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Gründergeschichten

Titel: Gründergeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campus
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Solarzellenherstellers der Welt – und
     zugleich eines der erfolgreichsten Unternehmen Deutschlands.
    Die Geschichte beginnt vor sieben Jahren. Noch ist der Brite Anton Milner, Jahrgang 1961, ein erfolgreicher Berater bei der
     Unternehmensberatung McKinsey. Das Gehalt ist anständig, die Arbeit abwechslungsreich. Doch irgendetwas fehlt. Immer wieder
     beschleicht ihn der leise Zweifel: Willst du das wirklich bis an dein Lebensende machen? Er kennt diese stille Frage, sie
     hat sich ihm schon einmal vor Jahren gestellt, als er |190| noch als Öl- und Gashändler bei Shell arbeitete. Damals entschied er sich für einen radikalen Schnitt: Er kündigte den Job,
     machte in Frankreich seinen MBA und heuerte schließlich bei McKinsey an. Aber jetzt haben ihn die Zweifel wieder eingeholt.
     Und wieder wagt Milner den Sprung ins Ungewisse. Er verlässt die Firma, nimmt eine Auszeit, arbeitet nur noch von Zeit zu
     Zeit als selbstständiger Berater. Er wartet auf die richtige Idee, die richtige Gelegenheit, vielleicht auch auf einen Wink
     des Schicksals.
    Die Gelegenheit kommt im Februar 2000 per Telefon. »Anton«, sagt ein Bekannter, »da sind ein paar Gründer, die eine Fabrik
     aufbauen wollen und Hilfe brauchen. Kannst du dich nicht mal mit denen treffen?« Milner sagt zu. Und begegnet den drei Männern,
     die sein Leben verändern werden: dem inzwischen verstorbenen Ingenieur Reiner Lemoine sowie Holger Feist und Paul Grunow,
     zwei Physikern. Sie alle haben bei einem Hersteller für Solarmodule gearbeitet. Jetzt wollen sie eine eigene Fabrik aufziehen,
     in der sie hochwertige Solarzellen produzieren. Sie sind sich sicher: Solche Qualitätszellen wären technisch machbar und auf
     dem Fotovoltaikmarkt heißbegehrt. Auch einen Namen haben sie der bisher nur auf dem Papier existierenden Firma bereits gegeben:
     Q-Cells. Das Q steht für »Qualität«. Doch die Sache hat einen Haken: Lemoine, Grunow und Feist sind Techniker und Forscher.
     Wie man erfolgreich ein Unternehmen gründet, davon haben sie keine Ahnung. Milner, gelernter Chemieingenieur und zugleich
     gestandener Wirtschaftsmann, soll helfen.
    Zwei lange Stunden diskutiert man, lernt sich langsam besser kennen. Milner ist beeindruckt: Die drei Männer scheinen |191| den nötigen Wagemut zu besitzen, um so ein Vorhaben zu beginnen. Zwischen den Zeilen kann er die Überzeugung heraushören:
     »Wir wollen dieses Ding machen. Wir haben keine Ahnung wie, aber wir packen es.« Ein Lächeln huscht über sein Gesicht, wenn
     er sich heute an die Szene zurückerinnert, wie die drei ihm von ihren Plänen berichteten:
    »Reiner hatte damals fünf Punkte. Punkt 1: ›Dieser gesamte Bereich, Erneuerbare Energien und vor allem Fotovoltaik, ist extrem
     wichtig. Das wird ein boomender Markt werden. Es gibt ein weltweites Potenzial, auch wenn der Markt noch relativ klein ist.‹
     Es stehe fest, dass die Gesellschaft über alternative Stromquellen nachdenken müsse, denn so wie bisher könne man nicht weiter
     mit den Energien umgehen. Es sei also nur eine Frage der Zeit, bis der Markt für Fotovoltaik zu wachsen beginne.
    Die zweite Botschaft von Reiner war: ›Die Industrie ist sehr jung und noch sehr früh auf der Lernkurve. Wir denken, dass wir
     einen kleinen Vorsprung kriegen können, wenn wir auf die jüngsten Technologien setzen und noch ein paar Dinge dazuentwickeln.
     Dann hätten wir einen Wettbewerbsvorteil auf unserer Seite.‹
    Punkt 3: ›Wir haben einen Businessplan gemacht, und wenn wir alles richtig machen, könnte es sich sogar rechnen.‹ Dann hat
     Reiner angefügt: ›Du musst wissen, Anton, dass jeder in der Solar-Branche bislang nur Verluste gemacht hat. Und noch etwas:
     Bedingung ist, dass die Fabrik in Bitterfeld gebaut wird.‹ Das Land Sachsen-Anhalt habe reichhaltige Förderzusagen und schnelle
     Genehmigungsverfahren versprochen, sofern Q-Cells hierher, in das ehemalige Industrierevier nördlich von Leipzig, ziehe.
    |192| Punkt 4: ›Wir haben ein wesentliches Problem, bei dem wir Hilfe brauchen: Wir sind ein Ingenieur und zwei Technologen. Wir
     wollen hier eine Fabrik bauen, aber wir können nicht mit den Banken reden. Die denken anders, die benutzen eine andere Sprache,
     wir verstehen die nicht, die verstehen uns nicht.‹
    Und Punkt 5: ›Selbst wenn die uns verstehen würden, würden die es uns nicht zutrauen, weil wir eben ein Ingenieur und zwei
     Technologen sind. Wir haben nicht die kaufmännische Erfahrung, und schließlich

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