Grün war die Hoffnung
Wetter meist aus Nordwesten, und man kann das Fenster nie fest genug abdichten, jedenfalls nicht, wenn es mal richtig stürmt.«
Sie hörte gar nicht zu. Sie stand wie ein Stelzvogel auf einem grazilen Bein, den nackten Fuß in die Kniekehle gestemmt. Sie sah nach Süden, wo etwa hundert Meter entfernt ein Hain von Schwarzfichten die Wipfel in den Himmel reckte. »Werden wir die da fällen, die Fichten dort drüben?« fragte sie.
Er ging auf sie zu, umschlang sie und wiegte sie in den Armen. Die Bäume waren mindestens zweihundert Jahre alt, obwohl sie nicht höher und nicht breiter waren als fünfzehn Jahre alte Plantagenkiefern in den achtundvierzig Staaten weiter südlich. »Weiß nicht recht«, sagte er, »diese Bäume geben doch eine wahnsinnig schöne Aussicht von hier. Ich dachte eher, wir fahren flußaufwärts und holen uns ein paar Stämme auf dem Wasser herüber, wie Flößer in alten Zeiten.«
»Hast du so was schon mal gemacht?«
Nein, hatte er nicht. Für dieses Blockhaus hatte er das Holz genommen, das gerade dort wuchs, aber er hatte sich damit gerechtfertigt, daß ein Haus ja eine Lichtung braucht, und jetzt standen die Stümpfe draußen in dem eingefaßten Vorplatz, überwuchert von Scheinkreuzkraut, Eisenhut und Schafgarbe. Aber es schien ihm eine gute Idee zu sein, und er stellte sich schon vor, wie sie gemeinsam arbeiteten, gegenüber von Roys altem Haus, er würde die Bäume fällen und sie die Äste abhacken, und dann würden sie sie einfach ins Wasser rollen und mit dem Kanu herbringen, mit Hilfe von ein paar Seilen und vielleicht dem Landungshaken oder einer eingekerbten Stange. Es bedeutete mehr Arbeit, besonders an diesem Ende des Transports, weil die Stämme Wasser aufnehmen und sich verteufelt schwer die Böschung hinaufziehen lassen würden, aber sie mußten ja sowieso trocknen und eine Weile ablagern. »Klar doch«, sagte er, »hab ich. Ist keine große Sache. Vor allem jetzt, wo ich so eine prima zähe Buschfrau hab, die die ganze Arbeit für mich macht.«
Die nächsten paar Wochen vergaß er fast seine toten Schlittenhunde, jedenfalls versuchte er es. Pamela und er fuhren jeden Tag den Thirtymile hinauf und fällten am Ufer helle Zuckerhutfichten – die schmaleren Stämme waren für das Dach – und Schwarzfichten von rund einem Viertelmeter Durchmesser (die Wurzeln geschlagen hatten, als George Washington noch nicht mal geboren war). Sie nahmen sich Mittagessen und manchmal auch Abendessen mit, und zweimal übernachteten sie unter dem Sternenzelt in einem stetigen Gewusel von Moskitos. Die Bäume gingen zu Boden wie Pappkameraden, und Pamela hackte unermüdlich mit einer Axt auf die Äste ein, ständig den Kleine-Tischchen-Blick in den Augen. Beide spürten sie die Arbeit, in den Armen und Schultern, an den wunden Händen, die sich entzündeten, Blasen bekamen und immer härter wurden, und obwohl sie total erschöpft waren, wenn sie abends Schluß machten – manchmal erst um acht oder neun –, fanden sie immer noch Zeit, miteinander zu vögeln, in einem Schlafsack oder gleich draußen am Flußufer, so als hätten sie den Sex gerade erst erfunden und müßten es immer wieder probieren, um sicherzugehen, daß sie den Bogen heraushatten.
Am Ende der zwei Wochen hatten sie eine recht ansehnliche Zahl von Stämmen stromabwärts geflößt und auf dem Sandstreifen vor dem Blockhaus aufgeschichtet, und sie fühlten sich verdammt gut dabei, jedenfalls sah es Sess so. Pamela wirkte fröhlich, und vergessen war, daß sie aus der Stadt kam, einen Uniabschluß hatte und sich ihre Sonnenbräune ebensogut in irgendeinem Ferienort an der Côte d’Or hätte holen können. Sie arbeitete wie ein Mann, wie zwei Männer, und weder trödelte sie noch sagte sie Schluß, bevor er es tat. Und wenn die Stämme an Felsen oder flachen Stellen hängenblieben, was sie unweigerlich taten, sprang sie ebensooft wie er bis zur Brust in das eisige, gerade mal acht Grad warme Wasser, um sie zu befreien.
Am letzten Abend saßen sie nach getaner Arbeit auf der Ladung Stämme dieses Tages und schaufelten sich kalte Makkaroni-Thunfisch-Käse-Sandwiches hinein, die Pamela im grellen Licht des Morgens zubereitet hatte, und sahen zum Blockhaus hinauf, wo dieses Holz seinen Platz finden würde – der härteste Teil der Arbeit lag hinter ihnen. Da hielt Pamela, in ihren Khakishorts und dem hautengen T-Shirt, mit den Holzfällerhänden und dem straff nach hinten gebundenen Haar, zwischen zwei Bissen inne und sagte, es
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