Grün war die Hoffnung
wieder verheilt, also die beiden, die zuerst schwarz waren, der kleine Zeh und der daneben an seinem rechten Fuß.« Sie starrte in die Tiefe des Zimmers, die Stirn gerunzelt, und zupfte sich mit dünnen weißen Fingern an den Haarspitzen, während sie die Frostschäden beschrieb. Sonst hörte man nichts außer dem leisen Scheppern und Seufzen des Ofenrohrs.
»Reba hatte gesagt, die müßten eigentlich amputiert werden, und dann fragte Norm, ob sie nicht einfach verdorren und abfallen würden, aber Reba meinte, daß er da wohl an Zehen nägel dachte, bei denen sei das so. Aber sie sind wieder gesund geworden. Wie ein Wunder. Sieht nicht gerade ästhetisch aus, und er hat auch beide Nägel verloren, aber es kam zu keiner Infektion. Mann, ich war total fertig, als er von mir wollte, daß ich sie ihm mit einem Beil abhacke, ich meine, stell dir das mal vor! Ich! Mit einem Beil!«
Und so lachten sie über diese Horrorvorstellung und qualmten ihre Zigaretten, Pamela legte Holz auf das Feuer, und sie setzten sich beide aufs Bett und zogen behaglich die Füße unter sich. Nach einer Weile sagte Star: »Nein, das ist nicht der Grund, daß ich so fertig bin. Ich weiß, daß alles cool ist, wenn er mit Sess herumgondelt ...«
»Mehr als das, Liebes – es ist sogar eiskalt.«
Star grinste matt. »Es ist wegen Drop City«, sagte sie. »Mir kommt’s vor, als wenn das Ganze total auseinanderkracht – hast du gehört, daß der irre George, Erika und Geoffrey neulich einfach davonmarschiert sind, nur mit den Sachen, die sie am Körper hatten?«
Das hatte sie noch nicht gehört. Sie wußte, daß der Neffe abgedampft war, und mit ihm diese kleine Barbiepuppe mit den falschen Wimpern, und ein paar von der Kommune nervten Sess seit kurzem – sie wollten ihm bezahlen, was er verlangte, wenn er sie nur mit dem Schlitten nach Boynton brächte, samt ihren Gitarren und allem möglichen anderen Zeug. Und er war auch bereit dazu, warum nicht, Bargeld war Bargeld, aber seine Fallen kamen zuerst, denn wenn man so eine Strecke erst einmal aufgestellt hatte, dann war man infolge sämtlicher moralischer Kräfte des Universums verpflichtet, diese Fallen auch regelmäßig abzugehen, schon um den Todeskampf der Lebewesen abzukürzen, die einem Nahrung und Einkommen sicherten, denn man ließ nichts verkommen, man ließ nie etwas verkommen – das war Verschwendung und damit schlimmer als Sünde; es bedeutete den Tod.
»Das ist ja übel«, sagte Pamela, und so meinte sie es auch. Sie hatte sich daran gewöhnt, daß ein paar Kilometer weiter jemand wohnte, sie hatte jetzt Nachbarn: Star, Merry, Maya, Reba – Menschen, mit denen sie reden konnte, Frauen, andere Frauen. Im Winter davor hatte sie in einer Stadtwohnung gelebt und in einem Büro mit anderen Menschen gearbeitet. Da gab es Kinos, Geschäfte, Kneipen, Restaurants. Jetzt gab es Pelze, und es gab Sess. Sie war glücklich – doch, das war sie, sie wußte es genau, glücklicher, als sie je gewesen war –, aber die unauslöschlichen Abende stapelten sich bereits, die Abende des Buschkollers, die Abende, an denen Sess nicht genug war, an denen niemand genug sein konnte. Und da gab es noch etwas, was viel größer war als alles andere, ihre Neuigkeit, ihr Geheimnis, und wenn sie Star nicht gehabt hätte, der sie es anvertrauen konnte, wäre sie wahnsinnig geworden, hätte sie es für sich behalten müssen.
Stars Gesicht schwebte neben ihr im Licht der Petroleumlampe, süß und hübsch, makellos, nicht mehr ein Hippiegesicht als ihr eigenes. »Mit den gemeinsamen Mahlzeiten ist da drüben jetzt völlig Schluß«, sagte Star. »Im Gegenteil, sie streiten sich ums Essen.«
»Aber hast du nicht erzählt, daß ihr genug Nahrungsmittel habt, mehr als genug? Ich dachte, Norm hat Grundproviant für sechs Monate gebunkert? Der hat doch mehrere hundert Dollar ausgegeben, hast du gesagt.«
»Es fehlt uns ja auch nichts. Da geht es mehr ums Hamstern, so nennt man das wohl. Die Leute plündern einfach die Speisekammer, holen sich irgendwas raus: Mandeln, Rosinen – das ganze Trockenobst haben sie abgeräumt. Das Milchpulver kannst du genauso vergessen. Und die Schokolade.« Sie zog ein Gesicht, hob die Hände und ließ sie wieder sinken. »Das Mehl ist voll von diesen kleinen schwarzen Punkten – zuerst dachte ich, es wäre Pfeffer, daß vielleicht jemandem aus Versehen beim Panieren des Fischs ein Pfefferstreuer reingefallen ist –, aber in Wirklichkeit ist das Mäusekacke, Millionen von kleinen
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