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Gründergeschichten

Titel: Gründergeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campus
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sprechen wir ja hier nicht von kleinen Summen.‹«
    So strukturiert reden Techniker, die ihre Probleme erkannt haben. Ein guter Anfang. Doch das Lächeln auf Milners Gesicht wird
     jetzt noch etwas breiter: »Dann hat Reiner seine Zigarettenschachtel herausgeholt, sich eine Zigarette angesteckt, tief eingeatmet,
     mir in die Augen geschaut und gesagt: ›Übrigens gibt es noch einen sechsten Punkt. Wir haben kein Geld und können dich nicht
     bezahlen.‹«
    Milner rauscht es damals im Kopf: »Warum bloß muss ausgerechnet ich an solche Typen geraten?« Aber er lässt sich nichts anmerken.
     Zu Lemoine sagt er: »Lass mich darüber nachdenken, ich melde mich morgen.« Dann nimmt er den Businessplan mit. Spät abends
     beginnt er, das vor technischen Fachbegriffen überquellende Konvolut durchzublättern, versteht nur die Hälfte des Textes –
     und ist fasziniert. » Ich war zwar nicht in der Solarbranche, aber es klang total spannend. Du konntest erkennen, dass dieses
     Potenzial danach schreit, ausgeschöpft zu werden. Du musstest es nur machen, aber dann auch richtig.« Milner wird klar: Wenn
     dieses Vorhaben gelingt, kann es etwas richtig Bedeutendes werden. Es ist das |193| Neue, die berufliche und menschliche Herausforderung, die Milner seit Jahren sucht. Nur kurz grübelt er darüber nach, ob er
     sich überhaupt darauf einlassen soll. Aber auf einmal ist da nur noch dieser eine, anspornende Gedanke in seinem Kopf: »Kann
     ich das zum Erfolg bringen?«
    Am nächsten Tag geht Milner zu Lemoine und macht ihm einen Vorschlag: »Reiner, das Allerletzte, was du jetzt brauchst, sind
     irgendwelche Beratungsleute, die du sowieso nicht bezahlen kannst. Was du brauchst, ist jemand, der mit einsteigt. Ihr schafft
     das nicht alleine, ihr braucht andere Fähigkeiten dazu. Es klingt richtig spannend, ich hätte Lust dazu – wenn ihr mich wollt.«
     Die beiden Männer schauen sich in die Augen. Dann geben sie sich die Hand. Es ist der Startschuss für das rasante Wachstum
     und den unglaublichen Erfolg der Firma Q-Cells.
    Wenn man Milner heute fragt, was einen Gründer ausmacht, dann lautet seine Antwort »Wagemut« und »Risikobereitschaft«, die
     absolute Überzeugung »Wir packen es«. »Start-up-Mentalität« nennt er das – eine Geisteshaltung, die seiner Überzeugung nach
     in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern nur schwach ausgeprägt ist, im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten
     oder China. »Von den Leuten, mit denen ich hier spreche, weiß ich, dass der Angstfaktor ein dominantes Thema in den Köpfen
     ist. Der Schritt vom eigenen Job, von der erfolgreichen Karriere ins Neue, Unbekannte, stellt doch viele vor Probleme.« Als
     »Old-Europe-Kultur« bezeichnet Milner, dass es höher angesehen sei, für eine große Firma zu arbeiten, als eine eigene zu gründen.
     Er hat die misstrauische Frage noch im Ohr: »Was machst du? Ein Start-Up?«
    |194| Im Februar 2000 wagt das neue Gründerteam von Q-Cells den Schritt ins Ungewisse, auf einen Markt, der in Deutschland und in
     den meisten anderen Ländern noch in den Kinderschuhen steckt. Wo er bereits existiert, bietet er ein eher erschreckendes Bild:
     Zahlreiche Unternehmen, die sich auf diesen Sektor vorgewagt haben, sind grandios gescheitert. An Geldverdienen ist erst einmal
     nicht zu denken, neun Monate lang können sich die Gründer kein Gehalt zahlen. »Wenn der eine oder andere Probleme mit der
     Knete hatte, mussten wir uns eben etwas einfallen lassen, bis die Finanzierung kam«, sagt Milner heute. »Trotzdem haben wir
     den Erfolg des Projekts keine einzige Minute infrage gestellt.« Einen Lichtstreifen gibt es zu der Zeit am Horizont: Als Teil
     des Erneuerbare-Energien-Gesetzes hat die Bundesregierung gerade das »100 000-Dächer-Programm« gestartet, mit dem sie die
     Errichtung von neuen Fotovoltaikanlagen fördern will. Privatpersonen, Freiberufler und kleine bis mittlere Unternehmen erhalten
     dabei durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau zinsreduzierte Kredite, um auf ihre Dächer Solarmodule zu montieren. Die Wachstumsprognosen
     sehen günstig aus. Doch es soll ganz anders kommen als erwartet.
    Die vier Männer fangen jetzt fast bei null an: Sie müssen ihr Geschäftskonzept ausarbeiten, Produktionsanlagen designen, Investoren
     finden. Doch zu allererst müssen sie ein Team werden. Mit dem Kaufmann, dem Ingenieur und den Physikern prallen völlig unterschiedliche
     Denkweisen, Glaubensrichtungen und Fähigkeiten

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