ich dich jetzt mal zurückbringen, einverstanden? Ich nehm dich auf die Schultern und geh mit dir zum Haus – willst du auf mir reiten? Soll ich dich huckepack nehmen?«
    Als sie aus dem Wald traten, wurde er als Held begrüßt, die gesamte Sippe scharte sich um sie mit scheuem, bangem Lächeln und verschrecktem Blick, die nächste Tragödie war abgewendet, dann wollen wir mal den Ofen anwerfen und endlich einen draufmachen, klar doch, und die Musik legte auch schon wieder los. Es erstaunte ihn, die Sonne hoch am Himmel zu sehen – immer noch war es früher Nachmittag, dabei kam es ihm vor wie Mitternacht. Reba kam durch den Garten, nahm wortlos ihre Tochter von seinen Schultern und trug sie ins Haus, als wäre nichts geschehen. Che war nicht mehr zu sehen – vermutlich auch im Haus, im Bett, betütert von einem halben Dutzend Frauen, und dieses Bild wollte sich Marco gern bewahren –, aber der Abdruck des Jungen zeigte sich noch auf den nassen Fliesen, wie ein Teil eines komplizierten Puzzles, das niemand zusammensetzen konnte. Jiminy machte es sich mit den Bongos auf einem der Sofas bequem und begann einen langsamen, düsteren Beat mit offenen Handflächen. Ein Bier – noch kalt aus der Wanne – tauchte in Marcos Hand auf, und dann war Star an seiner Seite. Sie sagte kein Wort, beugte sich nur vor und küßte ihn und blieb mit ihren Lippen bei ihm, bis er wieder zum Leben erwachte.

13

    Als sich der schwarzweiße Streifenwagen des Sheriffs auf der Einfahrt heranschob wie ein mechanischer Jagdhund, die Kurven erschnüffelnd und das große Haus aufs Korn nehmend, spürte Pan nicht allzuviel. Der Tag war irgendwie an ihm vorbeigetrudelt. Es hatte massenhaft Hektik und Hysterie gegeben, tauchen und immer wieder tauchen, bis er am Ende beinahe selbst ertrunken wäre, und dann eine Ruhepause, die alle Kanten und Falten geglättet hatte wie ein heißes Bügeleisen. Rebas Gören waren gerettet, waren ins Leben zurückgeholt worden, und sie hatte sie entweder bestraft oder belohnt oder beides, und dann war irgendwann Norm aufgekreuzt, einen blutigen Lappen gegen ein Auge gepreßt, und seine Brille war mit einem weißen Knubbel Klebeband zusammengeflickt. Norm hatte seinen Wehe-du-fragst-Blick aufgesetzt und ging schnurstracks die Treppe in sein Zimmer hinauf, so daß dieses kleine Drama schon wieder vorbei war, ehe es richtig anfing, und nach einer Weile hatte die Party oder gemeinschaftliche Nabelschau, oder was es auch war, mit voller Kraft wieder eingesetzt.
    Aber das war vor Stunden gewesen. Jetzt kreisten Pans Gedanken um Fleisch, und deshalb hatte er ein Päckchen Hot dogs aus dem Safeway und ein Achterpack gummiartiger Aufbackbrötchen aus dem Supermarkt (beides entdeckt in der Tiefe des Kühlschranks) im hinteren Schlafzimmer unter einem Stapel Schmutzwäsche versteckt, und als der Streifenwagen langsam, aber sicher die Einfahrt entlangschlich – so langsam fuhr er, daß die Reifen kaum Staub aufwirbelten –, faßte Pan den Plan, demnächst ein Feuerchen zu entfachen und sich darauf ein paar Hot dogs mit ordentlich Senf und süßem Relish drauf zu grillen, und wer zufällig vorbeikam, einschließlich der Wochenendhippies und Teilzeitfreaks, der konnte ihm gern dabei Gesellschaft leisten.
    Er saß auf der vorderen Veranda, Merry, Maya und Mendocino Bill hatten es sich neben ihm bequem gemacht, und ein neuer Typ in einem mexikanischen Umhang und einem hohen Strohhut fläzte sich auf den Stufen ( sein Trip war Krischna, und man konnte ihn schwer abbringen, ständig darüber zu quatschen, außer vielleicht mit einem Splitthammer in den Hinterkopf, und im Laufe der letzten halben Stunde hatte Pan diese Möglichkeit schon mehrfach erwogen).Merry würde kein Fleisch essen und Maya auch

Weitere Kostenlose Bücher