Gründergeschichten
Immerhin fiel seine
Unternehmensgründung genau in die Zeit, in der |118| jeder abgewunken habe, wenn wieder einer mit einer neuen Internetidee kam, in den »nuklearen Winter«, wie er es nennt.
In einer Kellerecke der Leipziger Handelshochschule fing es an, und Lukasz Gadowski weiß noch genau, wie das ist, wenn potenzielle
Investoren bestenfalls lächeln. Wie sich das anfühlt, wenn man nicht einmal erklären darf, wofür man das Geld braucht. Wenn
man keinen Termin bekommt, nicht durchgestellt wird oder gleich beim Pförtner abblitzt: Was wollen Sie? T-Shirts drucken.
Da gibt es doch schon tausend Buden an jeder Ecke. Und dann noch übers Internet? T-Shirts, die Sie nicht mal selbst entwerfen?
Nur wenige haben damals begriffen, was er vorhatte, was Spreadshirt werden sollte und heute ist, nämlich »ein Servicedienstleister«,
so beschreibt er es selbst, »der es zum einen Einzelpersonen erlaubt, personalisiert bedruckte Textilien zu bestellen – aber
auch ein Merchandisingservice, mit dem jeder binnen Minuten ohne Aufwand einen eigenen Webshop erstellen kann, also kein Webshop
sondern eine Plattform.«
Es waren eher klassische Unternehmerqualitäten, mit denen sich Gadowski trotzdem behauptete: »Ausdauer«, nennt er an erster
Stelle, »dazu Disziplin, Visionen, der Wille zur Durchsetzung und die Fähigkeit dazu. Fleiß auch und Führungstalent, mit Menschen
umgehen können, Mut, das sind so die Sachen.«
Hinterher lesen sich Erfolgsgeschichten wie die von Spreadshirt trotzdem immer, als sei alles wie von selbst gelaufen: 2001
stand das Konzept, Mitte 2002 das erste Angebot online, Ende 2003 die ersten Festangestellten im ersten eigenen Büro. In nur
zwei Jahren, alles neben dem Studium. Fast beleidigt reagiert Lukasz Gadowski, wenn ihm dafür nur eine |119| gute Idee unterstellt wird: »Natürlich musste man Ausdauer haben. Wir haben das gegründet, ohne einen Cent zu investieren,
so was dauert, bis es anläuft. Heute sagt jeder: Ah, super erfolgreich, aber am Anfang, als ich zum Beispiel Geld haben wollte,
habe ich beim Businessangelclub angerufen – kein Interesse. Wir suchten ewig lange einen Druckpartner, auch da sind wir bei
großen Firmen nicht an den Vorzimmerdamen vorbeigekommen, bis wir dann doch jemanden fanden: Delta-Druck in Leipzig, ein kleines
Inhaber geführtes Unternehmen. Nach knapp zwei Jahren haben wir den Druck dann selbst gemacht.«
Erst 2004 fand Gadowski eine Leipziger Beteiligungsfirma, die auch Kapital gab. »Die Geldgeber waren zwar immer interessiert.
Auch der Name der Hochschule hat durchaus geholfen: Wenn man sagt, man ist von der Handelshochschule Leipzig, dann hören einem
die Leute schon ein bisschen mehr zu. Trotzdem war das ein langer Prozess und extrem aufwändig. Ich habe ständig Klinken geputzt
und bin auf viele Widerstände gestoßen.«
Bei allen möglichen Gründerwettbewerben bewarb er sich. »Damals war das Preisgeld für uns noch fast genauso wichtig wie die
Außenwirkung.« Bei einem seiner ersten Businessplan-Wettbewerbe, dem Futuresax 2002, gab es immerhin 5 000 Euro für einen
dritten Platz. »Außerdem sorgt so ein Preis natürlich immer für eine gewisse Reputation, wenn auch nicht unbedingt für die
einzelnen Kunden oder sofort am Umsatz ablesbar.« Für den ein oder anderen sei es auf jeden Fall ein Vertrauenssignal, »wenn
sich das schon mal jemand näher angeschaut hat. Und natürlich ist es Bestätigung für einen selber und die Mitarbeiter, wenn
man sagen kann, wir |120| sind mit einem Preis gekrönt, für das, was wir geschaffen haben.« Es gab aber auch Wettbewerbsjurys, die über Spreadshirt
urteilten: Was für ein unrealistisches Geschäftsmodell!
Das sind die Geschichten, die junge Unternehmer gerne hören. Dass auch einer wie Gadowski schon Kampagnen gemacht hat, »die
nichts getaugt haben«, oder sich vor Spreadshirt an Unternehmungen versuchte, die nichts taugten, wie zum Beispiel sein mobiler
Preisvergleichsservice über SMS, der Waren an Ort und Stelle über einen Barcode identifizieren und den Einkäufer sofort darüber
informieren sollte, ob es ein guter Preis ist. Noch lieber aber hören sie Erfahrungen wie die: »Als wir 2004 überlegten, zu
internationalisieren, haben uns alle davon abgeraten. Heute stammt ein Drittel unseres Umsatzes aus dem deutschsprachigen
Raum, ein Drittel ist Westeuropa, ein Drittel USA.«
In erster Linie waren es Leute aus den eigenen Reihen, die immer
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