Grün wie ein Augustapfel
ausgehe.«
»Ich bitte dich«, sagte er zerknirscht, »ich mache dir ja keine Vorhaltungen. Dazu habe ich ja auch gar kein Recht.«
»Na also! Was soll dann diese Szene? Bist du etwa eifersüchtig?«
»Und wenn ich es wäre?«
»Erlaube einmal, dann muß ich doch fragen, weshalb? Etwa, weil du mich gelegentlich zum Tanzen abgeholt hast? Oder weil wir mal zum Baden gefahren sind? Deshalb sind wir doch nicht miteinander verheiratet! Oder irre ich mich vielleicht?«
»Nein, leider sind wir nicht verheiratet«, stammelte er, »aber...«
»Warum stotterst du plötzlich? Spuck's schon aus!«
»Komm, Manuela«, bat er und rutschte tiefer in den Wagen hinein, »steig ein, wir fahren irgendwohin, an den Fluß, oder ins Grüne...«
»Ich denke nicht daran. Ich habe jetzt Konversationsstunde bei Miß Fitzgerald. Ich bin ohnehin schon spät genug dran.«
»Laß sie doch sausen, Manuela«, sagte er flehend.
»Was willst du eigentlich von mir?«
»Ach, Manuela, tu doch nicht so, als ob du es nicht genau wüßtest! Ich habe in diesen Tagen Höllenqualen ausgestanden. Ich bin fast verrückt geworden. Ich habe mir tausendmal gesagt, daß es nicht möglich ist...«
»Daß was nicht möglich ist?« fragte sie lauernd.
»Daß du und Onkel Herbert... Ich meine, er könnte doch dein Vater sein... Oder etwa nicht?«
Manuela hob die Hände mit einer Bewegung, als wolle sie sich die Finger in die Ohren stopfen. Sie konnte es nicht mehr hören! Er könnte dein Vater sein... Wie oft hatte man ihr in den letzten Tagen den gleichen Satz serviert? Sie warf einen nervösen Blick auf ihre Armbanduhr.
»Ich habe jetzt keine Zeit.«
»Steig ein, ich fahre dich hin. In drei Minuten setze ich dich bei Miß Fitzgerald ab.«
Manuela zögerte, aber zu Fuß kam sie zu spät. Sie stieg ein, knallte die Tür zu und setzte sich so, daß sie ein Abstand von einem halben Meter von Jürgen Barwasser trennte. Deutlicher konnte sie es nicht machen, daß sie ihn im Grunde ihres Herzens zum Teufel wünschte. Jürgen Barwasser schaltete und trat aufs Gaspedal, der Diesel zog an und ließ eine blaue Wolke stinkenden Ölqualms hinter sich.
»Manuela...«
»Was ist los?« fragte sie ungnädig.
»Ich muß mit dir sprechen. Ich habe dich seit Tagen zu treffen gehofft...« Er rückte nach rechts und wollte einen Arm um ihre Schultern legen.
»Schau geradeaus und laß gefälligst beide Hände am Steuer«, fauchte sie ihn an. Er schaltete den dritten Gang ein, erwischte grünes Licht und brauste über die Kreuzung, vor der er Manuela hätte absetzen müssen.
»Wo fährst du hin?« schrie Manuela empört.
»Irgendwohin, zum Forsthaus im Gollinger Wald oder zu den >Drei Eichen«. Du kannst Miß Fitzgerald vom Forsthaus aus anrufen.«
»Halte an! Halte an, du Schuft, oder ich springe aus dem Wagen!«
»Du wirst dir dabei deine hübschen Beinchen brechen«, warnte er.
Manuela ergab sich, vor Zorn kochend, in ihr Schicksal. Noch hoffte sie, daß er, solange sie durch die Stadt fuhren, irgendwo durch ein Stoppschild oder durch rotes Licht zum Halten gezwungen sein würde, aber Jürgen Barwasser segelte in einer grünen Welle dahin, die ihn über den Stadtrand und über die letzte Verkehrsampel hinaustrug. Außerhalb der Stadtgrenze drehte er auf, was der Motor hergab. Allzuviel Zeit hatte er selber nicht, denn er war in die Stadt gefahren, um einen Bankauftrag zu erledigen.
»Ich werde dich wegen Entführung bei der Polizei anzei-gen«, schrie Manuela.
»Wenn ich zu deinem Bruder in die Zelle gesperrt werde, können wir uns gegenseitig trösten«, grinste er.
»Du hast ein Gemüt wie ein Metzgerhund.«
»Auch Metzgerhunde haben ein Herz, das Liebe spürt.«
»Noch ein Wort, und ich kratze dir die Augen aus!«
»Dann rasen wir gegen den nächsten Baum. Aber denk daran, der Platz neben dem Fahrer ist gefährlicher.«
»Weißt du, was du bist?«
»Ich weiß es. Ein Ekel, ein Schuft, ein Widerling. Aber ich liebe dich trotzdem. Ich liebe dich seit zwei Jahren. Ich liebe dich seit dem Tag, an dem ich dich kennenlernte. Ich habe es dir nur nie zu sagen getraut. Und wenn ich davon anfangen wollte, dann machtest du jedesmal ein eisiges Gesicht, wie die Königin von England, wenn ihr ein besoffener Matrose einen unanständigen Witz erzählt.«
Er bremste plötzlich und schlug das Steuer rechts ein. Der Wagen holperte über eine verwaschene Spur, von Lastwagen ausgefahren, die hier vor Jahren Flußkies abtransportiert hatten. Zwischen Obstgärten rechts
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